Meinung

Der Fall Nawalny und die FSB-Geisterjäger von Bellingcat und Co (Teil 2)

Die "unabhängige Rechercheplattform" Bellingcat will unter anderen anhand von Telefondaten ein Team russischer Agenten identifiziert haben, das auf Alexei Nawalny einen Mordanschlag verübt haben soll. Beweise bringt Bellingcat nicht – dennoch ist die Plattform bei US-Geheimdiensten sehr beliebt.
Der Fall Nawalny und die FSB-Geisterjäger von Bellingcat und Co (Teil 2)Quelle: Reuters © Shamil Zhumatov/Reuters

von Jürgen Cain Külbel

(Teil 1 können Sie hier nachlesen.)

Mir klingt das Lied von Max Raabe, dem bekannten deutschen Sänger und Leiter des Berliner Palast Orchesters, in den Ohren: "Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich …" 

Ähnlich enttäuschend muss für die "Investigativen" von Bellingcat, Spiegel, CNN und dem russischen Rechercheblog The Insider die Nicht-Reaktion der internationalen Politik auf deren jüngsten "Mordenthüllungen" im Fall des angeblich mit Nowitschok vergifteten Alexei Nawalny sein: Weißes Haus, Downing Street, Élysée-Palast – überall Grabesstille. Auch in Deutschland, die Mainstream-Medien ausgenommen, herrscht Silentium: Selbst der beinharte Transatlantiker Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages und Bewerber um den CDU-Vorsitz, der sich im Fall Nawalny mit Schuldzuweisungen nicht lange aufhielt, presst nun die Lippen zusammen.

Lediglich Politiker aus den hinteren Reihen meldeten sich zu Wort: der FDP-Atlantik-Brücken-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff nannte den Bellingcat-Bericht einen "Paukenschlag". Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid kommentierte: "Diese Enthüllungen sind erschreckend, aber nicht überraschend."

Angesichts der mangelnden Resonanz auf Regierungsebene blieb der Investigativ-Truppe nichts anderes übrig, als sich gegenseitig auf Twitter den Bauch zu pinseln und mit Lob zu überschütten. Der entgiftete Nawalny über Christo Grozev, Bellingcats Hauptverfasser der jüngsten "Enthüllungsstory": "sehr cooler Ermittler aus Bulgarien"; Clarissa Ward von CNN : "der unglaubliche Christo Grozev"; Bellingcat-Gründer Eliot Higgins: "Dank an Clarissa Ward und ihr Team, die Konfrontation mit russischen Geheimdienstoffizieren, die an den Attentaten auf ihrem eigenen Territorium beteiligt sind, ist äußerst mutig"; und nochmal Nawalny: "Großartige Arbeit von CNN und Clarissa Ward. Sie brachen direkt in das Haus von Oleg Tajakin, dem Mordkoordinator, ein." (Siehe dazu auch Teil 1)

Statement von Präsident Putin zu der "Enthüllungsstory"

Der russische Präsident Wladimir Putin, ein gelernter Geheimdienstler, wusste die Dinge am 17. Dezember 2020 auf seiner Jahrespressekonferenz zu interpretieren: 

  • "Herr Peskow (Kremlsprecher) hat mir gestern die neuesten Spekulationen über die Daten unserer Offiziere der Sonderdienste und so weiter erzählt. Hören Sie, wir wissen genau, worum es geht. Hier geht es nicht um eine Untersuchung. Hier geht es darum, die Unterlagen der US-Geheimdienste zu legalisieren."
  • "Glauben Sie wirklich, dass wir uns der Tatsache nicht bewusst sind, dass sie die Geolokalisierung verfolgen? Unsere Sonderdienste verstehen das gut und sind sich dessen bewusst. Beamte des FSB und anderer Sonderdienste sind sich dessen bewusst und benutzen Telefone, wenn sie glauben, dass sie ihren Standort nicht verstecken sollten."
  • "Wenn dies so ist, und das versichere ich Ihnen, bedeutet es, dass dieser Patient der Berliner Klinik die Unterstützung der US-Geheimdienste genießt. Und wenn das stimmt, dann ist das spannend. Dann sollten die Sonderdienste natürlich auf ihn aufpassen."
  • "Das heißt aber überhaupt nicht, dass man ihn vergiften muss. Wer braucht ihn schon? Würden sie dies tun wollen, hätten sie dies zu Ende gebracht."
  • "Seine Frau (Nawalnys – Anm. d. Red.) hat sich an mich gewandt, und ich gab grünes Licht, ihn zur Behandlung nach Deutschland fliegen zu lassen. In genau jener Sekunde."

