
Wie Propaganda funktioniert: Manipuliertes Video macht aus ukrainischen Kriegsverbrechen russische

Von Alexej Danckwardt
In westlichen sozialen Netzwerken wie X, Facebook und Instagram ist aktuell ein manipuliertes Video im Umlauf, das suggeriert, ein russischer Mineur habe gestanden, Sprengstoff in Kinderspielzeug eingebaut zu haben. Es wurde vielfach von teilweise namhaften Akteuren der westlichen Propaganda, Politikern und Journalisten, repostet.
Begleitet sind die Reposts von empörten Kommentaren wie diesem:
"Russisches Monster prahlt damit, Sprengstoff in Kinderspielzeug zu stopfen, um ukrainische Kinder zu ermorden, und nennt das 'Fantasie haben'. Das ist das pure Böse."
Russian monster brags about stuffing explosives into children’s toys to murder Ukrainian kids, and calls it “having imagination.”This is pure evil. pic.twitter.com/Z7TJTGA8Sa
— Natalka (@NatalkaKyiv) November 8, 2025
Im Video selbst soll der interviewte Mann, tatsächlich ein Mineur der russischen Armee, laut der englischen Untertitel – zu dem wirklich Gesagten kommen wir bald –, Folgendes gesagt haben:

"Ein Mineur braucht nur Fantasie. Man kann alles überall platzieren."
Darauf folgt ein sichtbarer Schnitt, und der Mann soll – wiederum laut der englischen Untertitel – sagen:
"Wir haben Sprengstoff in Büchern eingebaut. Wir haben Sprengstoff in Spielzeug eingebaut."
Der Umstand, dass im zehnsekündigen Video gleich zwei Schnitte vorkommen, sollte den kritischen und an ukrainischer Manipulation schon so oft verbrannten Konsumenten skeptisch machen. Es bedarf aber nicht nur des Auffindens des ungeschnittenen Interviews, um der Manipulation, die dieses Mal besonders dreist ausgefallen ist, auf die Schliche zu kommen, sondern auch zumindest rudimentärer Kenntnisse der russischen Sprache und der Besonderheiten ihrer Grammatik und des Satzbaus.
Was nämlich einem Sprachkundigen sofort auffällt, ist, dass das Pronomen "wir" – auf Russisch wäre es "my" – kein einziges Mal in den zehn Sekunden fällt. Dieses lässt die russische Grammatik zu: Das Pronomen darf im Satz weggelassen werden. Zu allem Überfluss werden im Russischen in der Verganheitsform Verben für die 1. Person Plural und die 3. Person Plural identisch konjugiert. Beispiel: Wir aßen – my eli, sie aßen – oni eli; wir flogen – my leteli, sie flogen – oni leteli; wir verminten – my minirowali, sie verminten – oni minirowali.
Ob dann "wir" ("my") oder sie ("oni") gemeint ist, muss sich aus dem Kontext, beispielsweise aus dem zuvor Gesprochenen, erschließen. Die englischen Untertitel ergänzen das nicht gesprochene Pronomen willkürlich und, wie wir sehen werden, bewusst wahrheitswidrig.
Tatsächlich sagt der Mann also: "Haben Sprengstoff in Büchern eingebaut. Haben Sprengstoff in Spielzeug eingebaut." Welches Personalpronomen aber an dieser Stelle "verschluckt" wurde, "wir" oder "sie", ist ohne den Kontext, ohne die vorab gesprochenen Sätze, nicht zu verstehen.
Inzwischen ist auch das ungeschnittene Video aufgetaucht. Zum Beispiel hat eine X-Nutzerin einen eine Minute, 28 Sekunden langen Ausschnitt des Interviews gepostet:
Ukrainian propagandists are again posting a conveniently edited version of a clip from a podcast with a Russian sapper Evgeny Telepnev, claiming he's admitting to committing a number of vile war crimes. In reality, however, he is talking about Ukrainians planting mines in books… https://t.co/ZytVBASmr9pic.twitter.com/gDqtQXpMxD
— Olga Bazova (@OlgaBazova) November 8, 2025
Fangen wir an der Stelle an, an der der Satz mit der Fantasie fällt. Das ist das volle Transskript dieser Passage:
Mineur: Das ist das, was ich sage: Hauptsache, der Mineur hat Fantasie. Hauptsache, es ist Fantasie vorhanden, machen kann man alles. Was ist das Schrecklichste? Angelhaken haben wir nicht aufgehängt. Das ist die hinterhältigste Variante einer Sprengfalle, mit Angelhaken.
Interviewer: Angelhaken?
Angelhaken. Es wird eine Mine gesetzt, an den Auslöser wird eine Angelschnur gebunden. Die Angelschnur wird über einen Baumast geworfen, und das war's, sie hängt. Du kannst sie nicht sehen. Wenn ein Mensch vorbeigeht, verfängt er sich mit seiner Kleidung oder seinem Rucksack, egal womit. Und du verstehst es nicht, du denkst, es sei nur der Ast und ziehst noch kräftiger und ziehst den Auslöser aus dem Sprengsatz. Klar, vermint wird alles. Wir haben es nie gemacht, dass wir Bücher oder Spielzeug verminen. So etwas kann ich mich nicht entsinnen.
Interviewer: Und was haben sie ("oni", dritte Person Plural, die Ukrainer) gemacht?
Mineur: Haben vermint. Haben sowohl Bücher vermint als auch Spielzeug vermint. Die Jungs erzählten, dass sie in Cherson so was aufgefunden haben. Ich kam erst dazu, als sie sich von der anderen Seite zurückgezogen hatten.
Man sieht also: Der Interviewte meint nicht "wir", sondern "sie", "die", "die Ukrainer", wenn er davon spricht, wer Bücher und Spielzeug vermint hat. Daran gibt es keinen Zweifel: Er beantwortet ja mit dem Satz die Frage des Interviewers danach, was die Gegenseite so trieb. Zudem hat er wenige Sekunden vor der Frage sogar ausdrücklich gesagt, dass die russische Seite so etwas nicht tue, ihm das zumindest nicht bekannt sei.
Dass die ukrainische Armee in Zivilisten gefährdender – teilweise auch bewusst gegen sie gerichteter – Weise Sprengfallen und verbotene Streuminen einsetzt, wird bereits seit 2014 wiederholt berichtet. Im Sommer 2022 verstreute sie zum Beispiel im großen Stil Streuminen in den Wohngebieten von Donezk und anderer Städte des Donbass. Im Juli 2025 wurden Fälle bekannt, in denen die ukrainische Armee Bücher mit Sprengsätzen ausstattet, RT DE hat auch darüber berichtet. Und dass die ukrainische Propaganda gern und oft damit operiert, eigene Kriegsverbrechen der russischen Seite zuzuschreiben, ist schon seit 2014 der Fall. Das ist etwas, das jedem aufmerksamen Beobachter längst aufgefallen sein muss.
Es ist nicht nur eine fehlerhafte Interpretation des Übersetzers – es gab angesichts der Vorrede und der nachfolgenden Sätze im Kontext schlichtweg keinen Interpretationsspielraum. Aber es ist nicht der erste Fall, in dem ukrainische Propaganda dreist lügt und manipuliert. Und die, die darauf hereinfallen, glauben die ukrainischen Behauptungen auch wider besseres Wissen – sie wollen sie glauben.
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