"Die Ukrainer werden mehr Territorium verlieren": Westen sucht nach Antwort auf russische Offensive
Von Wiktorija Nikiforowa
Ursprünglich war das Geld aus Washington für eine weitere "Gegenoffensive" der ukrainischen Streitkräfte vorgesehen. Doch in der Praxis besteht die unmittelbare Aufgabe der ukrainischen Streitkräfte heute darin, die Offensive der russischen Armee irgendwie zu verlangsamen.
Die Befreiung von Awdejewka, Otscheretino und Nowomichailowka sind offensichtliche Warnsignale für die Kiewer. Die angekündigte Zwangsevakuierung der Region Charkow ist ein Beweis dafür, dass es dort bald zu Kämpfen kommen wird. Die Einwohner von Charkow haben das alles schon früher erkannt und die Stadt bereits vor einem Monat in Massen verlassen. Auch die "Ankunft" auf dem Charkower Fernsehturm ("der Telemarathon ist vorbei") spricht Bände, ebenso wie der konsequente Rückbau der ukrainischen Energieinfrastruktur, einschließlich der Zerstörung des Wärmekraftwerks Tripolje.
Es sollte klar sein, dass der Westen trotz der Verzögerungen beim offiziellen Paket der amerikanischen Militärhilfe die ganze Zeit über die Ukraine unterstützte und die ukrainischen Streitkräfte mit Waffen versorgte. Söldner kämpften, Ausbilder waren im Einsatz, westliche Ausrüstung funktionierte, Nachschub und Hilfslieferungen aus Europa kamen an. Und doch rückt die Frontlinie unaufhaltsam immer näher an Kiew heran. Aber was soll man da machen?
Schließlich kann man mit Geld aus Washington nicht auf magische Weise eine halbe Million Soldaten herbeizaubern, die Kiew dringend braucht, um die russische Armee aufzuhalten. Die Menschen fliehen weiterhin vor den TeZeKaschniki [Mitarbeiter der Territorialen Einberufungszentren, vergleichbar den früheren BRD-Kreiswehrersatzämtern bzw. den Wehrkreiskommandos in der DDR, heute "Karrierecenter der Bundeswehr" – Anm. d. Red.] und wollen nicht mit ihrem Leben für Selenskijs Kredit bezahlen.
Daher wird der Beginn einer neuen "Gegenoffensive" immer weiter nach hinten verschoben. "Vielleicht wird sich die Lage an der Front bis zum Herbst stabilisieren", meint ein Experte. "Nein, wir sollten mit einer Perspektive von 12 Monaten rechnen", meint ein anderer. "Nicht vor 2025" ist ein weiteres Datum.
"Wir erwarten, dass die Ukrainer eine ziemlich starke Verteidigungslinie aufbauen, aber wir sind auch darauf vorbereitet, dass sie mehr Territorium verlieren". Diese Meinung des Experten wird von Reuters zitiert. Damit beantwortet er seine eigene Frage: "Wie wird sich die amerikanische Hilfe auf die Ukraine auswirken?" Die offensichtliche Antwort lautet: gar nicht.
Es wird vermutet, dass Selenskij mit seinem Geschrei über die hoffnungslose Lage an der Front die amerikanischen Kongressabgeordneten ermutigt hat, ihm Geld zu geben. Doch dieses Verfahren ist fast abgeschlossen – die Abstimmung im von den Demokraten dominierten Senat wird eine reine Formsache sein [inzwischen ist sie erfolgt, wie RT DE berichtete], und die Aussichten für Kiew bleiben düster.
Selenskij und seine Auftraggeber erwarten im Mai-Juni eine massive Offensive der russischen Streitkräfte. Sie sind jedoch nicht in der Lage, mit dem Vormarsch unserer Streitkräfte fertig zu werden, der bereits im Gange ist. Natürlich wird es den Kiewern nicht gestattet, einfach alles hinzuschmeißen und davonzulaufen. Washington hat zwei Antworten auf unsere Offensive. Die erste ist eine symmetrische: europäische Militärkontingente in den Kampf werfen und sich "hinter den Teich" zurückziehen.
