Meinung

Russland und China sollten eine gemeinsame Halbleiterindustrie aufbauen

Die einzige Möglichkeit für Russland und China, dem Druck der US-Sanktionen im Bereich der Hochtechnologie zu entkommen, besteht darin, Fachwissen und Ressourcen grenzüberschreitend zu bündeln.
Russland und China sollten eine gemeinsame Halbleiterindustrie aufbauenQuelle: Gettyimages.ru © mailsonpignata / 500px

Von Timur Fomenko

Die Vereinigten Staaten haben kürzlich einige der härtesten Sanktionen im Zusammenhang mit Halbleitern verhängt, die jemals gegen China verhängt wurden. Mit der "Foreign Direct Product Rule" (Ausländische Direktprodukt-Regel), die der sanktionierten Partei die Verwendung amerikanischer Technologie verbietet, hat das Weiße Haus Chinas gesamter Halbleiterindustrie verboten, US-amerikanische Anlagen zur Chipherstellung zu verwenden, um damit Chinas Aufstieg in der Chip-Technologie auszubremsen. Es ist der gleiche Schritt, den die USA vor zwei Jahren gegen Huawei unternommen haben, aber in einem weit größerem Maßstab, und er zeigt die Bereitschaft von Präsident Joe Biden, in der Konfrontation mit Peking noch einen draufzulegen, was China dazu zwingen wird, einen Weg der Eigenständigkeit bei der Herstellung von Halbleitern einzuschlagen.

Die Außenpolitik der Vereinigten Staaten verfolgt die aktive Demontage der Globalisierung, um die eigene Vorherrschaft zu sichern und konkurrierende Staaten zu untergraben. Obwohl die USA einst glaubten, dass die Globalisierung amerikanischen Zielen und Interessen dient, lautet das Narrativ der US-Politik seit der Präsidentschaft von Donald Trump, dass die gegenseitige Interaktion von US-Verbündeten und Rivalen durch Handel und Investitionen schlecht ist und den amerikanischen Interessen zuwiderläuft. Daher streben die Vereinigten Staaten danach, eine globale politische Konfrontation zu konstruieren, um ihre kritischen strategischen Vorteile aufrechtzuerhalten und die Welt erneut in die entsprechenden Blöcke zu spalten, damit man die eigene Position durch Ideologie legitimieren kann.

Während Trump sich nur auf China einschoss, hat Biden dies auf eine ganz neue Ebene eskaliert und eine zweigleisige Konfrontation sowohl gegen Moskau als auch gegen Peking entfesselt, wodurch Konflikte und Spannungen auf ein Niveau aufgeheizt wurden, das nicht einmal im ursprünglichen Kalten Krieg zu erleben war. Das bedeutet, ob man nun will oder nicht, dass Russland und China – angesichts der Aggression der Vereinigten Staaten, die durch die NATO, Ukraine und Taiwan zum Ausdruck kommt – weiterhin strategische Partner des jeweils anderen bleiben werden. Während China schon immer risikoscheu war, Stabilität befürwortet und eine weitere Integration mit dem Westen anstrebt, dabei jedoch vorsichtig handelt, zeigen die jüngsten Schritte der USA, dass Washington, egal was Peking tut, eine immer stärkere Entkoppelung anstrebt und die Welt nicht wieder so sein wird, wie sie einmal war. Daher kann sich China bei der Verwirklichung seiner wirtschaftlichen und technologischen Ziele nicht auf den Westen verlassen.

In diesem Fall sollte China ungeachtet westlicher Sanktionen eine langfristige Perspektive einnehmen und erkennen, dass eine tiefere wirtschaftliche Integration mit Russland eine Notwendigkeit und kein Nebenschauplatz von geringerer Priorität ist. Chinas Versuch, stärkere Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen zu festigen, wurde von den USA sabotiert, die, wie das Obige zeigt, absichtlich eine geopolitische Konfrontation in Gang setzen, um ihre Verbündeten auf Linie zu zwingen, wie wir es derzeit im Hinblick auf die NATO und die Ukraine sehen.

Was ist aus Chinas umfassendem Investitionsabkommen (CAI) mit der Europäischen Union geworden? Es wurde von den USA untergraben, die mit der Karte der Uiguren ins Spiel platzten, worauf gegenseitige Sanktionen eingeleitet wurden, und das CAI bis auf Weiteres eingefroren wurde. Was passiert derzeit beim Vorhaben Chinas, sich stärker mit seinen Nachbarn in Südostasien zusammenzuschließen? Die USA versuchen erneut, Spannungen in Taiwan zu erzeugen, um Unsicherheit zu schüren und die Länder dieser Region zu zwingen, Partei zu ergreifen.

