Operation Anime: Onkel Sam will die Generation Z ködern
von Robert Bridge
Das Spektakel, mit dem Onkel Sam auf der Suche nach frischem Kanonenfutter Überreste zusammenkratzt, ist sicherlich nicht die schlimmste Krise, die den Planeten bislang heimgesucht hat. Aber es ist eine schlechte Nachricht für die US-Kriegsmaschine, die fit und tatendurstig ist, nach langen Jahren ohne einen "echten" Krieg. Laut dem Pentagon sind schockierende 71 Prozent der Amerikaner im Alter von 17 bis 24 Jahren aufgrund einer Reihe kritischer Faktoren wie Fettleibigkeit, fehlendem Abitur oder auch Vorstrafen für den Militärdienst untauglich. Dies misst den verbleibenden 29 Prozent dieser "Generation Z" umso größere Bedeutung bei.
Die Rekrutierer sind damit gezwungen, zunehmend kreative Wege zu finden, um diese junge Bevölkerungsgruppe in ihre Reihen zu locken. Auf den ersten Blick scheinen diese coolen Bemühungen harmlos. Eine Kampagne zur Anwerbung von Rekruten der US-Armee mit dem Namen "The Calling" (Der Ruf) verwendet in seiner grafischen Machart Stilmittel aus der Welt der Anime-Comics.
In dieser Kampagne erklären Angehörige der Streitkräfte einer jüngeren Generation, was sie damals inspiriert hatte, freudig dem Militär beizutreten. Hinter diesem raffinierten Appell an die Genration Z, eine Altersgruppe mit – wenn überhaupt – einigermaßen unscharfen Kenntnissen über die Kriegsabenteuer der USA im Ausland, steckt also nun eine weitere US-Regierungsbehörde, die mit einer "progressiven Haltung" missioniert, ebenso wie jüngst die CIA in deren Werbekampagne.
How will you answer the #call?Visit @goarmy for the new animated series, "The Calling," tales of five different stories from five different #Soldiers and discover their inspiring lives that led to service in the uniform. #WarriorsWanted | #goarmypic.twitter.com/OKEkffjOwm
— U.S. Army (@USArmy) May 15, 2021
Da wäre also Emma: Eine Soldatin, die am Flugabwehrsystem Patriot im Einsatz ist. Aber anstatt ihre soldatischen Pflichten zu beschreiben, muss diese junge Frau ausführlich erzählen, dass sie in Kalifornien von zwei Müttern großgezogen wurde – eine Konstellation, die sie als "ziemlich typische Kindheit" darstellt.
Von den fünf in der Kampagne vorgestellten Charakteren ist Emma übrigens die einzige Vertreterin der weißen, "kaukasischen Rasse" (weitere Charaktere sind ein Amerikaner asiatischer Abstammung, zwei Einwanderer aus Lateinamerika und zwei afroamerikanische Frauen). Ein weißer leiblicher Vater, der "zufälligerweise" in Emmas Erzählung natürlich nicht vorkommt, wird durch eine "starke" Frau ersetzt, die "meine andere Mutter geheiratet hat", womit sie andeutet, dass es wohl biologisch möglich ist, zwei Mütter zu haben – vermutlich neuerdings eine besonders gute Voraussetzung für den Militärdienst, nehme ich an.
In jedem Fall ist es wenig überraschend – angesichts des neuen progressiven Glaubenskanons, der als "kritische Rassentheorie" bekannt ist und hinauf bis zur Regierungsebene lehrt, dass alle Weißen naturgemäß von Geburt an Rassisten sind –, dass die Mitglieder des Stammes der blassen Gesichter aus der neuen Kampagne weitgehend verschwunden sind. Zu sagen, dies sei lediglich "verstörend", wäre wohl eine massive Untertreibung. Wie viele Hunderttausende auch der weißen Amerikaner haben im Laufe der Jahre ihr Leben in der unersättlichen US-Militärmaschinerie geopfert?