Hektische Erklärungsversuche nach Putins Statement

Nach den Einlassungen von Präsident Putin über die "Legalisierung von Daten der US-Geheimdienste" kam Leben in die Bude: Die Webseite der auf Außenpolitik spezialisierten US-Fachzeitschrift Foreign Policy nahm Bellingcat noch am selben Tag in Schutz und ließ Marc Polymeropolous zu Wort kommen. Der ehemalige stellvertretende Einsatzleiter der CIA für Europa und Eurasien bestritt jegliche Verbindung zwischen der CIA und Bellingcat. "Wir haben keine Verbindungen zu ihnen", sagte Polymeropolous, der bis 2019 für den US-Auslandsgeheimdienst tätig war. 

Gleichzeitig sagte er zu den Veröffentlichungen der britischen "Rechercheplattform": "Ich möchte nicht zu dramatisch sein, aber wir lieben das." Konkret nannte er die vermeintliche Identifizierung zweier russischer Agenten, die Bellingcat für den Anschlag auf Sergei Skripal und dessen Tochter im März 2018 im englischen Salisbury verantwortlich macht. Polymeropolous weiter:

"Wann immer wir mit unseren Verbindungspartnern darüber sprechen mussten, konnte man sich einfach auf ihre (Bellingcats) Arbeit beziehen, anstatt zu versuchen, Dinge genehmigen zu lassen oder sich um Geheimhaltungsfragen kümmern zu müssen."

Schließlich habe Bellingcats Schaffen "maßgeblich dazu beigetragen, jahrelange schändliche russische Aktivitäten aufzudecken. Aber was vielleicht noch wichtiger ist, es hat auch US-Beamten und Abgeordneten ermöglicht, offen über Moskaus Gemeinheiten zu diskutieren, ohne die Quellen und Methoden der US-Geheimdienste preiszugeben".

Und Daniel Hoffman, ein ehemaliger CIA-Stationschef, erklärte:

"Die Russen bestreiten routinemäßig und sagen, wir sollten ihnen Fakten präsentieren. Der größte Wert von Bellingcat ist, dass wir dann zu den Russen gehen und sagen können, hier habt ihrs."

Hoffman nannte einen weiteren Vorteil von Bellingcat für die Geheimdienste: "Es ist eine große politische Herausforderung, wenn man eine Entscheidung auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen trifft und man seine Quellen und Methoden nicht riskieren will."

Daher "besteht der Vorteil von Bellingcat darin, dass man innerhalb der Regierung keine Debatte über Quellen- und Methoden führen muss", betonte Daniel Fried, ehemals stellvertretender Staatssekretär für europäische und eurasische Angelegenheiten unter George W. Bush, gegenüber Foreign Policy.

Soll das etwa bedeuten, dass all das, was Bellingcat so behauptet, dann ungeprüft zur Richtschnur des (außen-)politischen Handelns westlicher Regierungen wird? Umgekehrt wird ein Schuh draus: Was Bellingcat in regelmäßiger Folge herausposaunt, ist geheimdienstlich-politischer Wille. Man muss nur zwischen den Zeilen lesen: Deutlicher hätten die Ex-CIA-Leute Polymeropolous und Hoffman nicht zum Ausdruck bringen können, dass Bellingcat ein outgesourctes Projekt ist, dessen sich die Geheimdienste im Informationskrieg gegen Russland fleißig bedienen. 

Christo Grozev, Urheber des jüngsten Bellingcat-Beitrags in Sachen Nawalny, erklärte am 18. Dezember 2020 der Meduza-Sonderkorrespondentin Lilija Japparowa, "wie er es geschafft hat, eine 'geheime und völlig autarke' Gruppe innerhalb des (russischen Inlandsgeheimdienstes) FSB aufzuspüren", die Nawalny seit Jahren töten wolle. 