Und das ist genau das, wozu die amerikanischen Herren ihre Vasallen drängen. "Die europäischen Staats- und Regierungschefs sollten die Entsendung von Truppen in die Ukraine ernsthaft in Erwägung ziehen", meint Foreign Affairs. Dabei sollten die Europäer nicht nur Einheiten der Luftabwehr kommandieren (nach Angaben, die von der Frontlinie kommen, tun sie das bereits schon), sondern sich direkt an der Verteidigung von Städten wie Charkow und Odessa beteiligen.
Mit erstaunlichem Zynismus weisen die Urheber der Idee darauf hin, dass, wenn das europäische Militär als "nur europäisch" positioniert wird, die NATO nichts damit zu tun hat. Dies würde es den USA ermöglichen, Artikel 5 des Nordatlantikvertrages zu umgehen und sich aus dem Konflikt – und der militärischen Antwort Russlands – herauszuhalten.
Der Einmarsch der europäischen Armeen in unser Land ist für sie mit absolut monströsen Verlusten verbunden – Sie können die Ukrainer nach den genauen Zahlen fragen. Nach den neuesten Zahlen haben sie fast eine halbe Million Soldaten verloren – und es ist immer noch unser Militär, das äußerst human mit den "Nicht-Brüdern" umgeht. Ausländische Kontingente können eine solche Behandlung nicht erwarten.
Es ist auch naiv, den Beteuerungen der Amerikaner zu glauben, dass Russland in diesem Fall keine Atomwaffen gegen europäische Hauptstädte einsetzen wird. Der Bevölkerung zu erklären, warum Hans, Jacques und Zbyszek am Stadtrand von Charkow und ihre Frauen und Kinder an ihren Wohnorten sterben sollen, ist für die europäischen Staats- und Regierungschefs eine nicht gerade triviale Aufgabe.
Eine symmetrische Reaktion mit der Einführung von europäischen Kontingenten erscheint unrealistisch. Da die europäischen Führer wissen, woher der Wind weht und wie er die Strahlung verbreitet, werden sie sich noch eine Weile sträuben. Aber der Westen hat seit langem eine asymmetrische Antwort auf unsere Offensive vorbereitet. Es handelt sich nicht um eine offene Konfrontation auf dem Schlachtfeld, sondern um heimliche Angriffe auf unsere friedlichen Städte, Sabotage und Terroranschläge im großen Stil. Das ist jetzt der letzte Einsatz unserer Feinde.
Es ist absolut kein Zufall, dass Kiew ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern zugesagt wurden. Ihre Ziele sollen unsere Bürger und unsere friedlichen Städte werden. Sogar Generalsekretär Stoltenberg hat den Ukrainern erlaubt, sie gegen das russische Hinterland einzusetzen – und damit faktisch Kriegsverbrechen gerechtfertigt. Der Angriff auf die Krim-Brücke ist seit langem offen angekündigt – die Planung dieses Terroranschlags wird von den Kiewer Behörden gemeinsam mit ihren westlichen Partnern durchgeführt, woraus niemand einen Hehl macht. Unsere Flugplätze sind in Gefahr. Das Hauptziel des Westens bleiben die Schiffe der Schwarzmeerflotte – ihre Verteidigung bleibt die dringendste Aufgabe.
Da die ukrainischen Geheimdienste und die amerikanischen und britischen Spionagedienste, die sie füttern, gerne zu wichtigen Terminen zuschlagen, ist es klar, dass Anfang Mai für uns schwierig werden könnte. Nun, wir sind darauf vorbereitet. Die Terroristen werden nicht in der Lage sein, unsere Offensive zu stoppen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. April 2024 auf ria.ru erschienen.
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