Meinung

Das Kiewer Regime fürchtet sich vor der "Roten Armee"

Das ukrainische Militär kämpft gegen niemanden Geringeres als die Rote Armee. Zumindest behauptet dies Kiews Botschafter in Großbritannien Wadim Pristaiko. Dieses Geständnis wirft die Frage auf, in wessen Nachfolge sich die Kiewer Regierung selbst sieht.
Das Kiewer Regime fürchtet sich vor der "Roten Armee"Quelle: Sputnik

Von Nikolai Storoschenko

Als der Großteil der Medien vom Interview des ukrainischen Botschafters in Großbritannien Wadim Pristaiko berichtete, nahmen sie seine These von Verlusten der Ukraine in den Titel auf, wonach die Ukraine ihre Verluste erst nach dem Krieg melden werde und dass diese "schrecklich" sein würden. Oder seine Aussage, dass die Ukrainer "bis zum letzten Mann" kämpfen werden – dem letzten Russen oder dem letzten Ukrainer.

Indessen gibt es unter den Aussagen des Botschafters eine weit beachtenswertere Phrase. Bezüglich der eingezogenen Ukrainer sagte er:

"Diese Menschen werden besser ausgebildet werden, besser ausgerüstet werden und über eine bessere Aufklärung verfügen als die Rote Armee."

Das Nachrichtenportal Strana fügte erklärend hinzu, dass der Botschafter die russischen Streitkräfte die Rote Armee nenne.

Ihr Kampf und ihre Revanche

Letzteres war klar. Doch warum spricht der Botschafter von der Roten Armee? Schließlich trägt die russische Armee diesen Namen lange nicht mehr. Selbst die sowjetische Armee trug den Namen der Roten Armee offiziell nur bis 1946. Man möchte meinen, dass der Botschafter nicht einer von vielen ukrainischen Propagandisten ist, die zahlreiche hasserfüllte Kanäle moderieren. Er erweckt den Eindruck eines gebildeten Mannes.

Doch nein. Es wurde mehrmals gesagt, wen genau die Ukrainer kopieren, wenn sie nachahmen. Und für wen sie sich unbedingt revanchieren wollen. Für ihre Großväter aus den Einsatzgruppen, aus dem Regiment "Brandenburg-800", den Bataillonen "Nachtigall" und "Roland", aus den Waffen-SS-Divisionen "Galizien" und "Wiking", schließlich aus der Ukrainischen Aufständischen Armee.

Für sie hat dieser Krieg nie geendet. Sie nahmen ihn in die USA und nach Kanada mit und brachten ihn zu Beginn der 1990er-Jahre zurück. Sie haben sich lange verstellt und auf den passenden Moment gewartet. Doch seit 2014 verstecken sie sich nicht mehr.

Nazismus gibt es in der Ukraine bekannterweise nicht. Zumindest versichert dies sowohl das Kiewer Regime als auch die russische liberale Öffentlichkeit. Dennoch erscheint in der Berichterstattung aus der Ukraine immer wieder etwas überaus Nazistisches. Mal ist es ein Bild von Petro Poroschenko gemeinsam mit ukrainischen Soldaten, die Abzeichen der SS-Division Totenkopf tragen. Mal kommt Selenskij auf die Idee, eine ukrainische Brigade "Edelweiß" zu nennen. Jüngst in den Nachrichten: Unter ukrainischen Militärangehörigen kommen Abzeichen der Ukrainischen Befreiungsarmee in Mode, eines Sammelverbandes aus allen Einheiten, die auf Seiten der Wehrmacht kämpften.

"Das heldenhafte Hinterland" steht dem in nichts nach. In einem neuen Video aus Kamenez-Podolskij vom 8. April ist etwa der Versuch zu sehen, ein Kirchenhaus der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche zu besetzen. Ein Nazigruß direkt vor der Kamera.

Deswegen meint es der Botschafter überaus ernst. Für ihn und die heutige Ukraine findet jetzt eine Schlacht gegen die sowjetische Rote Armee statt. Eine Armee, die bekannterweise Nazis bekämpfte.

Eine weitere Bestätigung dafür liefern die ukrainischen Karikaturen. Soldaten der russischen Streitkräfte werden sehr oft mit sowjetischen roten Sternen an Helmen und Uniform abgebildet. So gesteht eine Amtsperson – ein Botschafter –, dass sich nichts anderes als Nazismus in Kiew eingenistet hat.

