Meinung

Erst bei Trump und dann bei Papst Leo XIV. – Netzwerke des neuen polnischen Präsidenten

Die Polen haben einen EU-freundlichen Premier und einen neuen Präsidenten, der die EU-Politik ablehnt. Kurz hintereinander besuchte Karol Nawrocki den US-Präsidenten und den Papst. Welche Rolle spielt Polen bei der multipolaren Neuordnung der Welt? Kann man im Verwirrspiel entscheidende Akteure ausmachen?
Erst bei Trump und dann bei Papst Leo XIV. – Netzwerke des neuen polnischen PräsidentenQuelle: www.globallookpress.com © Vatican Media / Keystone Press Agency

Von Felicitas Rabe

Der neue polnische Präsident Karol Nawrocki scheint sich schon vier Wochen nach Amtsantritt über eine hohe Beliebtheit unter den führenden Mächten dieser Welt zu erfreuen. Nachdem er am dritten September bei US- Präsident Donald Trump auf Staatsbesuch gewesen war, reiste er nur zwei Tage später, am 5. September, zu einer Audienz bei Papst Leo XIV. im Vatikan.

Gemäß einer Meldung auf Vaticannews vom Freitag habe Nawrocki in Rom neben dem katholischen Kirchenoberhaupt auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und den vatikanischen Sekretär für Beziehungen zu Staaten und internationalen Organisationen, Paul Richard Gallagher, getroffen. Bei den Gesprächen sei es um internationale Themen gegangen, mit einem "besonderen Schwerpunkt auf dem Konflikt in der Ukraine und der Sicherheit Europas", hieß es auf Vaticannews.

Außerdem habe man sich über die "soziopolitische Lage Polens" unterhalten. Die Werte der polnischen Gesellschaft machen es zu einer besonderen Herausforderung, einen notwendigen Konsens zu erzielen. Vaticannews informierte, dass "insbesondere auf die Werte, auf denen die polnische Gesellschaft basiert, und die Notwendigkeit, angesichts der Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, einen Konsens zu erzielen, Bezug genommen wurde".

Bereits zwei Tage zuvor, bei ihrem ersten Treffen seit der Wahl von Karol Nawrocki zum polnischen Präsidenten, hätten Nawrocki und US-Präsident Trump die Beständigkeit ihrer engen Verteidigungsbeziehungen betont, berichtet Euronews am Mittwoch. Dem Artikel zufolge hätten beim Treffen der beiden Präsidenten im Weißen Haus ebenfalls Sicherheits- und Verteidigungsfragen im Kontext des Ukraine-Kriegs im Mittelpunkt der Gespräche gestanden. Des Weiteren seien Energie- und Wirtschaftsfragen besprochen worden. Genauere Details über die Treffen wurden nicht bekannt gegeben.

Polen arbeite in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung seit Langem eng mit den Vereinigten Staaten zusammen. Zudem gebe es auch eine polnische Millionengemeinde in den USA. Bei dem bilateralen Treffen erklärte Trump: "Wir stehen voll und ganz an der Seite Polens und werden Polen helfen, sich zu verteidigen." Die polnischen Verteidigungsausgaben seien im Verhältnis zum BIP die höchsten in der NATO. Dem US-Präsidenten zufolge würden die 10.000 in Polen stationierten US-Soldaten auch weiterhin dort bleiben.

Gleichzeitig betonte Nawrocki die starke Verbindung zwischen beiden Ländern. Polen werde die Anwesenheit amerikanischer Soldaten auf polnischem Gebiet unterstützen. Schließlich berief sich der polnische Präsident auch schon bei seinem Treffen mit Trump auf die Bedeutung von Werten in der starken Beziehung zueinander. Bezog er sich damit generell auf Werte wie Tradition und Familie, die in der zumeist konservativen polnischen Bevölkerung eine große Rolle spielen?

Der US-Präsident veröffentlichte zwei Tage vor der offiziellen Verkündung des neuen Papstes ein KI-Foto von sich als Papst. Als habe er gewusst und als wolle er andeuten, dass der neue Papst erstmals ein US-amerikanischer Papst würde. In seinem diesbezüglichen Bericht erinnerte der Spiegel daran, dass Nawrocki schon bei seiner Antrittsrede auf Konfrontationskurs zum amtierenden polnischen Premierminister Donald Tusk gegangen sei. Beobachter erwarten, dass Nawrocki die Vorhaben der proeuropäischen Regierung von Donald Tusk blockieren wolle.

Polen sei einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland, so der Spiegel. Das Land fungiere auch als logistische Drehscheibe für die Militärhilfe des Westens für Kiew. Zudem fühle sich Polen von Russland bedroht und rüste daher massiv auf. Daher sei es wenig überraschend, dass Nawrockis Aussagen zur Aufrüstung und Unterstützung des US-Militärs in Polen dem US-Präsidenten gefallen würden, kommentierte die Wochenzeitschrift. 

Ob es reiner Zufall ist, dass Nawrocki schon kurz nach seinem Besuch bei Trump eine Audienz beim Papst erhielt? So wenig wie ausgeführt wird, um welche gemeinsamen Werte es sich in den Gesprächen zwischen Trump und Nawrocki drehte, so wenig erfährt man über die Wertediskussion im Vatikan zwischen Nawrocki und den Kirchenvertretern.

Aus ein paar bunten Puzzleteilen von einem mutmaßlich friedenswilligen US-Präsidenten, einem neuen polnischen Präsidenten, der die EU-Anhänglichkeit seines polnischen Premiers ablehnt, und einem US-amerikanischen Papst, von dem man nicht weiß, wie dieser sich und sein Netzwerk im geopolitischen Machtkampf positioniert, versucht man, ein Bild zu bekommen. Um die Verwirrung komplett zu machen: Zuletzt soll Trump Nawrocki angeblich deswegen nicht mit den anderen EU-Staatschefs ins Weiße Haus eingeladen haben, weil ihm der polnische Präsident zu russophob sei. Trotz angeblicher gemeinsamer Werte mit Trump, soll also Nawrocki am Ende noch russophober sein als Merz?

Nawrocki war vor seiner Wahl im Mai schon einmal bei Trump zu Besuch. Damals prophezeite ihm der US-Präsident, dass er die Wahl zum polnischen Präsidenten gewinnen werde. "You will win", habe Trump ihm zum Abschied mitgeteilt

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