Meinung

Grüner Terrorismus: "Umweltschützer" auf dem Kreuzzug gegen die europäische Kunst

Die Umweltaktivisten beschränken sich nicht mehr nur auf Autobahnblockaden, nun ziehen sie in die Museen ein. Damit instrumentalisieren sie die Kultur, riskieren ein Sakrileg, handeln nahezu terroristisch und scheuen sich nicht, die Weltkunst als Geisel zu nehmen.
Grüner Terrorismus: "Umweltschützer" auf dem Kreuzzug gegen die europäische KunstQuelle: Legion-media.ru © IP3press

von Dora Werner

Darin liegt eine gewisse historische Ironie: Einst wurden Botticellis Werke verbrannt, um den religiösen Ansichten des puritanischen Mönchs Girolamo Savonarola gerecht zu werden – jetzt wird seine "Primavera" angegriffen, um die politischen Ansichten der Umweltschützer zu untermauern.

Am 22. Juli spazierten drei Aktivisten der italienischen Umweltbewegung "Ultima Generazione" ("Letzte Generation") mit regulären Eintrittskarten in die Florentiner Uffizien und näherten sich Botticellis berühmter "Primavera". Zwei von ihnen – ein junger Mann und eine junge Frau – klebten sich an das Schutzglas des Gemäldes, während eine dritte Aktivistin alles, was vor sich ging, mit ihrer Smartphone-Kamera filmte. Bevor die Carabinieri eintrafen, gelang es ihnen noch, ein orangefarbenes Transparent mit der Aufschrift "Kein Gas! Keine Kohle!" zu entrollen.

Dies war der erste Angriff von Umweltschützern auf die Kunst in Italien. Einige Tage später – nachdem den Aktivisten aus den Uffizien die Einreise nach Florenz für mehrere Jahre untersagt worden war – drangen die Teilnehmer der Bewegung in das Museo del Novecento in Mailand ein. Um sich an die Skulptur von Umberto Boccioni zu kleben – und natürlich, um ein Öko-Banner zu entrollen.

Das war klar, dass sie zurückkommen – sie haben es nach dem Attentat in den Uffizien auf ihrer Webseite angekündigt:

"Wir haben beschlossen, die Kunst zu nutzen, um eine Warnung zu vermitteln: Wir steuern auf einen ökologischen und sozialen Kollaps zu. Bald werden wir zu den Museen in Florenz, Venedig, Mailand und Rom zurückkehren."

Savonarola bekämpfte die Kunst, um das Seelenleben zu retten, die heutigen Öko-Aktivisten behaupten, die Erde mit einem Kunstkrieg schützen zu wollen. Und hier seien ihnen alle Mittel recht.

Warum sich die Umweltschützer den Museen zugewandt haben, liegt auf der Hand – mit Straßenblockaden können sie nicht mehr richtig auf sich aufmerksam machen. Ein Sakrileg gegen die Kunst hingegen provoziert und sorgt für Aufsehen.

In den Wochen vor dem Anschlag auf Botticellis "Primavera" gab es europaweit mehrere ähnliche Angriffe – und ihre Häufigkeit gleicht bereits einer kleinen Epidemie.

Umweltaktivisten der Gruppe "Just Stop Oil" haben sich in der National Gallery in London an das berühmte Gemälde von John Constable, "The Hay Wain", geklebt. Sie forderten die Regierung auf, die Förderung von Erdöl und Erdgas zu stoppen, und die Kunstinstitutionen, "sich dem zivilen Widerstand anzuschließen". Der Rahmen und der Firnis des Gemäldes wurden bei der Aktion beschädigt und mussten später restauriert werden, da die Aktivisten auf das Gemälde ihre eigene Version des Werks befestigten – mit fliegenden Flugzeugen und anderen Verbrechen des modernen Menschen. Und erklärten auf den sozialen Medien:

"Die neu gestaltete Version zeigt eine Albtraumszene, die demonstriert, wie Öl unsere Landschaft zerstören wird. Der Fluss ist verschwunden, um durch eine Straße ersetzt zu werden, Flugzeuge füllen den Himmel, die Umweltverschmutzung dröhnt aus den Städten am Horizont, Bäume sind von Waldbränden verbrannt, ein altes Auto ist vor der Mühle abgestellt..."

Kurz davor hatten die Umweltaktivisten auch die Courtauld Gallery in London gestürmt und sich an den Rahmen von Vincent van Goghs "Pfirsichbäume in Blüte" geklebt. Am selben Tag klammerten sich Protestler in Glasgow an den Rahmen des Landschaftsgemäldes "My Heart's In The Highlands" von Horatio McCulloch aus dem 19. Jahrhundert in der Kelvingrove Art Gallery and Museum. "Thomsons Äolsharfe" von William Turner wurde in derselben Woche in der Manchester Art Gallery bei einem "Klebeprotest" ebenfalls angegriffen.