Zwei Interviews

Ansonsten ist Pristaikos neues Interview nicht nur wegen der Erwähnung der Roten Armee interessant. Im Januar hatte die US-amerikanische Zeitschrift Newsweek ein Gespräch mit ihm veröffentlicht. Unter anderem gab es dort eine Aussage, die in der russischen Publizistik hohe Wellen schlug. Demnach habe der Botschafter eingestanden, dass die Ukraine ihre Soldaten verliert, um die Interessen des Westens zu schützen.

Danach hatte das Portal Vox Ukraine sogar eine eigene Gegendarstellung veröffentlicht. Der Botschafter habe so etwas nicht gesagt, es sei alles russische Propaganda. Nein, er sagte es nicht, auch wenn er es meinte.

Ähnlich ist es hier. Sagte der Botschafter, dass diese Generation der ukrainischen Nationalisten die Sache ihrer Großväter, die den Nazis dienten, zu Ende zu bringen beabsichtige? Nein, aber offensichtlich implizierte er das.

Who is Mr. Pristaiko

Zum Verständnis, wer Pristaiko überhaupt ist, um seine Aussagen zu verstehen, kehren wir zu seinem Interview an Newsweek vom Januar zurück:

"Der Westen hat eine einzigartige Chance. Auf der Welt gibt es nicht so viele Nationen, die es sich leisten könnten, so viele Leben, Gebiete und Jahrzehnte der Entwicklung für einen Sieg über den Erzfeind zu opfern."

Dies ist schon ein direktes Zitat, ohne irgendwelche Implikationen. Im Winter hatten russische Medien, als sie das Interview zitierten, in erster Linie ebenfalls seine Aussage über die Verluste aufgegriffen: Die Ukraine verliere Soldaten, der Botschafter habe es gestanden.

Genauso könnte man auch das Gravitationsgesetz anerkennen. In den Kampfhandlungen in der Ukraine werden alle Waffengattungen außer Massenvernichtungswaffen eingesetzt. Selbstverständlich erleidet das ukrainische Militär ernste Verluste. Was gibt es hier einzugestehen?

Das Wesentliche bemerkten indessen nicht alle, nämlich die "einzigartige Chance", Ukrainer zu verheizen, um Russland ein für alle Mal zu besiegen. Tatsächlich gibt es wenige Idioten auf der Welt. Doch nun wiederholte Pristaiko diese These. Sie seien bereit, bis zum letzten Mann "von uns oder von ihnen" zu kämpfen. Nicht umsonst warnte der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Paul Craig Roberts, dass alles in einem Nuklearkonflikt enden könnte. Und damit ist er nicht allein.

Deswegen sind all diese Worte von Verlusten nichts anderes als Heuchelei. In einem Absatz sagt Pristaiko, dass "alle sterben" werden, und in einem anderen vergießt er Krokodilstränen über die hohen Verluste. Erst der sprichwörtliche Krieg bis zum letzten Ukrainer und dann diese Aussage über die hohen Verluste:

"Wenn der Krieg endet, werden wir diese anerkennen. Ich denke, es wird eine schreckliche Ziffer sein. Doch darin unterscheiden wir uns wiederum von den Russen. Jedes ukrainische Leben ist für uns wertvoll."

Einfach herrlich: Jedes Leben ist wertvoll, deswegen werden alle sterben.

Im Übrigen, was genau wollte Pristaiko anerkennen? Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte noch Ende 2022 angedeutet, dass das ukrainische Militär mehr als 100.000 Mann verloren habe. Der ehemalige Geheimdienstoffizier der US-Marineinfanterie Scott Ritter nannte unter Verweis auf das jüngste Gespräch zwischen dem ukrainischen Oberbefehlshaber Waleri Saluschny und dem US-Generalstabschef Mark Miley noch höhere Zahlen:

"Etwa 250.000 ukrainische Militärangehörige sind gefallen. Etwa 83.000 sind verschollen, von denen etwa 60.000 wahrscheinlich schon tot sind. Dies ergibt die ungefähre Zahl von 315.000 Gefallenen."

Sind 100.000 oder 300.000 Tode für Pristaiko nicht schrecklich genug?

Dennoch ist es begrüßenswert, dass die Ukraine für solche Ämter die größten Rohlinge und Zyniker auswählt. Die berühmt-berüchtigte Propaganda muss nicht einmal etwas erfinden, es reicht, die Hauptthesen aus dem Interview anzuführen. Und nochmal danke, Herr Pristaiko. Wenn die Rote Armee mit uns ist, ist es eine weitere Bestätigung, dass unsere Sache gerecht ist, der Feid besiegt und der Sieg unser sein wird.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.

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