Meinung

Schwarz-rot-grüne Einigkeit in Sachsen: Diätenerhöhung mitten in der Krise?

Sächsische Verhältnisse: Während Teile des Mittelstands infolge der Corona-Schutzmaßnahmen pulverisiert werden, beschließt die "Kenia"-Regierungskoalition in Dresden, inmitten der Krise die Bezüge der Landtagsabgeordneten zu erhöhen.
Schwarz-rot-grüne Einigkeit in Sachsen: Diätenerhöhung mitten in der Krise?Quelle: www.globallookpress.com © Sebastian Kahnert

von Kaspar Sachse

Hatte sich die sächsische Regierungskoalition aus CDU, SPD und den Grünen im ersten Corona-Krisenjahr 2020 nicht dazu durchringen können, ihre Diäten zu erhöhen, kann nun Vollzug gemeldet werden. Dabei einigten sich die Spitzenfunktionäre der drei Parteien in Dresden auf eine Erhöhung der Abgeordnetenbezüge im Landtag auf die sächsische Richter-Besoldungsstufe R2 von 5.943,50 Euro um 294 Euro auf 6.237 Euro monatliche Grunddiät voraussichtlich ab November 2021.

Nach zwei sogenannten Nullrunden sei eine Anhebung der Bezüge angemessen, sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Sören Voigt gegenüber MDR Sachsen. Dieser Meinung schloss sich auch die SPD-Abgeordnete Sabine Friedel an. Die Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert verteidigte die Diätenerhöhung indirekt, denn die "Anpassung erfolgt erst im November und nicht jetzt mitten in der Pandemie". 

Ob Corona dann vorbei ist, mag bezweifelt werden. So gehen zwar die Zahlen der "positiv Getesteten" auch in Sachsen derzeit im freien Fall nach unten. Doch stehen für die zahlreichen "Mutanten" des Virus bereits neue PCR-Tests in den Startlöchern. Das gleiche gilt für die Wirtschaft und die traditionell in Sachsen zahlreich vertretenen mittelständischen Existenzen. Nicht zuletzt wurde von der Bundesregierung die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, wie bereits mehrfach geschehen, Ende Januar bis zum 30. April 2021 verlängert. Ein Weiter so dieser Verlängerungsmaßnahmen scheint nicht ausgeschlossen.

Diese Salamitaktik ist bereits von den Verlängerungsorgien des Lockdowns bekannt. Der Nachrichtensender ntv stellte in diesem Zusammenhang vor Kurzem bereits die Frage: "Wo bleibt die Pleitewelle, von der alle reden?" und fasste bereits ein wichtiges Ereignis im September prophetisch ins Auge:

"Denn dann ließen sich viele Insolvenzen vielleicht bis nach der Bundestagswahl verschieben."

Doch Spekulation hilft hier allerdings nicht weiter. Wichtiger sind Fakten: Bereits im August standen 50 Prozent aller sächsischen Gastronomen vor dem Aus. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes von Mitte Januar warten immer noch etwa ein Viertel der befragten Gastronomen, die nach dem ersten Lockdown verheerende Einbußen erlitten und viel Geld in Hygienemaßnahmen gesteckt haben, im Freistaat auf staatliche Unterstützungszahlungen.

Dagegen dürfen Fast-Food-Ketten wie Starbucks oder McDonald's 75 Prozent des Umsatzes vom Vorjahr vom Staat einfordern und weiterhin das Außer-Haus-Geschäft ohne Begrenzung betreiben. Ähnlich katastrophal ergeht es dem Einzelhandel – nach der Krise werden die Innenstädte in den drei Groß- und den zahlreichen Kleinstädten Sachsens kaum noch zu erkennen sein, das zeigt sich bereits jetzt an den zahlreichen leerstehenden Geschäften.

