Meinung

Werte-Westen: Milliardäre machen Politik für ihresgleichen und wettern über russische "Oligarchen"

Mit stolz geschwellter Brust und viel Kriegsgerät trägt der Westen seine "demokratischen Werte" in die Welt hinein. Sein Kampf gilt "bösen Diktaturen" mit fiesen Oligarchen. Doch seine eigene Politik wird längst gelenkt von Oligarchen. Ein Ministerposten für Elon Musk wäre da nur konsequent.
Werte-Westen: Milliardäre machen Politik für ihresgleichen und wettern über russische "Oligarchen"Quelle: Gettyimages.ru © Justin Sullivan/Getty Images

Von Susan Bonath

"Putins Oligarchen" sind ein beliebtes Thema in den westlichen Medien. Diese ultrabösen Milliardäre zögen alle Fäden im Hintergrund, dirigierten die russische Politik, seien gar "mysteriöse Schlüsselfiguren" in "Putins System", erklärte zum Beispiel das ZDF sehr verschwörungstheoretisch letztes Jahr seinem Publikum. Doch wer so schrill auf andere zeigt, hat selbst viel zu verbergen und scheut den Blick in den Spiegel.

Am offensichtlichsten regiert das Geld der Milliardäre in den USA, die bekanntlich stets bestrebt sind, ihre Oligarchie – Verzeihung: Demokratie – mit Waffen in die ganze Welt zu tragen. Wer US-Präsident werden will, muss nicht nur selbst möglichst reich sein, sondern braucht betuchte Sponsoren für die PR. Anders ausgedrückt: US-amerikanische Oligarchen kaufen sich die Politik und gestalten sie in ihrem Sinne.

Mal setzen sie die meiste Kohle auf die Demokraten, mal auf die Republikaner. Den Streit um den Sieger entscheidet nicht das gemeine Volk, sondern Kapitalfraktionen unter sich, mit Dollars. Man hält damit auch gar nicht hinterm Berg. So verkündete Präsidentschaftskandidat Donald Trump, der selbst Oligarch – sorry: Milliardär – ist, gerade gegenüber Reuters, einen der reichsten Männer der Welt gerne in sein ersehntes Kabinett holen zu wollen: Twitter-Käufer (heute X) Elon Musk.

Im großen Hort des Wertewestens atmet die bürgerliche Demokratie die feudale Vergangenheit: Könige, Fürsten und Lehnsherren unter sich. Die heißen heute nur anders. Während "Oberbösewicht Putin" seine russischen Oligarchen zumindest so weit an der Kandare hält, dass sie Wohnungen für Menschen bauen, wo sie benötigt werden, interessiert sich die westliche Oligarchie nur für ihren eigenen Profit.

Dafür beschließen sie die Gesetze am besten selbst, egal ob indirekt oder an vorderster Front, aber stets und ständig gegen die Massen. Die Slums vor den Toren New Yorks und anderer US-Metropolen lassen grüßen. Doch man muss nicht einmal übern großen Teich blicken. Die gute, demokratisch-wertewestliche Oligarchie regiert längst in Europa, auch in Deutschland, wenngleich noch ein wenig versteckter als in den USA.

Kooperationen der Politik mit privaten Stiftungen, getragen von Oligarchen jeglicher Couleur, sowie teure Verträge mit mächtigen Beraterfirmen à la McKinsey und Co. sind hier die Schlüssel für Oligarchen-Demokratie im Hinterzimmer. Dort ist man für jede Schweinerei gegen die lohnabhängige Bevölkerung zu haben.

Man kennt die wiederkehrenden Aufreger: Rentenalter rauf, Sozialleistungen runter, emsiges Geschacher um jeden Cent beim Mindestlohn mit Übermacht der Kapitalseite, gekaufte Gewerkschaften, die nicht mal mehr ein Schatten dessen sind, was sie einst waren – und dazu mächtig laute Dauerpropaganda aus allen medialen Rohren im Interesse der Vermögenden, um die Wähler zu betören.

Die Bidens und Bushs, Harris-es und Trumps der USA heißen in Deutschland zum Beispiel Friedrich Merz (CDU-Chef und Ex-BlackRock-Profiteur) oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Rüstungslobbyistin in der FDP, seit kurzem im EU-Parlament). Ans große Ruder kommen in jedem Fall vor allem hoch gediente Atlantikbrücken-Absolventen, ganz egal, in welcher von den einen oder anderen Großspendern gesponserten Partei sie in die Spitzenpolitik emporklettern.

Der große Bruder in der Übersee-Kolonie USA ist hier natürlich viel direkter. Da passt es nur ins Bild, wenn, wie von Trump ganz frech verkündet, ein Oligarch wie Musk eine anvisierte "Abteilung für Regierungseffizienz" leiten soll. Das läuft dann so wie einstmals in den Scheinparlamenten früherer Könige, Kaiser und Zaren: Politik von der Elite für die Elite, ein wenig schriller Pomp sowie ein kleiner Bösewicht-Gruselfaktor fürs Volk anbei. Sitzt doch der Ultrabösewicht laut Propaganda eh in Ländern wie Russland.

Apropos Russland: Bereits Lenin schrieb vor mehr als hundert Jahren leicht verständlich über die globalkapitalitische Realität: "Heute Minister – morgen Bankier; heute Bankier – morgen Minister".

Diese Binsenweisheit zeigt sich an allen Ecken und Enden der großen demokratischen Wertepolitik, vom kommunalen bis zum großen Regierungsparlament, getragen von westlich-neokolonialer Herrenmenschen-Rhetorik, moralinsauren Plattitüden und dem Fingerzeig auf "ultraböse Diktatoren" mit "mysteriösen Oligarchen" in Ost und Süd. Die Show fürs Volk des Westens muss weitergehen – wohl bekomm's!

Mehr zum Thema - Der Kapitalismus hustet – Was der Zusammenbruch der Tokioter Börse offenbart

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.