US-Pharmariese Pfizer: Das skandalumwobene Gesicht hinter der neuen Hochglanz-Maske
von Kani Tuyala
Wohl kaum eine Branche fährt aktuell derart saftige Gewinne ein wie die Pharmabranche. Bereits 2019 verbuchte sie einen Umsatz von rund 1,1 Billionen US-Dollar; und seit "Corona" boomt das Geschäft richtig. Am Dienstag hob der US-Pharmakonzern Pfizer "nach einem überraschend starken Jahresstart seine Ziele für das Jahr 2021 deutlich an", heißt es dazu im Ärzteblatt:
"Der Coronaimpfstoff Comirnaty spülte Pfizer allein 3,5 Milliarden US-Dollar (rund 2,9 Milliarden Euro) in die Kassen."
Konzernweit stieg der Umsatz "im Berichtszeitraum im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent auf knapp 14,6 Milliarden Dollar, der Gewinn unter dem Strich kletterte im selben Maße auf knapp 4,9 Milliarden Dollar", so das Blatt weiter.
Mit Geld kaum aufzuwiegen ist jedoch vor allem der enorme Imagegewinn, den die von der WHO ausgerufene Corona-Pandemie Pfizer und Co. beschert hat. Waren die Pharmariesen in der Beliebtheitsskala irgendwo zwischen Politikern und Rüstungsunternehmen angesiedelt, stehen sie nun als die strahlenden Heilsbringer da. Das miserable Image war jedoch keineswegs unbegründet.
All die Skandale der verschiedenen Pillendreher aufzuzählen, würde den üblichen Rahmen eines Artikels bei Weitem sprengen. Daher kann die neue Fassade an dieser Stelle nur punktuell durchleuchtet werden.
Zunächst zurück ins Jahr 2009: In diesem Jahr musste Pfizer einen massiven Reputationsverlust einstecken. Der weltgrößte US-Pharmakonzern bekannte sich zu guter Letzt schuldig, das 2004 vom Markt genommene Schmerzmittel Bextra irreführend beworben zu haben. So wurde das Medikament für Anwendungen angepriesen, die allerdings von den entsprechenden Aufsichtsbehörden nicht genehmigt waren.
Wie etwa der britische Guardian zu jener Zeit berichtete, musste sich der Konzern auch zivilrechtlichen Vorwürfen bezüglich unzulässiger Zahlungen an Ärzte stellen, die neun alles andere als einwandfreie medizinische Produkte verschrieben hatten. Doch mit viel Geld gelang es der Führungsetage in New York, den Skandal beizulegen. Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung mit dem US-Justizministerium zahlte eine Pfizer Tochtergesellschaft, Pharmacia & Upjohn, eine Geldstrafe in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar – demzufolge bis dato ein Rekordwert in der US-amerikanischen Justizgeschichte.
Zu den Medikamenten, die mit dem Skandal in Verbindung gebracht werden, gehörten das Antipsychotikum Geodon, das Antibiotikum Zyvox und das Epilepsiemittel Lyrica. Pfizer griff auch tief in die Portokasse und zahlte als Vergleichssumme eine Milliarde US-Dollar, etwa an die staatlichen Gesundheitsdienste Medicare und Medicaid, um für unzulässige Verschreibungen Buße zu tun.
Wie der stellvertretende Generalstaatsanwalt Tom Perrelli seinerzeit zu Protokoll gab, handelte es sich bei den Zahlungen um einen Sieg für die Öffentlichkeit über "diejenigen, die versuchen, durch Betrug einen Gewinn zu erzielen".
Höhepunkt einer sechsjährigen Untersuchung war demzufolge, dass Pfizer zu Zahlungen in Milliardenhöhe verdonnert wurde. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der ehemalige Pfizer-Vertreter in Florida John Kopchinski. Nach eigener Aussage ging es dem Whistleblower darum, "unethisches Verhalten" aufzudecken.
"Bei Pfizer wurde von mir erwartet, dass ich den Gewinn um jeden Preis steigere, selbst wenn der Verkauf bedeutete, Leben zu gefährden. Das konnte ich nicht tun."
Noch zwei weitere Jahre zurück in die Vergangenheit: Im Jahr 2007 verklagten Opferfamilien die nigerianische Regierung und der nigerianische Bundesstaat Kano den Pharmagiganten. Nach Ansicht der Regierung des westafrikanischen Staates habe Pfizer demzufolge 1996 ein nicht zugelassenes Medikament an Säuglingen und Kindern getestet. Elf von ihnen starben an den illegalen medizinischen Versuchen, andere wurden blind und taub. Der Fall landete schließlich – gegen den erbitterten Widerstand des Konzerns – vor US-Gerichten.