Grozev will also weismachen, er habe nach dem angeblichen Nowitschok-Anschlag auf Nawalny begonnen zu ermitteln und dass alle seine Informationen aus offenen Quellen beziehungsweise Datenbanken stammen, die auf dem russischen Schwarzmarkt gekauft wurden. Dass kann ja zum Teil sein, das stelle ich nicht in Abrede, der russische Schwarzmarkt bietet tatsächlich einiges. 

Doch warum offenbarte dann Michael Schwirtz – Erfinder der "Taliban-Kopfgeld-Story", der seit Jahren eng mit Bellingcat zusammenarbeitet – in der New York Times, dass schon direkt am Tag von Nawalnys Ankunft in Deutschland am 22. August 2020 "Vertreter der Central Intelligence Agency und des britischen Secret Intelligence Service die Mitglieder der deutschen Regierung über die Vergiftung informierten, einschließlich über die Identität der beteiligten Offiziere des FSB, was die russische Regierung direkt involviert"? 

Ich hoffe, Grozev hat die britischen und amerikanischen Dienste, die vor ihm wussten, wer die Täter sein sollen, nicht enttäuscht, und hat exakt "unabhängig" ermitteln können, was die Dienste damals bereits zu wissen vorgaben. Oder eben anders herum: Es scheint, Grozev hat dieses "Täterwissen" von den Diensten entgegengenommen und als auf offenen Quellen basierende Ermittlung verschleiert. 

Untersuchungsfrage: Was ist über die Existenz der "geheimen" FSB-Chemiewaffen-Killer-Truppe bekannt? 

Ermittlungsergebnis: Nichts. Nur Spekulationen. Grozev, Spiegel und Co. behaupten zwar die Existenz einer Killer-Truppe und stellen in den Raum, das Kernteam bestehe aus acht FSB-Agenten – das war es aber auch schon. Wie sie zu dem Schluss kommen, dass der angebliche FSB-Agent Oleg Tajakin, ein 40-jähriger Arzt, "das für die Vergiftung zuständige Kommando koordinierte", bleibt völlig im Dunkeln. 

Verfügen die "Ermittler" von Spiegel und Co. etwa über Einsatz-, Dienst- und Arbeitspläne, kennen sie die Befehlskette, die Struktur, die Organisation jenes vermeintlichen Killer-Teams? Nein! Haben sie etwa Insider-Informationen von FSB-Whistleblowern? Nein! Haben sie Einsicht genommen in die Akten zur operativen Personenkontrolle/Observation der Zielperson Nawalny? Nein!

Ebenso bleibt ungeklärt, anhand welcher Schlüsse und Beweise sie den FSB-Mann Alexei Alexandrow (39, Deckname "Alexei Frolow", Notarzt, seit 2013 beim FSB) als "wichtigsten Agenten im Team", das Nawalny folgte, charakterisieren können. Oder: woran machen sie fest, dass "Toxinspezialisten" im Team seien? Und so geht es immerfort. Wie bereits im ersten Teil geschrieben, der an der Scharade beteiligte Spiegel musste zugeben, dass er "keine endgültigen Beweise" für die Existenz des "Killerkommandos" habe. Die Behauptung eines Mörder-Teams aufstellen, aber keine Beweise für dessen Existenz liefern – lernt man das in der Henry-Nannen-Schule? 

Untersuchungsfrage: Ist das FSB-Killer-Team, dessen Existenz nicht bewiesen ist, lediglich ein Observationstrupp? 

Ermittlungsergebnis: Dass der ausgewiesene Putin-Hasser Nawalny, der sich mit extremistischen und rassistischen Äußerungen einen nicht gerade blendenden Ruf eingehandelt hat, in seinem Lande sicherheitshalber observiert wurde, ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass er dort als eine Art ausländischer Agent agierte, der in der Vergangenheit mit Finanzspitzen aus dem Ausland über Wasser gehalten wurde. Und wenn Nawalny fliegt, fliegt eben auch der FSB hinterher beziehungsweise voraus und beobachtet ihn.

Das bedeutet aber keinesfalls, dass der Dienst pausenlos versucht, die Zielperson umzubringen. Ich bin mir sicher, dass er unter operativer Personenkontrolle stand, also rund um die Uhr observiert wurde. Als Staatsfeinde eingestufte Personen werden in jedem Land der Welt observiert und bewacht.  

