Angesichts militärischer Erschließung der Ukraine durch die NATO lässt Russland Donbass nicht allein

Eine Erschließung der Ukraine als Sprungbrett für Aggressionen gegen Russland durch die NATO befindet sich in der finalen Phase. Dafür sprechen jüngste NATO-Übungen im Schwarzen Meer und Kiews Truppentransfer zum Donbass. Doch solche Abenteuer enden mit Krawattenschmaus.

Ein Kommentar von Anna Schafran

Seit Jahrzehnten betrachten die USA und die NATO die Ukraine als Sprungbrett für eine mögliche Aggression gegen Russland. Der Prozess der Russophobisierung und Banderaisierung dieses Gebiets wurde vor mehr als 30 Jahren eingeleitet und reichlich finanziert.

Jetzt möchte Washington natürlich einen greifbaren Effekt seiner Investitionen erzielen. Das ist nichts Neues. Auf analoge Weise investierten auch England und Frankreich im 18. und 19. Jahrhundert in die polnische Nationalbewegung und unterstützten den türkischen Sultan, als Russland kurz vor dem endgültigen Sieg stand, um den sprichwörtlichen Schild an die Tore Zargrads (alter russischer Name der Stadt Konstantinopel) zu nageln.

Wie wir sehen, sind die USA nun von der Methode der neurolinguistischen Programmierung, an die man sich bereits gewöhnt haben dürfte, gemischt mit Drohungen und Sanktionen, zum nächsten Schritt übergegangen: Dem Erproben der Gewaltkomponente.

Die USA arbeiten immer systematisch. Das ist ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche, denn es macht sie sehr berechenbar. Im Jahr 2020 veröffentlichte die RAND Corporation, eine strategische Denkfabrik, die seit vielen Jahren Aufträge von der US-Regierung und den US-Streitkräften entgegennimmt, einen Bericht mit dem Titel "Russia, NATO, and Black Sea Security" (Russland, die NATO und die Sicherheit am Schwarzen Meer). Darin wird die Bedeutung der Schwarzmeerregion als zentraler Bereich im Wettbewerb zwischen Russland und dem Westen um die Zukunft Europas umrissen.

In der NATO ist man sich der außerordentlichen Bedeutung der Schwarzmeerregion für die wirtschaftlichen und militärischen Interessen Russlands überaus bewusst. Daher rühren auch die Bestrebungen, diese Region zu einem Schauplatz einer Konfrontation mit Russland zu machen. Dabei stützt man sich auf die Ukraine, auf Georgien, Bulgarien, Rumänien und Moldawien und hofft sehr darauf, auch die Türkei wieder mit ins Boot zu holen, die Brüssel momentan als in geopolitischen Seitensprüngen befindlich betrachtet.

Die Erkundung des möglichen Kriegsschauplatzes im Rahmen der Vorbereitung Kiews auf eine gewaltsame Lösung des Konflikts im Donbass ist ein Signal an Russland, das direkter und lauter daherkommt als alles, was man sich vorstellen kann. Nicht zufällig spricht der russische Präsident Wladimir Putin von einer unmittelbaren Bedrohung für Russland – angesichts der militärischen Erschließung der Ukraine durch die NATO.

Was gilt es hier zu verstehen? Nach der Eskalation im April hat die Ukraine ihre Waffen noch immer nicht von der Kontaktlinie abgezogen. Die jüngste Runde der Personalrotation im ukrainischen Verteidigungsministerium brachte die widerwärtigsten Persönlichkeiten aus der Kriegspartei wieder ins große Spiel, die sich selbst durch ihre Beteiligung an Strafaktionen gegen die eigene Zivilbevölkerung besudelt haben.

Die Militärübungen der NATO im Schwarzen Meer sind außerplanmäßig. Nahe des Bosporus ist ein Betankungsschiff geparkt. Dieses soll vermutlich bei einer möglichen Schnellevakuierung des NATO-Schiffskontingents aus dem Schwarzen Meer zum Einsatz kommen. An der ukrainischen Seite der Frontzone im Donbass herrscht eine strenge Informationsblockade, und was dort vor sich geht, ist nicht genau bekannt. Die Bewohner der Frontzone und der angrenzenden Gebiete werden nicht in die Regionen Dnjepropetrowsk und Charkow gelassen. Man kann davon ausgehen, dass dies ein Durchsickern von Informationen aus einem Gebiet verhindern soll, dem eine kritische Bedeutung bei künftigen militärischen Auseinandersetzungen beigemessen wird. Einigen Berichten zufolge wurden auch die Munitionslieferungen dorthin stark intensiviert.

All dies deutet nicht nur auf eine bloße Möglichkeit eines Wiederaufflammens der Kampfhandlungen hin, sondern auf den anstehenden Versuch eines Blitzkriegs, auf einen Angriff auf Donezk und Lugansk unter Einsatz aller der Ukraine zur Verfügung stehenden Waffen, ohne jede Rücksicht auf Opfer unter der Zivilbevölkerung.

Das Maximalziel der Ukraine (oder genauer, das Maximalziel, das Washington Kiew gesetzt hat) besteht darin, die aufständischen Regionen durch einen Blitzangriff von Russland abzuschneiden und bedingungslos unter seine Kontrolle zu zwingen. Dies erfordert nicht nur einen Überraschungseffekt, sondern auch eine bedeutende Überlegenheit gegenüber den Milizen hinsichtlich der Bewaffnung.

Ein Gewaltszenario seitens der Ukraine ist durchaus wahrscheinlich, insbesondere angesichts des rapiden Beliebtheitsverlusts des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij bei seiner gleichzeitigen Umwandlung in einen zweiten Petro Poroschenko. Denn auch der frühere Präsident der Ukraine versuchte in seiner Amtszeit gern, seine Umfragewerte aufzupolieren, indem er die Lage im Donbass verschärfte.

Vieles deutet darauf hin, dass die Eliten in Kiew eigenhändig, aber mit aktiver Unterstützung Washingtons für sich selbst die Weichen zu einem weiteren Fiasko stellen. Denn versuchen können sie es natürlich. Doch man sollte nicht vergessen, dass Russland durchaus in der Lage ist, Nachbarn, denen in einem Anflug geistiger Umnachtung der räumliche Orientierungssinn verloren geht, wieder zur Vernunft zu bringen. Einzelheiten dazu, wie so etwas verläuft, kann man von Michail Saakaschwili erfragen, wenn er aus dem georgischen Gefängnis entlassen wird. Und wer glaubt, dass Russland seine Menschen aufgeben und im Stich lassen werde, der kann darauf lange warten.

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Übersetzt aus dem Russischen.

Anna Schafran ist eine Journalistin und Schriftstellerin ("Staat der Ehre: Monarchie ist die Zukunft Russlands"), vormals langjährige Ko-Moderatorin von Wladimir Solowjow bei politischen TV- und Radiodebatten.

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