Betrachten wir nur eine der weniger böswilligen Militäroperationen in der Geschichte der USA: Die Invasion in der Normandie, bekannt als Operation Overlord. Um Westeuropa von Hitlers Nazi-Schergen zu befreien, landeten Hunderttausende der US-Soldaten an den Stränden der Normandie, ein lebensgefährlicher Kraftakt, der auf dem berühmten Foto mit dem Titel "Into the Jaws of Death" (In die Zähne des Todes) von Robert F. Sargent verewigt wurde. Es widerspricht jeder Vernunft, dass ausgerechnet die Nachfahren dieser Weißen Männer, die den überwiegenden Teil der amerikanischen Streitkräfte ausmachten und ihr Leben dafür riskierten, Europa vom ultimativen Fremdenhass zu befreien, von ihrer eigenen Regierung heute als Rassisten eingestuft werden.
Dann haben wir da noch Jennifer, die Tochter von Eltern von Einwanderern aus der Dominikanischen Republik, die mit zehn Familienmitgliedern in einer Wohnung mit drei Schlafzimmern in New Jersey lebte. Nachdem sie von zu Hause weggelaufen war, um drei Tage bei einer Freundin zu verbringen, beschloss ihre Mutter, dass Jennifer zur Strafe bei Verwandten in der Dominikanischen Republik leben solle, damit sie sieht, "wie gut sie es hier hatte".
Ich bin mir nicht sicher, wie viel schlimmer ein Leben bei Verwandten unter einem Blechdach auf einer tropischen Insel sein soll, als drei Schlafzimmer in einer engen Wohnung in New Jersey mit zehn Familienmitgliedern teilen zu "dürfen". Aber dennoch kehrte Jennifer geläutert in die USA zurück und war nunmehr entschlossen, etwas in ihrem Leben zu ändern. Eines Tages – zufällig nach dem Gespräch mit einem Rekrutierer der US-Army an ihrer High School – wurde Jennifer klar, dass "die Armee eine Armee guter Leute ist". Dieser Rekrutierer muss ein verdammt guter Missionar und Schönredner gewesen sein.
"Militärischer Güte und Tugend der USA"?
Es mag noch nachvollziehbar sein, dass eine leicht zu beeindruckende 17-jährige Schülerin ein solches Märchen glauben kann. Aber es mag ein Tick schwieriger sein, die Vorstellung von "militärischer Güte und Tugend der USA" beispielsweise der irakischen Bevölkerung zu verkaufen, deren Land 2003 erst von US-Streitkräften zerstört wurde – dank eines "frisierten Nachrichtendienstberichtes", laut dem Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen gehortet hätte.
Oder wie wäre es, dies bei den Bewohnern Syriens zu versuchen, wo US-Streitkräfte bis heute einen großen Teil ihres Landes besetzt halten und der einheimischen Bevölkerung vor ihren Augen die natürlichen Ressourcen rauben, ganz zu schweigen von ihrer auch ansonsten verloren gegangenen Souveränität? Auch sie würden vermutlich starke Vorbehalte gegen die angeblichen "guten Absichten" des US-Militärs äußern.
Aber angenommen, diese neuste Propagandakampagne trägt dazu bei, eine Flut an Bewerbern aus der Generation Z in die Rekrutierungsbüros zu spülen – welche Art von Soldaten wird das dann sein? Schließlich war für viele aus der Generation Z das Leben bisher eine lange "woke" Erfahrung, die aus der Unantastbarkeit der eigenen "Komfortzone“ und dem Anblick der Gefahren "toxischer Männlichkeit" bestand sowie der Gewissheit, dass das wahre Geschlecht eines Kindes bei der Geburt naturgemäß noch nicht endgültig bestimmt sei.
Ich lehne mich jetzt vielleicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass das nicht nach einem idealen Nährboden für die Pflege der vermeintlichen "Kriegskunst" klingt. Tatsächlich klingt es eher wie ein Todesstoß für eine einst mächtige Nation, die in sich selbst implodiert.
