Iran und dessen Verbündete schlagen zurück: Siegt die Gewalt oder die Diplomatie?
von Seyed Alireza Mousavi
Der Irak und Syrien entwickelten sich letzte Woche zu Schauplätzen des Konflikts zwischen den USA und Iran, als die US-Armee Luftangriffe gegen Stellungen schiitischer Milizen entlang der irakisch-syrischen Grenze auf Befehl des US-Präsidenten Biden flog. Bei dem US-Angriff, bei dem vier Iraker – darunter ein Kind – getötet wurden, wurden Mitglieder der irakischen Volksmobilisierungskräfte (al-Haschd asch-Schaʿbī) ins Visier genommen. An einer anderen Front gegen Iran hatte Israel ein paar Tage vor dem US-Angriff auf Stellungen der schiitischen Milizen einen Sabotageakt gegen eine Einrichtung der iranischen Atomenergieorganisation am Stadtrand westlich von Teheran durchgeführt. Die Anlage wurde nach iranischen Angaben Ziel einer Drohnenattacke. Während es in Iran heißt, der Sabotageakt mit einem kleinen Quadrokopter sei abgewehrt worden, berichteten sowohl die New York Times als auch israelische Medien von "größeren Schäden".
Der Akt der Sabotage gegen die Einrichtung in Iran und die US-Luftangriffe erfolgten zu einer Zeit, in der internationale Verhandlungen über eine mögliche Rückkehr der USA zum Atomabkommen mit Iran laufen. Mittels Sabotage versucht Israel, die Iraner zur schnellen Rückkehr zu den JCPOA-Verpflichtungen zu drängen, selbst wenn die USA nicht bereit sind, bei den Atomgesprächen in Wien alle Sanktionen gegen Iran aufzuheben. Mit den jüngsten Luftangriffen auf Stellungen der durch Iran unterstützten Milizen wollte Joe Biden unter anderem seinen Slogan "Amerika ist zurück" auf der internationalen politischen Bühne bekräftigen, obwohl er sich beim US-Kongress kein Mandat für diese Angriffe eingeholt hatte. Dabei zielte die US-Armee jedoch auf die Milizen ab, die in letzter Zeit maßgeblich zur Niederlage der IS-Terroristen im Irak beigetragen hatten.
Die Geschichte endet hier jedoch nicht. Am Wochenende kam es zu zwei Zwischenfällen, einmal im Indischen Ozean und einmal in Nordsyrien, die man als eine Gegenreaktion von iranischer Seite interpretieren kann. Auf dem Weg nach Saudi-Arabien wurde am Sonntag offenbar ein israelischer Frachter mit einer bewaffneten Drohne angegriffen. Der dem Iran nahestehenden Sender Al Mayadeen berichtete zunächst über den Zwischenfall, dabei erwähnte der Nachrichtensender den letzten Sabotageakt gegen die iranische Nuklearanlage in Karadsch. Israel vermutet inzwischen, dass Iran hinter dem Angriff steckt. Das israelische Schiff war auf dem Weg in die Vereinigten Arabischen Emirate, als es Ziel des Angriffs wurde.
Eine Einrichtung, in der US-Truppen in Ostsyrien stationiert sind, wurde am späten Sonntag mit Raketen aus nahe gelegenen Gebieten beschossen. Die Raketen schlugen auf dem größten Ölfeld Syriens Al-Omar ein, nachdem sie aus den Einflussgebieten der iranischen Milizen in Deir ez-Zor westlich des Euphrat abgefeuert worden sein sollen. Ein Pentagon-Sprecher sagte Al Arabiya: "Uns sind Berichte über Angriffe auf die US-amerikanische Basis im Al-Omar-Ölfeld bekannt." Unterdessen bestätigten auch die von den USA unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), dass das Al-Omar-Ölfeld mit zwei Raketen beschossen worden war. Das Pentagon geht davon aus, dass die iranischen Milizen in der westlichen Euphrat-Region die US-Basis von ihren Positionen in der Umgebung von Deir ez-Zor aus ins Visier nahmen. Der jüngste Angriff der Milizen war allerdings die zweite Raketenattacke auf die US-Basis im Bereich des Al-Omar-Ölfeldes. Bereits einen Tag nach den US-Militärschlägen entlang der irakisch-syrischen Grenze schossen schiitische Milizen Raketen auf diese Basis.
Im Zuge des Schattenkrieges zwischen Iran und den USA bzw. Israel meldete vor Kurzem die Iranische Revolutionsgarde, dass Iran unbemannte Drohnen mit einer Reichweite von 7.000 Kilometern besitze. Mit dieser Meldung sendet Iran eine Warnung aus, dass er Israel und alle US-Stellungen in der Region treffen könnte. Die neue Langstreckendrohne sei in der Lage, eine Zwischenstation einzulegen, also zu starten und zu landen, im Gegensatz zu den iranischen Kamikaze-Drohnen, die nur darauf programmiert sind, ein bestimmtes Ziel anzugreifen, ähnlich wie ein Marschflugkörper, kommentieren die der iranischen Revolutionsgarde nahestehenden Tasnim News Agency. Der oberste US-Kommandant im Nahen Osten General Frank McKenzie teilte unlängst mit, dass der Einsatz iranischer Drohnen zur Luftüberwachung und für Angriffe im Nahen und Mittleren Osten die vollständige Luftüberlegenheit der USA zum ersten Mal seit dem Koreakrieg gekippt habe.
Während besagter Schattenkrieg weiterhin in der Region tobt, sind sich die Iraner bewusst, dass die USA die Region schrittweise verlassen wollen. Den USA blieb vor Kurzem nach 20 Jahren der Intervention in Afghanistan nichts anderes übrig, als die Entscheidung zum Abzug ihrer Truppen umzusetzen. Diesem Beispiel werden die US-Amerikaner früher oder später auch im Fall Syriens und des Irak folgen. Das Parlament des Irak hatte den Abzug der US-Truppen aus dem Land bereits im Jahr 2020 gefordert, und in Syrien haben US-Besatzungstruppen kein Mandat der UNO oder des US-Kongresses eingeholt, um weiterhin dort zu verbleiben. Die Frage bleibt allerdings, inwieweit die USA in Zukunft bereit sind, auf israelischen Wunsch an den Aktionen gegen Iran in der Region teilzunehmen, wenn sie sich zugleich auf die "Eindämmung Chinas" in der internationalen Politik fokussieren wollen. Insofern sieht die neue US-Regierung die Wiederbelebung des Atomdeals als eine Chance, die Zuspitzung der Lage im Nahen Osten zu verhindern. Ob sich in den nächsten Monaten im Nahen Osten letztendlich die Diplomatie durchsetzt oder die Region durch ununterbrochene Militärschläge und Sabotageakte in einer Gewaltspirale versinkt, wird die Zeit zeigen.
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