Meinung

Davos ist nicht wie früher: Die geopolitischen Pfaue haben den Kampf verloren

Das Weltwirtschaftsforum in Davos gleicht neuerdings einem Karneval, auf dem sich eine gealterte Diva zahlenden Zuschauern präsentiert. Die wirklich wichtigen Fragen werden jedoch hinter geschlossenen Türen debattiert, die auch für die zahlenden Kunden verschlossen bleiben. Was da besprochen wird, verheißt nicht jedermann Gutes.
Davos ist nicht wie früher: Die geopolitischen Pfaue haben den Kampf verlorenQuelle: Gettyimages.ru © Hannes P. Albert/dpa

Von Elena Karajewa

Die heute beginnende Versammlung der "Reichen und Schönen" in den Schweizer Alpen gleicht einer kollektiven Femme fatale, deren besten Jahre weit hinter ihr liegen. Und ihre Respektabilität, die vor unseren Augen schwindet, verheißt ihr Jahre im Bordell, das Einzige, was ihr noch bleibt. Für die Gelegenheit, einen Kuss auf die Hand oder die Wange zu drücken, erhält die potenzielle Kundschaft daher schon im Voraus die Rechnung, ohne die Ware überhaupt gesehen, geschweige denn eingehend begutachtet zu haben. 

Das Recht, auf den Fluren mit denjenigen zu flanieren, die sich für die Herrscher der Welt halten, wird mehr kosten als im letzten Jahr (damals kostete das Vergnügen etwa vierhunderttausend Euro, wenn man sich auch die Podiumsgespräche ansehen wollte), und ein Vielfaches mehr als beispielsweise vor fünf bis sieben Jahren.

Wollen Sie von der Leyen oder Macron sehen und hören (ihre Reden werden von den PR-Leuten des Forums als etwas Entscheidendes und Epochales angepriesen)? Holen Sie die Geldbörse hervor – und zwar schnell.

In diesem Paradigma der Beziehungen sind die Politiker der obersten Ebene der globalistischen Macht und die Elite, die über das Schicksal von Dutzenden oder gar Hunderten Millionen Menschen entscheidet, nichts weiter als Dienstmädchen, die das Publikum unterhalten.

Alice, die Füchsin, und Kater Basilio des Davoser Paradigmas, setzen alles daran, die reichen Schweine zu zwingen, sich von einer halben Million ihrer hart verdienten Euros zu trennen.

Die Tagesordnung soll (ihrer Meinung nach) eindrucksvoll sein.

Die geopolitische Krise der europäischen Sicherheit (wie wir die aktuelle Situation nennen) hat vom Davoser Karnevalsverein eine andere Formulierung erhalten. Dort heißt das, was jetzt passiert, "Friedenskonferenz zur Ukraine". Orwell würde vor Neid erblassen. Der Stellvertreterkrieg, den diejenigen entfesselt haben, die die Diskussion führen wollen, heißt jetzt "Sicherheitsgarantien für Kiew". Vor fast zwei Jahren hat Moskau versucht, echte Sicherheitsgarantien zu erreichen, aber unsere Stimme wurde nicht gehört. Unsere Bedenken wurden nicht berücksichtigt, und jetzt und heute sagen uns diejenigen, die uns praktisch in die Augen gelogen haben (die Tatsache, dass dies von der Tribüne eines Forums aus geschieht, bei dem wir natürlich nicht anwesend sein wollen, ist irrelevant), dass "eine friedliche Lösung angestrebt werden muss".

Natürlich ist all jenen, die an der Parade der politischen Pfaue (eine passende Beschreibung sowohl des Wesens als auch der Form der Veranstaltung) teilnehmen, vollkommen klar, dass nur Russland heute die Schlüssel in der Hand hat. Die Schlüssel zu praktisch allem. Von der Versorgung Europas, das wegen des Mangels an mineralischen Düngemitteln nervös ist, mit Substanzen für die Boden- und Pflanzenernährung, die vor allem Stickstoff enthalten, bis hin zur Lieferung von Agrarprodukten – vor allem Getreide – an arme Länder.

Ob es denjenigen gefällt oder nicht, die sich selbst für Globalisten halten, unser Land und die Wirtschaftsblöcke, an denen es beteiligt ist, sind heute die wahren Global Player.

In Davos können sie sich noch lange aufplustern, in die Brust schlagen, die Augen zusammenkneifen und die Backen aufblasen, aber das Gleichgewicht der Kräfte in der Konfrontation, die nicht von uns ausgegangen ist, wird durch die langfristige wirtschaftliche (und folglich auch politische) Stabilität bestimmt.

Keines der Länder, das auf dem WEF seine Formen und Schönheiten darbietet, hat mit etwas aufzuwarten, das auch nur im Entferntesten als Stabilität durchgehen könnte.

Brüssel wartet auf die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni, die die politische Landkarte der EU völlig neu zeichnen könnten. Gleichzeitig ist der europäische Block nervös, da alle seine Ressourcen und angelegten Vorräte, die es ihm ermöglichten, die Paneuropäer zu ernähren, entweder bereits aufgebraucht sind oder kurz davor stehen, aufgebraucht zu sein. Und obwohl die Diskussion der Banker, einschließlich der Zentralbankchefs, im Gegensatz zur "Ukraine-Frage" nicht von den PR-Leuten von Davos gefördert wird, ist sie doch erwähnenswert.

Ernstzunehmende Menschen werden sich nicht freinehmen und sich von ihrem Geschäft abwenden, nur um die schneebedeckten Gipfel der Alpen zu bestaunen: Sie sind in der Schweiz, um über das unkontrollierte Wachstum der Staatsverschuldung zu diskutieren. Jene in den USA, in Europa und in den kleineren Subjekten. Das ist definitiv ernster als "Friedensformeln". Die Schulden sind das Blut und Fleisch der globalistischen Wirtschafts- und Finanzwelt, und wenn sich irgendwo eine Buchungslücke auftut, wird es überall so explodieren, dass niemand verschont bleibt.

Im vorigen Jahr hatten sie zudem versucht, über die Inflation und die Kreditzinsen zu sprechen, waren aber gescheitert. Jetzt ist die Situation so akut, dass das Treffen der wichtigsten Finanziers des Planeten für die Presse, für Außenstehende (ja, selbst für diejenigen, die jeweils eine halbe Million Euro gespendet haben) und für Kommentare geschlossen wurde.

Die offene Welt erwies sich – auch in diesem Fall –, genau wie bei Orwell, als undurchsichtig und totalitär.

Es lohnt sich nicht, die "vierzig Außenpolitikchefs" zu erwähnen, die in Davos erwartet werden, ebenso wenig wie den UN-Generalsekretär Guterres, um nicht ungewollt Gogols "Der Inspektor" zu zitieren.

Das Einzige, was Sinn macht, ist die Feststellung, dass der Globalismus und die westliche Selbstzentriertheit sich bereits aus dem wirtschaftlichen Wettbewerb zurückgezogen haben oder dabei sind, sich zurückzuziehen, wenn wir über die Größenordnung des Planeten sprechen. Und wir wissen das. Die Frage ist nur, wann diejenigen, die den Kampf gegen uns befohlen und ihn schmachvoll (und vorhersehbar) verloren haben, ihre Niederlage erkennen werden.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 15. Januar 2024 auf ria.ru erschienen

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