Montenegro: Die Wahlschlappe des Präsidenten und die geopolitischen Folgen
von Arkadi Shtaev
Bei Milo Đukanović, dem Präsidenten Montenegros, handelt es sich ohne Zweifel um eine schillernde Erscheinung. Der ehemalige Jungkommunist – zu jugoslawischen Zeiten dann spätere Gefolgsmann des serbischen Präsidenten Milošević – ist ein mit allen Wassern gewaschener Wendehals, der bisher alle politischen Umbrüche überstand und es verstanden hat, sich an der Macht zu halten.
Von Geldwäsche über Zigarettenschmuggel
Obwohl dieser Politiker, dem auch enge Beziehungen zur organisierten Kriminalität – von Geldwäsche über Zigarettenschmuggel – nachgesagt werden, wird dieses Staatsoberhaupt in Berlin, Brüssel und Washington als "prowestlich" definiert, da er sein Land in die NATO führte und eine Gegnerschaft zu Belgrad aufgebaut hat.
"Nichts wird besser, solange Đukanović und sein Clan die Geschicke des Landes bestimmen – ob in der Politik, in der Wirtschaft, in den Medien oder im Tourismus. Đukanović kontrolliert Montenegro nach Belieben – auch, weil die Opposition heillos zerstritten ist", berichtete sogar die Deutsche Welle im vergangenen Jahr.
Bei dem geostrategischen Kampf um den West-Balkan, der seit einiger Zeit entbrannt ist, war Đukanović nützlich, da er auch einem strategischen Zugang Moskaus zur Adria mit dem NATO-Beitritt Montenegros einen Riegel vorschob.
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Immer wieder schaute man im Westen darüber hinweg, dass sein Herrschaftsstil alles andere als sauber ist, noch demokratischen Gepflogenheiten entspricht, wie sie andernorts eingefordert werden – zumindest, wenn es ins geostrategische Konzept passt.
Die Serbisch-Orthodoxe Kirche als Oppositionskraft
Als starke Oppositionskraft formierte sich in der Vergangenheit die Serbisch-Orthodoxe Kirche (SOK), die immer wieder auf die grassierende Korruption und Vetternwirtschaft hinwies. Insbesondere der Metropolit Amfilohije, also das Oberhaupt, wurde hier zum Sprachrohr der zersplitterten Opposition, weshalb auch er ins Visier der Regierung geriet. Der Vikar-Bischof Metodije wurde krankenhausreif geschlagen.
Dadurch erhöhten sich die Spannungen, die noch dadurch beflügelt werden, dass die SOK traditionsgemäß proserbisch eingestellt ist. Der Streit verschärfte sich, als die Kirche gegen das im Dezember 2019 verabschiedete Gesetz zur Religionsfreiheit protestierte. Die Regierung verkündete zwar, die Liegenschaften der Kirche nicht für sich beschlagnahmen, sondern einer montenegrinisch-orthodoxen Religionsgemeinschaft übergeben zu wollen, natürlich um so den Einfluss Belgrads einzudämmen.
Doch dieses Vorhaben stieß in weiten Teilen der Bevölkerung auf Widerstand, da eine von Đukanović geschaffene und kontrollierte Organisation, die keine andere Kirche oder Konfession anerkennt, die Religionsfreiheit einschränken würde. Die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS), also die Partei des Präsidenten, verärgerte somit einen Großteil der Montenegriner, die Mitglied der SOK sind.
Eine Niederlage für den Westen
Die Tatsache also, dass bei den Parlamentswahlen am vergangenem Sonntag die Opposition einen knappen Sieg über die DPS erringen konnte, liegt in diesem Konflikt zwischen Kirche und Staat begründet. Zwar hatte sich in den vergangenen Jahren der Unmut über den Präsidenten angestaut, doch vermochte es die heterogene Opposition des Landes, welches ähnlich viel Einwohner zählt wie Düsseldorf, diese Wechselstimmung nur unzureichend aufzufangen.
Zwar erhielt die seit knapp drei Jahrzehnten regierende Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) rund 35 Prozent der abgegebenen Stimmen, doch folgt knapp hinter ihr das Bündnis 'Für die Zukunft Montenegros' mit 32,5 Prozent. Auch die beiden Listen 'Frieden ist unsere Nation' und 'Schwarz auf Weiß' zogen in die 81 Sitze umfassende Skupština in Podgorica ein. Zusammen stellen die Listen der Opposition somit 41 Abgeordnete. Bei den gleichzeitig abgehaltenen Lokalwahlen zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Die Listen der Opposition konnten in vielen Gemeinden deutliche Zuwächse verzeichnen, die DPS erreichte rund ein Drittel der Stimmen", schreibt die Junge Welt zum Wahlergebnis.
Im Westen schaut man inzwischen angewidert auf die Methoden des Präsidenten, ohne Sanktionen oder ähnliches in die Wege zu leiten. Dafür steckt die NATO auch zu tief in dem Sumpf, der durch den Verfall Jugoslawiens entstanden ist.
Immerhin wurde die für 2025 angestrebte Aufnahme Montenegros in die EU auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Die NATO fordert eine innenpolitische Entspannung, möchte aber nicht so genau hinschauen, da das Militärbündnis schon zahlreichen Spannungen ausgesetzt ist. Das Wahlergebnis, somit die wachsende Macht proserbischer und NATO-kritischer Parteien, wird aber schon bald für neuen Zündstoff sorgen. Der Westbalkan bleibt heiß umkämpft.
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