Meinung

Florierendes Kriegsgeschäft: Bundesregierung genehmigt so viele Rüstungsexporte wie nie

Keine Waffen in Kriegsgebiete? Der Wahlslogan der Grünen vor ihrem Regierungsantritt 2021 ist wohl vergessen. Nie genehmigte die deutsche Politik so viele Rüstungsexporte wie im ersten Halbjahr 2024. Das lässt die Konzernkassen klingeln und den Sozialstaat schrumpfen.
Florierendes Kriegsgeschäft: Bundesregierung genehmigt so viele Rüstungsexporte wie nieQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Christoph Hardt

Von Susan Bonath

Zwar sinkt der Wohlstand in Deutschland und die Zahl der Armen wächst. Den militärisch-industriellen Komplex schert das aber genauso wenig wie offenbar die politisch Verantwortlichen. Dank militärischer "Zeitenwende" laben sich die Rüstungskonzerne nicht nur an deutschem Steuergeld. Auch mit ausufernden Exportgenehmigungen in Kriegsgebiete ermöglicht ihnen die Bundesregierung unter fortgesetztem Bruch ihrer Versprechen im Koalitionsvertrag üppige Profitzuwächse.

Deutsche Waffenschmieden exportierten in diesem Jahr mit Erlaubnis der Ampelregierung Rekordmengen an Kriegsgerät. In den ersten fünfeinhalb Monaten betrug der Wert der Ausfuhrgenehmigungen fast 7,5 Milliarden Euro, wie eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen von der Gruppe "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) ergab. Das sind rund 30 Prozent mehr als im gesamten Jahr 2020. 

Deutsche "Ertüchtigungshilfe" 

Demnach gingen fast zwei Drittel der Exporte an die Ukraine. Im ersten Kriegsjahr beliefen sich die Exporte dahin auf 2,24 Milliarden, im zweiten bereits auf 4,4 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2024 sind sie nun auf fast fünf Milliarden Euro in die Höhe geschnellt. Die Bundesregierung finanziert dies aus "Mitteln der Ertüchtigungshilfe" – sprich: mit Geld vom Steuerzahler.

Auch Saudi-Arabien darf sich wieder über deutsche Waffen freuen, obgleich die Ampel dies im Koalitionsvertrag wegen der Beteiligung des autoritären Wüstensstaats am Krieg im Jemen ausgeschlossen hatte. Zu den weiteren großen Importeuren deutscher Waffen gehören Singapur, Indien und Katar, dies angeblich auch, um sie unabhängig von russischen Waffen zu machen.

Die BSW-Abgeordnete Dağdelen kritisierte gegenüber der ARD-Tagesschau die Exportpolitik der Bundesregierung: "Die massive Steigerung der Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete" sei "verantwortungslos und ein neuer Bruch von Wahlversprechen durch die Ampel-Parteien". 

Explodierende Rüstungsexporte 

Setzt die Regierung ihre exportfreudige Kriegspolitik fort, wovon auszugehen ist, dürfte in diesem Jahr erstmals die 15-Milliarden-Marke geknackt werden. Bereits 2023 waren die genehmigten Ausfuhren nach Angaben des Bundesstatistikamtes von knapp 8,4 Milliarden im Vorjahr auf 12,2 Milliarden Euro in die Höhe geschnellt.

Zum Vergleich: In den Jahren 2009 bis 2014 lag der Wert jährlich genehmigter Rüstungsexporte zwischen 3,96 und 5,85 Milliarden Euro. Von 2015 bis 2020 schwankte die Summe der Ausfuhren bereits zwischen 4,8 und acht Milliarden Euro. Seit 2021 stiegen die genehmigten Ausfuhren immer schneller, zuerst noch unter der Regierung aus CDU/CSU und SPD.

Rot-grünes "Geschwätz von gestern"

Dann kamen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemeinsam ans Ruder. Mit eher schwammigen Erklärungen im Koalitionsvertrag bekräftigten sie, sich "für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz" und eine "restriktive Rüstungsexportpolitik" auf Bundes- und EU-Ebene einzusetzen. Dabei einigten sie sich allerdings schon mal vorsorglich auf "Ausnahmen im begründeten Einzelfall". Davon scheint es immer mehr zu geben. 

