Söder, der spannende Kanzler
Von Stephan Fein
Es ist schon bemerkenswert, wie sich die eine Union nur um einen Vorsitzenden streitet und gleichzeitig ein seltsames Einvernehmen in der Kanzlerfrage besteht. Vielleicht ist es nur die Allmacht des Unausgesprochenen. Oder die Macht der Umfragewerte, die dem Franken Söder demnächst die Kanzleramtstür weit öffnet. Der nächste Regent heißt wohl nicht Armin Laschet, sondern Markus Söder.
Während sich die Masse kritischer Redakteure im Land offensichtlich auf die Impfunfähigkeit und die immer gleiche Bande von Virologen einschießt und wieder einmal kaum einer eine Lösung hat, schleicht sich ein Mann aufs politische Kanzlerparkett, als ob es in seinem Bundesland keine Corona-Bosheiten und Impfstoff-Knappheiten gäbe.
Würde man den letzten Wahlumfragen von RTL und n-tv glauben, könnte man glatt sagen: And the winner is … mit mehr als 37 Prozent Markus Söder. Laschet käme nur auf 28 Prozent. Die Grünen bekämen 19 Prozent und hätten zusammen mit der Union eine satte Regierungsmehrheit. Das fände Söder wörtlich "spannend." So einfach geht Politik.
Die Kanzlerfrage ist also schon geklärt. Wir warten nicht auf Wahlen oder Impfangebote im Herbst. Und der Vizekanzler wird Robert Habeck, der Trecker-Poet aus dem hohen Norden neben dem Franken in der Lederhose. Wenn das nicht erdet?
Für Schwarz-Grün würde das bei demnächst 723 Abgeordneten eine Mehrheit von 437 Sitzen bedeuten. Spannend? Mit einer Kanzlermehrheit bei 362 Mandaten wohl kaum.
Die SPD läge mit Olaf Scholz leider nur bei 14 Prozent im Off. Auch wenig spannend, sondern klar abgeschlagen. Und der Mann, der noch vor ein paar Jahren Jamaika verhindert hatte, FDP-Chef Christian Lindner, dürfte sich mit sechs Prozent über 46 Mandate und eine weitere Periode im Bundestag auf der Oppositionsbank freuen. Die Linke bei acht Prozent gleichauf mit der AfD beobachten sich gegenseitig.
Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet 49 Prozent der durch die härtesten Corona-Auflagen und superhohe Inzidenzen gebeutelten Bayern ihren Landesvater gerne im Kanzleramt sehen würden. Vielleicht ist es ein Wegloben? Ausgerechnet jene, denen er 15-Kilometerfreiraum eingrenzte, Corona-Schleierfahnder schicken wollte, Grenzkontrollen für Pendler einführte und luftdicht abgedichtete Flughäfen versprach! Was er davon wirklich eingehalten hatte, weiß er wohl selber nicht, denn er war wegen der zahlreichen Gipfelkonferenzen schon lange nicht mehr daheim. Da geht es ihm wie dem Schreiner bei Karl Valentin auf die Frage, wie viele Kinder er habe. Aber Kanzler mit dem Grünen zusammen, das findet er spannend.
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