Während all dies geschieht, unternehmen die USA immer mehr Schritte, um China formell von der globalen Lieferkette für Halbleiter auszuschließen. Dasselbe hat man auch mit Russland getan. Während sich das Fenster zur US-Technologie schließt, müssen Peking und Moskau den Umfang ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit, Innovation und Investition im Bereich der Halbleiter intensivieren. Die USA bauen bereits eine neue Lieferkette um sich herum auf. Während es Sanktionen gegen Peking verhängt, hat es zahlreiche Halbleiterunternehmen zum Aufbau neuer Kapazitäten in den USA gedrängt und massive Subventionen genehmigt, um eine globale "America First"-Lieferkette für Halbleiter aufzubauen, von der konkurrierende Länder ausgeschlossen sind.

China investiert seit geraumer Zeit Milliarden in seinen eigenen Weg der Selbstversorgung, aber es sollte nicht versuchen, dies allein zu tun – oder ohne seinen wichtigsten strategischen Partner, der im selben Boot sitzt. Russland und China ergänzen sich in diesem Bestreben perfekt.

Zunächst einmal verfügt China über überschüssiges Kapital, Know-how und andere Ressourcen, mit einer zunehmend gut ausgebildeten Erwerbsbevölkerung, die sich auch in wissenschaftlichen Bereichen auszeichnet. Andererseits besitzt Russland die entscheidenden natürlichen Rohstoffe, die für die Herstellung von Halbleitern benötigt werden. Auf nationaler Ebene hat sich Russland mit dem Aufbau einer Chipindustrie abgestrampelt und seit dem Ende des Kalten Krieges nur begrenzte Fortschritte erzielt.

Angesichts westlicher Sanktionen und Technologie-Embargos sollte Russlands Strategie darin bestehen, chinesische Investitionen in seinen Halbleitersektor zu suchen, den Bildungs- und Wissenschaftsaustausch mit Peking zu diesem Thema zu intensivieren und die für die Herstellung von Halbleitern erforderlichen Rohstoffe sowohl im Inland als auch im Handel mit anderen Ländern strategisch zu priorisieren. Dies wird natürlich eine lange und schwierige Aufgabe, da die Priorität darin bestehen muss, eine völlig neue Lieferkette und fundamentale Technologie von Grund auf neu aufzubauen.

Im ursprünglichen Kalten Krieg ging es um zwei konkurrierende militärische und technologische Blöcke. Die USA versuchen, die Welt jetzt mit Absicht wieder so zu gestalten. China priorisiert eindeutig sein Wirtschaftswachstum und seine Entwicklung und will keine Konfrontation zwischen zwei Blöcken. Das hat Peking bisher gut gemeistert, aber es darf sich jetzt keinen Illusionen über die Welt hingeben, in der es existiert. China muss danach streben, seine enormen Ressourcen, seine Bevölkerung und sein Fachwissen zu bündeln, um auch anderen Ländern zu helfen.

Die Vereinigten Staaten glauben, dass sie mit ihrer Außenpolitik sowohl Russland lähmen als auch China ersticken können. In diesem Fall muss Peking bereit sein, sich nicht auf den schnell verdunstenden westlichen guten Willen zu verlassen, sondern neue Märkte und Möglichkeiten zu entwickeln und eine neue Koalition aufzubauen, um gegen die amerikanische Strategie im Halbleiterbereich zurückzuschlagen, bevor es zu spät ist.

Die USA haben eine Grenze überschritten, indem sie einen ganzen Sektor der chinesischen Wirtschaft unprovoziert von ihren Exporten abgeschnitten haben. In diesem Fall sollte Peking nicht versuchen, den radikalen Forderungen Washingtons entgegenzukommen. Während man China weitere Sanktionen ins Gesicht klatscht, wird von Peking eine Abkehr der bisherigen Haltung in der Ukraine-Frage und eine Abkehr von der "grenzenlosen Partnerschaft" mit Moskau verlangt. Angesichts der neuesten amerikanischen Einschüchterungen darf diese Partnerschaft jedoch nicht zusammenbrechen.

Aus dem Englischen

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

Mehr zum Thema - Mikroelektronik in Russland: Das Wissen ist da, jetzt muss der Staat ran

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.