Laut der betroffenen Familien habe der US-Pharmakonzern bei seiner als "humanitäre Hilfe" deklarierten Aktion nicht ihre Zustimmung für die Kinder-Tests eingeholt, um das Antibiotikum Trovan an 200 erkrankten Kindern während eines Meningitis-Ausbruches im Jahr 1996 zu testen. Pfizer bestritt die Vorwürfe und wollte "eine mündliche Einverständniserklärung" der Erziehungsberechtigten eingeholt haben.
Die Richter des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten wiesen schließlich die Argumentation der Pfizer-Anwälte zurück, wonach die betroffenen nigerianischen Familien nicht nach dem sogenannten Alien Tort Statute (eine Verfügung im US-amerikanischen Gesetzbuch aus dem Jahr 1789) klagen könnten. Das Statut erlaubt es Ausländern, vor US-Gerichten Entschädigung für Verstöße gegen internationales Recht einzuklagen.
Anhand von DNA-Proben kündigte Pfizer an, den Rechtsanspruch überprüfen zu wollen. Etliche der insgesamt 200 Kläger weigerten sich jedoch, sich vom Pharmakonzern derartig tief in die genetischen Karten blicken zu lassen. Pfizer zahlte 2010 schließlich außergerichtlich 75 Millionen US-Dollar an die nigerianischen Behörden, um die Forderungen im Zusammenhang mit dem tragischen Vorgang ad acta zu legen – schließlich war auch der Aktienkurs des Global Players kurzzeitig ins Schwanken geraten.
Dennoch zeigte man sich weiterhin uneinsichtig. So hieß es in einer schriftlichen Erklärung des Konzerns:
"Sämtliche vorliegenden klinischen Daten deuten darauf hin, dass alle im Rahmen der klinischen Studie zu Trovan aufgetretenen Todesfälle direkt auf die Erkrankung zurückzuführen sind und nicht auf die Behandlung, die die Patienten erhielten."
Heute, in Zeiten der ausgerufenen Corona-Pandemie, schrecken allzu viele Nigerianer vor dem Vakzin der Hersteller Pfizer und BioNTech zurück. Zu frisch ist die Erinnerung an das demzufolge ruchlose Vorgehen des Konzerns im eigenen Land.
Im Jahr 2015 holte der Pharma-Insider und dänische Mediziner Peter C. Gøtzsche verbal gegen die Branche aus:
"Die Pharmaindustrie ist schlimmer als die Mafia."
Big-Pharma, in deren Kreis sich Unternehmen wie Pfizer, GlaxoSmithKline, Eli Lilly, Johnson & Johnson und Abbott tummeln, agiere mitunter wie das organisierte Verbrechen, argumentierte Gøtzsche. Immer gehe es um "Betrug und Irreführung, Bestechung oder Vermarktung nicht zugelassener Mittel".
"Diese Straftaten erfüllen die Kriterien für das organisierte Verbrechen, deshalb kann man von Mafia reden. Die Pharmaunternehmen sind deshalb sogar schlimmer als die Mafia. Sie bringen viel mehr Menschen um."
Laut dem Medizinforscher und ehemaligen Leiter des Nordic Cochrane Centers in Kopenhagen hätten die Geschworenen in einem Prozess gegen Pfizer 2010 festgehalten, dass der US-Konzern über einen Zeitraum von zehn Jahren gegen das "Racketeer Influenced and Corrupt Organizations"-Gesetz (RICO-Gesetz) verstoßen habe. Dabei ging es um die "unlautere Vermarktung" des Epilepsie-Medikamentes Neurontin. Das RICO-Gesetz wird demzufolge üblicherweise für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingesetzt.
Was die Vermarktung der Corona-Vakzine anbelangt, hat Gøtzsche eine dezidierte Meinung:
"Es sollte keine Patente auf Vakzine geben. Impfstoffe sollten keine kapitalistische Ware sein, sondern etwas, das für das Gemeinwohl hergestellt wird."
Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich die US-Regierung bei der Welthandelsorganisation (WTO) für eine Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe einsetzen wolle. Man werde sich nun für eine "Ausnahmeregelung" stark machen, "um diese Pandemie zu beenden".
US-Präsident Biden sprach sich demzufolge nach einer Rede im Weißen Haus u.a. für eine "temporäre Aufhebung des Patentschutzes" aus.
Das erwähnte Gemeinwohl ist jedoch sicherlich nicht die Handlungsmaxime von Big-Pharma. Und damit zurück zu Afrika. Der Skandal um die selbstlose "humanitäre Hilfe" des Konzerns Pfizer in Nigeria lässt tief blicken. So hielt das US-Magazin Forbes 2008 fest, dass unter dem Druck "die Forschungskosten zu senken und schnellere Zulassungen zu erhalten", die Pharmakonzerne "43 Prozent ihrer klinischen Studien im Ausland" durchzuführen pflegen - demzufolge bevorzugt in ärmeren und sogenannten Entwicklungsländern. Vor zehn Jahren waren es noch 14 Prozent. Es wird prognostiziert, dass diese Zahl innerhalb von drei Jahren auf 65 Prozent steigen wird.
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