Meinung

Medwedews Warnung ist real: Beendet Russland die Sonderoperation, wird die NATO es in Stücke reißen

Die USA verfolgen schon lange das Ziel, Russland zu "balkanisieren", weshalb sie versuchen, diese Großmacht über die Ukraine in eine Position nuklearer und anderer Formen der Erpressung zu bringen. Um von ihr anschließend endlose einseitige Zugeständnisse erzwingen zu können.
Medwedews Warnung ist real: Beendet Russland die Sonderoperation, wird die NATO es in Stücke reißenQuelle: Legion-media.ru © Sameer Chogale

Von Andrew Korybko

Der frühere russische Präsident und amtierende stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, hat die Worte von US-Präsident Biden über die militärische Sonderoperation seines Landes am 22. Februar in einem zum Nachdenken anregenden Telegram-Beitrag neu aufgemischt. Der relevante Auszug seines Beitrages lautet wie folgt:

"Um ein bekanntes Zitat zu paraphrasieren, sagte Biden in Warschau: 'Wenn Russland seine Invasion stoppt, wird alles sofort enden. Wenn aber die Ukrainer aufhören, sich zu verteidigen, wird die Ukraine enden.' Das ist eine reine Lüge. Die Wahrheit ist genau das Gegenteil. Wenn Russland seine militärische Sonderoperation ohne einen Sieg beendet, wird unser Land aufhören zu existieren, es wird in Stücke gerissen. Wenn hingegen die USA ihre Waffenlieferungen an das Kiewer Regime beenden würden, dann würde der Krieg enden."

Um die Wahrheit hinter den Worten Medwedews zu verstehen, ist es wichtig, darüber nachzudenken, was Präsident Wladimir Putin während seiner jährlichen Ansprache zu der Frage gesagt hat, weshalb Russland zur Beendigung des Krieges, den der Westen vor neun Jahren begann, zu Gewalt gegriffen hat.

Kurz gesagt, die Russische Föderation war durch die drängenden Umstände, in die sie durch den von den USA geführten kollektive Westens gedrängt wurde, gezwungen, auf militärische Mittel zurückzugreifen, um die Integrität ihrer nationalen Sicherheit zu verteidigen, nachdem die NATO die roten Linien überschritten hatte. Die militärische Sonderoperation steht daher im Einklang mit dem von den Vereinten Nationen verankerten Recht auf Selbstverteidigung. Und sie erfüllt auch die moralische Verpflichtung Russlands, einer bevorstehenden ethnischen Säuberung in seinem Nachbarstaat zuvorgekommen zu sein, die Kiew mit Unterstützung der NATO gegen den Donbass vorbereitet hatte.

In Anbetracht dessen sind die Behauptungen, Russland sei aus reiner "Blutlust" oder wegen "imperialer Ambitionen" zum Angriff gegen die Ukraine übergegangen, nichts anderes als ein irreführendes Narrativ im globalen Informationskrieg. Es käme nicht zum "Ende der Ukraine", wenn das Land aufhören würde, als Stellvertreter der NATO gegen Russland zu kämpfen. Vielmehr käme es zu dem Beginn eines – zugegebenermaßen langwierigen – Prozesses, der damit enden könnte, die europäische Sicherheitsarchitektur so zu modifizieren, dass sie schließlich für alle Beteiligten unteilbar wird.

Vor diesem Hintergrund ergibt die Feststellung durchaus Sinn, dass der Krieg dann enden wird, sobald Washington seine Waffenlieferungen an Kiew einstellt. Damit bleibt noch zu hinterfragen, ob Russland "aufhört zu existieren" und "es in Stücke gerissen" wird, wenn es seine militärische Sonderoperation, "ohne Sieg beendet."

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Leser auf eine Konferenz aufmerksam zu machen, die von der US-geführten Helsinki-Kommission im vergangenen Sommer veranstaltet wurde.

Unter dem Titel "Decolonizing Russia: A Moral and Strategic Imperative" (Dekolonisierung Russlands: Ein moralischer und strategischer Imperativ), wurde auf dieser Konferenz die "Balkanisierung" des historisch kosmopolitischen Zivilisationsstaates Russland diskutiert. Und zwar im Rahmen des äußerst unwahrscheinlichen Szenarios, dass der kollektive Westen eine vollständige strategische Niederlage Russlands erzwingen kann. Obwohl das alles nichts weiter als wirre politische Fantasien sind, war es dennoch ein kraftvoller Beweis für die umfassenderen strategischen Absichten der USA, erbracht durch offizielle Vertreter der US-Regierung; was wiederum die düstere Warnung von Medwedew vollkommen glaubwürdig macht.

Skeptiker, die immer noch an der Ernsthaftigkeit dieser Absicht zweifeln, obwohl sie während dieser Konferenz offen bekräftigt wurde, müssen nicht viel weiter suchen als nach einigen der populärsten Narrative im Informationskrieg, die von dem faschistischen Troll-Netzwerk namens "NAFO" in den sozialen Medien verbreitet werden. Diese Leute fantasieren obsessiv über solche Szenarien der "Balkanisierung" Russlands und verbreiten regelmäßig Landkarten, mit denen sie darlegen, wie ein sogenanntes "entkolonialisiertes Russland" aussehen könnte. Was wiederum beweist, wie populär diese Idee im Westen ist.

Ein Abbruch der militärischen Sonderoperation ohne einen klaren Sieg würde tatsächlich dazu führen, dass Russland "in Stücke gerissen" wird, so wie Medwedew es genannt hat. Erst würden die roten Linien der nationalen Sicherheit unwiderruflich überschritten werden. Und anschließend würde eine Kettenreaktion von Szenarien losgetreten, mit denen die Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieses Worst-Case-Szenarios drastisch erhöht würde.

Genau aus diesem Grund bewaffnen die USA Kiew weiterhin, obwohl ihre eigenen Vorräte an Munition und jener ihrer NATO-Vasallen bereits gefährlich zur Neige gehen. Womit sie leichtsinnig riskieren, im Falle einer Eventualität ihre eigenen Mindestbedürfnisse an nationaler Sicherheit nicht bedienen zu können. Die USA verfolgen schon lange das Ziel, Russland zu "balkanisieren", weshalb sie versuchen, diese Großmacht über die Ukraine in eine Position nuklearer und anderer Formen der Erpressung zu bringen, um von ihr dann endlose einseitige Zugeständnisse erzwingen zu können.

Die liberal-globalistische Elite der USA wird diesen geostrategischen Kreuzzug nicht aufgeben. Denn schließlich zielt der darauf ab, ihre unipolare Hegemonie vollständig wiederherzustellen. Dies würde anschließend zu einer Verstärkung der Bemühungen zur "Eindämmung" Chinas führen – und zu einer Wiederholung des "Balkan"-Szenarios, das man bis dahin erfolgreich in Russland umgesetzt haben würde. Gleichzeitig wird sich Russland niemals freiwillig einer "Balkanisierung" unterwerfen und sich vom kollektiven Westen in eine Ansammlung von Kleinstaaten zerschlagen lassen. Weshalb der Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland in der Ukraine wahrscheinlich noch eine Weile weiter toben wird.

Aus dem Englischen

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien spezialisiert hat sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischem Balanceakt und hybrider Kriegsführung.

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