Dem hält die Tagesschau auf ihrer Webseite unter Berufung auf die Spiegel-Recherche entgegen:

"Die Agenten seien mehr als 30-mal zu Nawalnys Reisezielen vorausgeflogen und kurz nach ihm nach Moskau zurückgekehrt. Demnach sei es wenig wahrscheinlich, dass es sich bei dem FSB-Team um Agenten handelte, die Nawalny nur beobachteten."

Das ist so was von lächerlich und zeigt, dass die Verfasser nicht die blasseste Ahnung von Observation haben und sich polizeiliche Kompetenz anmaßen, die sie nicht besitzen. Observation ist eine Wissenschaft für sich, darin wird man speziell ausgebildet, erst recht in "geheimen Diensteinheiten", wie sie Bellingcat im Fall Nawalny ausgemacht haben will. 

Jeder Observation geht eine Planungsphase voraus. Ein Beispiel: Nawalny reiste viel in Russland herum. Wenn das Reiseziel der Zielperson bekannt ist, reisen Teile des Observationstrupps voraus, nehmen am Zielort Kontakt zur lokalen Residenz des FSB auf, richten einen operativen Stützpunkt ein, machen sich mit bereits bekannten Personen, Fahrzeugen, Objekten, Straßen ("Zielstraßen") vertraut – eben alles, was zum dortigen Netzwerk Nawalnys gehört. 

Als nächstes wird der Observationseinsatz technisch vorbereitet: Speziell ausgerüstete Fahrzeuge, über die alle Geheimdienste verfügen, werden vorbereitet, ebenso die Funkausrüstung zur internen Kommunikation zwischen den Einsatzkräften; dazu gehören beispielsweise Kehlkopf-Mikrofone im Jackenaufschlag, am Handgelenk und drahtlose Ohrhörer. Gegebenenfalls werden Richtfunk für Abhörmaßnahmen oder IMSI-Catcher zur Überwachung von Mobiltelefonen eingesetzt. Und: Dem Observationstrupp wird für die Arbeit ein eigener Funkkanal zugewiesen, wo keine anderen Kräfte senden.

Die Sprachtelefonie erfolgt in der Regel verschlüsselt, denn die Observation könnte – im Falle des im NATO-Ausland so beliebten Kremlkritikers Nawalny nicht unwahrscheinlich – auch von einer Gegenobservation durch gegnerische Kräfte unterlaufen werden. Und genau darauf spielte Präsident Putin in seinem Statement vom 17. Dezember 2020 an: "Glauben Sie wirklich, dass wir uns der Tatsache nicht bewusst sind, dass sie die Geolokalisierung verfolgen? Unsere Sonderdienste verstehen das gut und sind sich dessen bewusst. Beamte des FSB und anderer Sonderdienste sind sich dessen bewusst und benutzen Telefone, wenn sie glauben, dass sie ihren Standort nicht verstecken sollten." 

Es ist also nicht auszuschließen, dass westliche Dienste eine Gegenobservation auf Nawalnys letzter Sibirien-Reise durchführten. Stammen die Mobil-Telefondaten der FSB-Observateure, die offenbar recht fahrlässig gehandelt haben, aus dieser Quelle? 

Dass die FSB-Agenten, die hinter Nawalny her waren, wie von Bellingcat und Co. geschildert, ihre Kommunikation während der Observation über ihre Handys laufen ließen, ist wenig glaubhaft. Ebenso nicht die von Bellingcat angeblich herausgefilterten "Kommunikationsspitzen" per Telefon zwischen den FSB-Akteuren vor Ort und deren FSB-Vorgesetzten in Moskau. Wer ein klein wenig Ahnung hat, der weiß, dass eben diese Kommunikation zur Zentrale bei solcherart Einsätzen über interne verschlüsselte und geschützte Kanäle stattfindet, dafür gibt es Codiergeräte und Verschlüsselungstabellen. Das lief keinesfalls über ungeschützte Telefone, die jeder Privatier mit geringen Mitteln abhören kann. 

Und Bellingcat kann auch überhaupt nicht nachweisen, dass sich an den Observationsorten im Rahmen der laufenden Observationen ein Kommunikationsrauschen, verursacht durch die Dauertelefonie zwischen den Observierenden, und das sind nicht wenige Personen, eingestellt hat – A telefoniert mit B, C, D, E, F etc., alle miteinander und durcheinander, vielleicht sogar in Konferenzschaltung.