Die Grünen vergaßen ihr Versprechen im Wahlkampf 2021, keine Waffen in Kriegsgebiete liefern zu wollen, sehr schnell. Auch die SPD bezeichnete sich damals als "Friedenspartei" für "Dialog und Diplomatie, die Wahrung der Menschenrechte, multilaterale Zusammenarbeit, Abrüstung und Krisenprävention". 

Ihre verkündeten Absichten haben die vermeintlichen "Friedensfreunde" offensichtlich als "Geschwätz von gestern" ein für alle Mal abgehakt. Insgesamt wird man wohl am Ende des Jahres eine Verdreifachung der Ausfuhrgenehmigungen für Kriegsgerät aller Art innerhalb einer Dekade konstatieren können.

Expandierende Konzerne außer Kontrolle 

Damit ermöglicht die Bundesregierung deutschen Rüstungsfirmen überdies die Expansion ins Ausland. Rheinmetall arbeitet seit Jahren an dieser imperialistischen Strategie. In diesem Jahr feierte der Konzern zum Beispiel seinen "ersten Spatenstich in Ungarn" und eine Vereinbarung zum Bau eines Werks in Litauen.

Hinzu kommt: Wenn Rheinmetall seine militärischen Produkte von seinen ausländischen Standorten in alle Welt liefert, fällt dies nicht mehr in die deutsche Exportstatistik. Der Konzern mit Hauptsitz in Düsseldorf entzieht sich auf diese Weise der Kontrolle der Bundesregierung über seine Ausfuhrgeschäfte. 

1,5 Billionen US-Dollar für die NATO-Kriegskassen

Dass der westliche Imperialismus auf Krieg setzt, um seine schwankende globale Machtstellung aufrechtzuerhalten, steht außer Frage. Laut Informationsstelle für Militarisierung (IMI) werden die Rüstungsausgaben der NATO in diesem Jahr erneut steigen, und zwar von rund 1,3 Billionen US-Dollar vergangenes Jahr auf nunmehr fast 1,5 Billionen US-Dollar.  

Zum Vergleich: Russlands Militärausgaben sollen binnen Jahresfrist offenbar von knapp 83 auf 109 Milliarden US-Dollar wachsen. Das wäre etwa ein Vierzehntel des NATO-Budgets. 

Das westliche Militärbündnis schätzt demzufolge auch die deutschen Ausgaben für 2024 höher als erwartet, und zwar auf über 90 Milliarden Euro. Das wäre selbst inflationsbereinigt ein neuer Rekord. Bei Erfüllung dieses Ziels wird 2024 statistisch jeder in Deutschland Lebende, vom Säugling bis zum Greis, rund 1.100 Euro Steuergeld in den Kriegsetat pumpen. Gewinner ist freilich der militärisch-industrielle Komplex. 

Umschichten zulasten der Ärmeren 

Kein Wunder, dass die Bundesregierung mit Zustimmung großer Teile der Opposition, insbesondere der Unionsparteien CDU und CSU, dafür die Sozialkassen plündert. Längst diskutiert die Ampel die Fortsetzung ihrer Kürzungspolitik auch im kommenden Jahr. Wie schon 2023 beklagen die Sozialverbände dies vehement.  

Nützen wird die Kritik wohl wieder wenig. Schließlich muss die Ampel ihre geplante "Zeitenwende" für Deutschlands "Kriegstüchtigkeit" finanzieren. Dass die Umschichtung in die Kriegskassen vor allem zulasten der am wenigsten privilegierten Lohnabhängigen erfolgt, ist nicht neu und zu erwarten.

Mit den dadurch verschärften sozialen Spannungen innerhalb der deutschen Gesellschaft, die sich ganz sicher auf die Kriminalitätsstatistik auswirken werden, können die Verantwortlichen dann gleich die fortschreitende Militarisierung im Inneren und die Aufrüstung der Polizei begründen. Dies läuft nicht erst seit Amtsantritt der Ampelregierung auf Hochtouren. Doch beim Erklären dieses logischen Zusammenhangs halten sich die deutschen Leitmedien gern zurück.

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