Der Angriff auf die Mona Lisa im Louvre, auf die Ende Mai eine Torte geworfen wurde, fällt etwas aus dieser Reihe – denn der Angreifer war ein psychisch labiler Einzelgänger und kein Mitglied irgendeiner Umweltorganisation. Aber es ist eigentlich eine Manifestation des Gleichen: Als der Vandale von den Sicherheitsleuten gefesselt wurde, rief er Umweltschutzparolen.

Ob es ein Zufall ist, dass die Aktionen von "Ultima Generazione" in italienischen Museen durch die Proteste der britischen Gruppe "Just Stop Oil" inspiriert wurden? Dass ihre Handlungen identisch sind? Und ist es ein Zufall, dass alle Attacken auf europäische Museen aus der gleichen Tasche finanziert werden? Die britische The Guardian schrieb dazu:

"Wie die Umweltaktivisten der Gruppe 'Just Stop Oil' hat 'Ultima Generazione' Mittel vom Climate Emergency Fund mit Sitz in den USA erhalten, einem philanthropischen Fonds, der eingerichtet wurde, um Geld an Gruppen für direkte Aktionen zu leiten."

Der Fonds wird von den Erben der Ölbarone Getty und Rockefeller finanziert, für Proteste in Europa werden Millionensummen gezahlt – vor allem für radikale Proteste.

Auffallend ist, dass die italienischen Öko-Vandalen keine gute Kunstausbildung vorweisen können. "Ist es möglich, heute noch einen so schönen Frühling zu erleben?", schrieben sie als Erklärung dafür, warum sie sich ausgerechnet an Botticelli wandten. Und setzen ihr übliches Lied fort – über die irreparablen Schäden, die der Mensch der Natur zugefügt hat.

Natürlich ist es unmöglich, einen so schönen Frühling zu erleben – sowohl heute als auch zu Botticellis Zeiten. Denn der Künstler malte eine Fantasielandschaft, die von Göttern – Merkur, Venus, Flora, Zephyr – bewohnt wurde. Aber Kunstwerke und Kunststätten scheinen von den Aktivisten bloß danach ausgewählt zu werden, wie viel Aufmerksamkeit die Aktion erregen kann. Kunstschätze sind für die Naturschützer nur Requisiten, die keinen eigenen Wert oder Sinn haben.

Wenn also einige Mainstream-Medien die Aktionen von Öko-Vandalen mit den Darbietungen zeitgenössischer Aktionskünstler vergleichen, dann führen sie in die Irre – Aktionskünstler haben in der Regel eine gute künstlerische Grundausbildung und ein Verständnis dafür, was klassische Kunst ist. Die Umweltaktivisten instrumentalisieren die Kunst – sie nutzen ihre gesellschaftliche Stellung, um politische Botschaften zu verbreiten und politischen Einfluss zu nehmen.

Angriffe auf die wichtigsten Kunstwerke der Welt aus politischen Gründen sind gewiss kein neues Thema. So beschädigte beispielsweise eine gewisse Mary Richardson im Jahr 1914 die gesamte Rückseite der "Venus mit Spiegel" von Diego Velázquez in der National Gallery in London mit einem spitzen Gegenstand, um auf die Rechte der Frauen aufmerksam zu machen.

Im Jahr 1974 wurde Picassos "Guernica" während einer Ausstellung in den Vereinigten Staaten mit roter Farbe besprüht – Tony Shafrazi, der das Gemälde angriff, behauptete, dass er damit gegen die Begnadigung des Massenmörders William Calley durch Präsident Richard Nixon protestiere.

Am 15. Juni des Jahres 1985 verübte der Litauer Bronius Maigys einen Anschlag auf die "Danaë" von Rembrandt in der Eremitage in Sankt Petersburg: Er durchstach das Gemälde zweimal und übergoss es anschließend dreimal mit Schwefelsäure. Später sagte er, dass er damit gegen den Anschluss Litauens an die UdSSR protestieren und seinen Hass auf die sowjetische Regierung zum Ausdruck bringen wollte. Als eine der Möglichkeiten, das Gemälde zu zerstören, zog Maigys übrigens auch die Sprengung in Betracht. Das Gemälde wurde schwer beschädigt: Die weibliche Figur litt am meisten, die Drapierung, die Danaës Beine bedeckte, löste sich auf, die Säure hinterließ tiefe Rillen im Gemälde – 30 Prozent von Rembrandts Kunstwerk waren unwiderruflich verloren. Es dauerte 12 Jahre, bis das Gemälde wiederhergestellt werden konnte.

Und im Juli des Jahres 1987 betrat der Brite Robert Cambridge die National Gallery in London mit einer unter seinem Mantel versteckten Schrotflinte. Er eröffnete das Feuer auf eine Zeichnung von Leonardo da Vinci: Die Schrotkugeln durchschlugen das Glas, die Scherben flogen in alle Richtungen und beschädigten das Werk. Cambridge erklärte, er habe das Bild aus Protest gegen die Politik von Margaret Thatcher beschädigt.