Wie dem auch sei, es könnte sich schlichtweg als unmöglich herausstellen, diese verwöhnte, emotional verkrüppelte Bevölkerungsgruppe in einen Kampfanzug zu stecken, geschweige denn in schlammige Schützengräben zu kommandieren. Gleichzeitig haben sich US-Hochschulen in Hochburgen der Intoleranz verwandelt, damit ihre wahnsinnigen "linken" Ideen nicht im Geringsten unter die Lupe genommen und angezweifelt werden. Schließlich wurde die Jugend in dem bereits erwähnten Glauben indoktriniert, dass die "kolonisierende weiße Rasse" überall ein Fluch für die Zivilisation ist.
Wenn wir dem nichtlinearen Verlauf US-amerikanischer Denkprozesse der letzten Jahre folgen, wird das US-Militär wohl künftig gezwungen sein, benutzerfreundlichere und integrativere Orte zu finden, an denen Menschen mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund und unterschiedlichen physiologischen Verfassungen in Frieden und Glück unter einem großen imperialen Zelt aufblühen können.
Es ist eine vermutlich nicht mehr allzu fernes Utopia, wo sich Lämmer zur Mittagszeit zu den Löwen gesellen, wo jeder schwergewichtige Rekrut, der zwar die Qual des Patriarchats verspürt, nun aber nicht mehr in der Lage sein wird, zehn Liegestütze auszuführen – habt keine Angst! Der neue zahnlose Feldwebel wurde angewiesen, dafür Ausnahmen im Sinne von Fairness und Inklusivität zu machen.
Und was ist mit den Rekruten, denen die körperliche Ausdauer fehlt, ein M-16-Gewehr während der Übungen im Morgengrauen zu tragen? Keine Sorge! Die Heeresabteilung der Ingenieure wird von der US Army angewiesen, die Waffen kleiner und leichter zu bauen, möglicherweise aus Balsa-Holz. Es hat doch keinen Sinn, dass sich jemand schon in Friedenszeiten seinen Rücken ruiniert oder sich einen Leistenbruch zuzieht, nicht wahr?
Und schließlich sollten diejenigen Rekruten, denen – wie soll man es sagen – "kognitive Fähigkeiten fehlen", nicht den Hauch von Ungleichheit spüren müssen, wenn sie die Bedienungsanleitungen zu verschiedenen Waffensystemen nicht lesen können. Wer braucht schon ausführliche Anleitungen, wenn Versuch und Irrtum in der Vergangenheit so gut funktioniert haben?
Spaß beiseite: Dumme Taten fallen auf den Übeltäter zurück – und dies könnte für das US-Militär zukünftig schwere Zeiten bedeuten. Die politische "Linke" hat eine Generation kindlicher, schwachsinniger Jugendlicher kultiviert, die nicht dazu neigt, irgendeine Art von Entbehrung zu akzeptieren, wenn sie sich vor ihnen auftut. Die Armee wird sich schwer dazu gedrängt finden, solche Krieger der sozialen Gerechtigkeit aus den Kasernen fernzuhalten. Aber angesichts der Tatsache, dass das progressive Evangelium bereits bis in die Hallen der Wissenschaft und zur Regierung vorgedrungen ist, steht das Pentagon vor seiner bislang wohl schwierigsten Schlacht, die möglicherweise das Überleben der Nation an dieser gefährlichen Wegscheide entscheiden könnte.
Ich bezweifle aber, dass auf der ganzen Welt Menschen, von denen viele das Unglück hatten, das bisher so "gute, tugendhafte US-Militär" auf ihrem eigenen Territorium zu erleben, Onkel Sam für diese Schlacht besonders viel Glück wünschen werden.
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Übersetzung aus dem Englischen. Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist der Autor von "Midnight in the American Empire", Wie Unternehmen und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören". Folgen Sie ihm auf Twitter @Robert_Bridge
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