Bellingcat lässt entscheidende Fragen offen: Was sagen denn die Telefonprotokolle zur Kommunikation zwischen den "Tätern" am Tag der Tat am Tatort? Wo sind die Bewegungsprofile der "Täter" vom Tattag? In welche Funkzellen war jeder einzelne eingeloggt? Bellingcat kann darauf keine Antworten geben. Bellingcats Telefon-Konstrukt ist künstlich, juristisch wertlos. Es beweist und belegt nichts; die "Investigativen" behaupten nur. Anstelle einer Beweisführung gibt es nur Behauptungen. 

Im Spiegel steht: "Vor allem durch Auswertung der Mobilfunkverbindungen, GPS- und Standortdaten von mehr als einem Dutzend FSB-Agenten und Analysen zahlreicher Passagierlisten russischer Linienflüge durch den Spiegel und seiner Partner sowie weiterer Recherchen lassen sich nun aber mutmaßlich (Hervorhebung d. d. Verf.) Beteiligte namentlich identifizieren. Viele dieser Informationen stammen aus zahlreichen russischen Datenbanken mit mehr oder weniger eingeschränkten Zugängen."

Exakt. Nur vergaß der Spiegel zu erwähnen, dass die Datenbanken nach Einschätzung des BBC-Korrespondenten Mark Urban, der seit langem schon mit Bellingcat und Christo Grozev zusammenarbeitet, von westlichen Geheimdiensten gehackt wurden.

Wie dem auch sei, die "Investigativen" geben vor, durch Auswertung von Daten aus russischen Mobilfunknetzwerken ein Team mutmaßlicher FSB-Agenten herausgefiltert zu haben und bringen Präsident Putin an die Spitze der Befehlskette. Ich habe den vielseitigen "Ermittlungsbericht" von Bellingcat mehrmals gelesen und erfahre viel über stattgefundene Telefonate, dazugehörige Uhrzeiten und Namen derjenigen, die telefoniert haben sollen. Von Telefonnummern ist gar nicht die Rede, schon gar nicht von Eigentumsnachweisen oder Telefonverträgen. 

Was wir daher immer noch nicht wissen: 

  • Wie ordnet Bellingcat das konkrete Mobiltelefon dem konkreten Besitzer zu?
  • Wie kann Bellingcat beweisen, dass die Agenten X, Y, Z tatsächlich Eigentümer der Mobiltelefon X, Y, Z sind?
  • Viel mehr noch: Handelt es sich um private oder dienstliche Mobiltelefone?
  • Im Falle von Diensttelefonen: Wie kann Bellingcat beweisen, dass das Diensttelefon X, Y, Z tatsächlich und über einen bestimmten Zeitraum immer nur von derselben Person X, Y, Z, sozusagen personengebunden, benutzt wurde und nicht innerhalb des Teams die Hände wechselte – zum Beispiel bei wechselnder Zusammensetzung der Observationsgruppe infolge Urlaub, Krankheit, Verrichtung anderer Dienste? Allein dieser ungeklärte Umstand brächte das Konstrukt des Killer-Teams, das auf der Basis "einem Mann wird ein konkretes Telefon über einen längeren Zeitraum zugeordnet" errichtet wurde, zum Einsturz.
  • Was mich brennend interessiert: Wie kann Bellingcat beispielsweise nachweisen, dass der angebliche FSB-Mann Alexandrow mit einem Wegwerfhandy telefonierte? Hat Bellingcat das Handy gefunden, die Zuordnung etwa über den Abgleich von Fingerabdrücken oder der DNA geklärt?

Wie sagte schon Bertolt Brecht: "Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen."

Der Spiegel legte am Montag mit einer weiteren "Enthüllungsstory" nach. Einer der beteiligten Agenten habe Nawalny am Telefon alles gestanden und in einem fast einstündigen Gespräch jedes Detail der Operation genannt. Nawalny habe sich dabei als "Assistent eines Putin-Beraters" ausgegeben – was für den Geheimagenten Anlass genug gewesen sein soll, der ihm unbekannten Person sämtliche Details eines behaupteten Mordkomplotts zu verraten, das weltweite Aufmerksamkeit erregt. Dazu mehr im dritten Teil. 

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