Bei all diesen Beispielen gibt es jedoch eine Nuance: Alle politisch motivierten Angriffe auf die Kunst wurden immer als marginal und asozial angesehen. Und diejenigen, die sie durchführten, erwiesen sich oft als psychisch krank. Jetzt schreiben einige der offiziellen Medien sehr wohlwollend über Öko-Vandalen aus Großbritannien und Italien. Und während man früher die semantischen Akzente im Zeitungsvokabular sehen konnte – "Vandalen", "Kriminelle", "Verbrechen" – ist die Rhetorik jetzt ganz anders, ohne jede negative Konnotation: "Aktivisten", "Protestierende" und sogar, wie die italienische La Repubblica es ausdrückte, "Klimakrieger".

Dies ist ein sehr beunruhigendes Symptom – ein Symptom dafür, dass die grüne Agenda bedrohliche Züge annimmt. Schleichend und unmerklich wird die Umweltagenda zu einer so allumfassenden Doktrin, dass sie zu einer Diktatur und einer neuen Art von Faschismus zu werden droht. Und die ersten Opfer dieser Diktatur sind junge Menschen. Eine "Generation Globalisierung", der – ganz offensichtlich – Disney vertrauter ist als Michelangelo und Holbein, und die Hollywood-Produktionen interessanter findet als europäische Literatur. Die bereit wäre, das kulturelle Erbe ihres Landes der grünen Ideologie zu opfern, es zu instrumentalisieren und zu gefährden.

Der von Charlotte Kossuth ins Deutsche übersetzte Roman des sowjetisch-kirgisischen Klassikers Tschingis Aitmatow "Ein Tag länger als ein Leben" liefert eine Metapher für das, was in den letzten Jahrzehnten mit den jüngeren Generationen Europas geschieht. Dafür, dass junge Menschen Lara Croft, Avatar und James Bond näher, wertvoller und verständlicher finden als ihre eigene Kultur.

Aitmatow beschreibt in seinem Buch, wie gehorsame Mankurt-Sklaven geschaffen werden, indem man ihnen den Kopf rasiert, ein Stück frische Kamelhaut auf den Kopf legt, sie fesselt, damit sie sich nicht bewegen können und tagelang in der Wüste aussetzt. In der Sonne trocknet die Haut der Kamele aus und drückt den Kopf wie ein eiserner Reif zusammen, was unerträgliche Schmerzen verursacht. Nach Tagen solcher Folter wird der Mensch verrückt. Er vergisst, wer er ist, wo er herkommt, er wird bloß zu einem gehorsamen Tier, das bereit ist, für seinen Herrn zu arbeiten – ohne nachzudenken.

In der modernen russischen Sprache hat das Wort "Mankurt" eine negative Konnotation erhalten und bezeichnet eine Person, die ihre Vergangenheit vergessen hat, die ihre nationalen Traditionen und Werte aufgegeben hat.

Im Jahr 1991 wurde Aitmatow von Boris Chlebnikow interviewt (die deutsche Übersetzung des Interviews stammt von der Webseite des Unionsverlags, der diesen Hauptroman von Aitmatow veröffentlicht hat). Das Gespräch drehte sich natürlich auch um Mankurts. Die Worte des großen Schriftstellers klingen heute nicht nur prophetisch, sondern auch im Hinblick auf die aktuelle politische Konjunktur bedenklich – möglicherweise hätte ein solches Interview heute in vielen Mainstream-Medien keine Chance, gedruckt zu werden. Aitmatow sagt:

"Allgemein betrachtet, birgt jede allumfassende Doktrin einer totalen Beglückung der Menschheit die Gefahr einer Vergewaltigung der Persönlichkeit, wenn man deren geistige Souveränität missachtet, doch nicht minder gefährlich ist auch eine Selbstisolierung des Individuums, seine Abkehr von historischen kulturellen Traditionen, eine Missachtung der sittlichen Werte, die die Menschheit seit Urzeiten zum Beispiel in den Weltreligionen gespeichert hat."

Es scheint, als ob er dies über Menschen sagt, die heute in die Museen der Welt einfallen, um wie Terroristen Kunst als Geisel zu nehmen und die Umsetzung irgendwelcher politischer Forderungen zu verlangen. Sie versuchen, die Kunstgeschichte zu einem politischen Statement umzufunktionieren. Nur ist die Kunst eben kein politisches Statement.

Die von Botticelli auf dem Gemälde "Primavera" in Lebensgröße dargestellten Götter sind längst zum Inbegriff von Harmonie, Vollkommenheit und Schönheit geworden. Sie überlebten die Verbrennung der Kunstwerke Botticellis in den Zeiten von Savonarola, haben Kriege und soziale Umwälzungen überdauert. Nun wird ein Kreuzzug gegen sie und die gesamte klassische Kunst geführt – der bedrohlicher zu sein scheint als vieles zuvor.

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