Wiederholt schlägt auch hier die Globalisierung zu: Einerseits konnte der US-Onlinehändler Amazon auch im Freistaat enorme Umsatzsteigerungen seit März 2020 verzeichnen. Anderseits sind zahlreiche Menschen arbeitslos geworden. So waren in Sachsen zuletzt 138.935 Menschen arbeitslos gemeldet. Allein im Januar stieg diese Zahl, die deutlich über den üblichen Werten des saisonalen Anstiegs ist, um fast 11.000 an. Und ohne das Kurzarbeitergeld aus der Arbeitslosenversicherung wäre die Erwerbslosigkeit noch deutlich höher, teilte der Chef der sächsischen Arbeitsagenturen, Klaus-Peter Hansen, der Sächsischen Zeitungmit:

"Im zweiten Lockdown seit November haben 17.300 sächsische Unternehmen für gut 150.000 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Allein im Januar meldeten sich beispielsweise rund 1.300 Einzelhändler und 400 Gastronomen. Viel größer war die Kurzarbeit allerdings bei den Schließungen im vorigen März und April, als der Staat für 545.000 Sachsen Lohn bezahlte."

Hier stellt sich nun tatsächlich die Frage, wie vor diesem ökonomischen Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlich krisenhaften Entwicklung im Freistaat die geplante Erhöhung der Abgeordnetenbezüge vertretbar ist? Kritische Stimmen vor Ort häufen sich, auch aus den eigenen Reihen der Koalition in Dresden. 

So lehnt Dino Uhle vom Wirtschaftsrat der CDU Sachsen eine Erhöhung der Diäten in Zeiten von Corona kategorisch ab:

"Dies wäre ein falsches Signal zum unpassendsten Zeitpunkt! Und dies meist ohne oder nur mit stark verzögerter staatlicher Unterstützung und auch ohne Aussicht auf Abhilfe. Nur der Verzicht unserer gewählten Volksvertreter auf eine Erhöhung mindestens für die Jahre 2021 und 2022 setzt jetzt das richtige Signal mit Vorbildwirkung und beweist die Verbundenheit und Solidarität mit allen Sachsen!"

Und auch bei den Oppositionsparteien regt sich Widerstand. Auf eine Presseanfrage von RT DE äußerte sich die Fraktion Die Linke folgendermaßen:

"Die Linksfraktion wird den Diäten-Plänen der Koalition nicht zustimmen und fordert, mindestens 2021 eine weitere Nullrunde einzulegen. Bisher will die Koalition die Diäten-Erhöhung lediglich verschieben – das ist inkonsequent, denn die Pandemie wird lange nachwirken. Es wäre ein gutes Signal, die Erhöhung mindestens in diesem Jahr auszusetzen, zumal derzeit extrem viele Leute in ihrer Existenz bedroht sind. Sonst gibt es einen öffentlichen Aufschrei, auch wenn das Abgeordnetengesetz gemeinsam mit dem Beschluss des Landeshaushalts geändert wird."

Dagegen fordere man:

"Die sächsische Staatsregierung muss auf der Landesebene mehr tun. Wir fordern eine Brückenfinanzierung, wenn Bundesmittel monatelang auf sich warten lassen. Nötig ist zudem ein Zukunftsprogramm zur Förderung sozial durchmischter und lebendiger Innenstädte, das Kommunen beim Ankauf und der Aktivierung von Immobilien unterstützt und eine kommunale Bewirtschaftung leerstehender Gewerbeimmobilien ermöglicht. Um die Position des stationären Handels gegenüber dem Onlinehandel zu stärken, wären eine stärkere Quellenbesteuerung der Onlinegewinne oder ersatzweise eine Paketabgabe für Onlinehandelsunternehmen sinnvoll."

Auch die AfD-Fraktion im Landtag hat sich wiederholt gegen eine Erhöhung der Diäten der derzeit 119 Landtagsabgeordneten ausgesprochen. So äußerte sich Martina Jost, gesellschaftspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, im Dezember 2020:

"Viele Menschen in Sachsen leiden aktuell unter Existenzängsten. Verständlicherweise ruft es daher viel Unmut hervor, wenn sich CDU, SPD und Grüne lieber damit beschäftigen, mit welchen Kniffen sie Geld in ihre eigenen Taschen umleiten können."

Dagegen war von der Presseabteilung der CDU explizit mit dem Hinweis auf RT DE keine konkrete Stellungnahme zu bekommen. Die Fraktionen von SPD und Grünen reagierten erst gar nicht nicht auf die Anfragen per Mail.

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