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Gut getrollt, Löwe! Putin empfing Erdoğan im Zeichen der russisch-türkischen Kriege

Russlands Präsident Wladimir Putin wählte für sein Idlib-Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Erdoğan einen Saal im Kreml aus, in dem zwei Skulpturen an die russisch-türkischen Kriege erinnern. Aus diesen ging Russland siegreich hervor.
Gut getrollt, Löwe! Putin empfing Erdoğan im Zeichen der russisch-türkischen KriegeQuelle: Sputnik

Das Treffen zwischen Putin und Erdoğan zur Besprechung der Lage in der umkämpften syrischen Provinz Idlib kann als ein Erfolg der russischen Diplomatie gewertet werden. Immerhin hält das neue, von den Staatschefs Russlands und der Türkei gemeinsam verabschiedete Dokument die jüngsten Rückeroberungen durch die Syrische Arabische Armee in Idlib fest. Außerdem soll in dem Gebiet ein sechs Kilometer breiter Sicherheitskorridor jeweils nördlich und südlich der M-4 Autobahn geschaffen werden. Russland war an diesen militärischen Erfolgen der syrischen Armee alles andere als unbeteiligt. Somit ging Putin selbstbewusst und siegessicher ins Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen – ganz anders als Erdoğan, der vor lauter Aufregung bei der Begrüßung auch seinem eigenen Außenminister die Hand gab.

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Vielleicht ist es in diesem Kontext als ein feiner Wink mit dem Zaunpfahl seitens Wladimir Putin an Recep Tayyip Erdoğan aufzufassen, dass der Presseerklärung vor dem Gespräch die russische Zarin Katharina die Große in Form einer Statue beiwohnte. Direkt hinter den beiden Staatschefs erinnerte außerdem eine Skulpturengruppe auf einer Kaminuhr an den Russisch-Osmanischen Krieg von 1877 bis 1878. Die Medien bemerkten dies. Auch in der Türkei. So titelte das türkische tele1: "Katharina die Große und russische Soldaten – zwei Details beim Empfang der türkischen Delegation in Moskau erregen Aufmerksamkeit". Auch Elijah J. Magnier, Veteran der Kriegsberichterstattung sowie politischer und Militäranalytik mit 35 Jahren Erfahrung, hielt dies für ein Zeichen:

So adressiert Russlands Putin seine Botschaften an die Türkei – mit kleinen, aber wichtigen Details. In Moskau ist nichts zufällig.

Zahlreiche Internetnutzer interpretierten das Ganze sogar als Trolling. Nicht ganz grundlos, wie wir finden.

Katharina die Zweite und das Osmanische Reich – so gar kein Roman von Rosamunde Pilcher

Die Geschichte der Beziehungen des Russischen mit dem Osmanischen Reich ist von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt. Davon entfallen zwei auf die Herrschaftszeit der russischen Zarin Katharina der Großen. Im Ergebnis des ersten, des Russisch-Türkischen Krieges von 1768 bis 1774, wurden gleichzeitig die südliche Ukraine, die Krim und der Nordkaukasus der türkischen Herrschaft entrissen und dem Russischen Reich angegliedert beziehungsweise verbündet. Im Laufe des zweiten, des Russisch-Osmanischen Kriegs von 1787 bis 1792, konnte Russland seinen Anspruch auf die Krim und das ganze Nordufer des Schwarzen Meeres durchsetzen und vertraglich festhalten sowie seine politische Position im Kaukasus und in der Balkanregion stärken. Dabei schlug die russische Flotte unter Admiral Uschakow eine überlegene Flotte der Türken bei Kertsch. Landtruppen des Generals Alexander Suworow nahmen erfolgreich die Festung Ismail ein, die bis dahin als uneinnehmbar galt.

Befreiung des Balkans von den Osmanen

Die Miniaturengruppe "Überquerung des Balkangebirges" des Bildhauers und Bronzegießers Jewgeni Lanceray auf der Kaminuhr im Kreml erinnert ihrerseits an den Russisch-Osmanischen Krieg von 1877 bis 1878. Im Ergebnis dieses Kriegs erlangten neben Bulgarien auch Serbien, Montenegro und Rumänien ihre Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. In diesen Ländern wird in diesem Zusammenhang von einem Unabhängigkeitskrieg gesprochen. In Bulgarien nennt man die 100 Jahre nach Ende dieses Krieges sogar die "Bulgarische Wiedergeburt". Eine herausragende militärische Leistung seitens des russischen Truppenkontingents stellt die mehrfach erfolgreiche Verteidigung des Schipka-Passes vor einer besser bewaffneten und munitionierten Überzahl des türkischen Heeres dar.

Dringender Trolling-Verdacht

Bekanntermaßen sind die sozialen Medien das empfindlichste Troll-o-Meter, und dieser Fall sprengte bei einigen Nutzern die Skala. Einer von ihnen schrieb auf Twitter:

Das Beste am Moskauer Treffen zwischen Erdogan und Putin war für mich die unterwürfige Haltung der türkischen Delegation vor Putin unter der Statue von Katharina der Großen, die die Türken im XVIII. Jahrhundert mehrmals besiegte.

 Ebenfalls auf Twitter:

– Wer ist das?

– Katharina die Große, Russlands Zarin im 18. Jahrhundert. Sie hat viel Ottomanen-Land eingenommen. Putins Trolling auf Level 80!

Neben den beiden Skulpturen wurde man im russischen Internet-Segment auch darauf aufmerksam, dass Erdogan den Blickkontakt zu meiden schien, was der folgende Post auf VKontakte mit roten Pfeilen darstellt. Die beiden Skulpturen wurden natürlich ebenfalls thematisiert:

Putin empfing Erdogan unter der Lanceray-Uhr 'Überquerung des Balkangebirges'. Die kleine Bronzeskulptur stellt die Heldentat der russischen Soldaten dar, die in den Jahren 1877-1878 die Türken in Bulgarien vernichtend schlugen. Dabei schaute Kaiserin Katharina die Große auf den Sultan herab, die die Krim vom Osmanischen Reich eroberte.

Zwar machte Kremlsprecher Dmitri Peskow darauf aufmerksam, dass die Lanceray-Uhr bereits seit mindestens 20 Jahren im Kaminsaal steht, wo Putin seinen türkischen Kollegen empfing: "Na selbstverständlich ist das ein Zufall". Wir fügen an: Die Statue Katharinas der Großen dürfte sogar noch länger dort stehen. Dennoch bleibt die Frage, warum ausgerechnet dieser Kaminsaal für den Auftakt des Treffens gewählt wurde, offen für manche vielleicht als eine lediglich rhetorische.

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