"Nein!" … "Doch!" … "Oh!" – Das Erwachen der US-Medien über den gescheiterten Putsch in Venezuela
Fast ein Jahr ist vergangen – seit dem gescheiterten Versuch der Trump-Regierung, Venezuelas sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro aus seinem Amt zu drängen. Nun versucht man endlich auch in den US-Medien, das letzte Quäntchen Verstand zusammenzukratzen. Erstens, um zu verstehen, was alles schief gelaufen ist, und zweitens, um endlich kleinlaut zuzugeben, dass man den venezolanischen Präsidenten doch nicht so schnell loswerden kann.
Als sich der von der US-Regierung unterstützte, bis dahin aber "nahezu unbekannte" Oppositionelle Juan Guaidó im Januar des nun ausklingenden Jahres zum "Interimspräsidenten" erklärte, erhielt er sofort die Unterstützung der USA und der globalen Verbündeten Washingtons als "legitimer Staatschef" Venezuelas. Die westlichen Medien gaben sich schnell hoffnungsvollen Erwartungen hin, dass Washington kurz davor stehe, einen weiteren "Tunichtgut" zu stürzen und sich wieder einmal für einen weiteren Sieg im Kampf um "Demokratie" und "Menschenrechte" selbstgefällig auf die Schulter zu klopfen.
"Saiten"-Wechsel
Jetzt – fast ein Jahr später – stellt sich bei US-Medien das Gefühl widerwilliger Resignation ein, angesichts des Eingeständnisses, dass der Versuch eines weiterer "Regimewechsels" allen Bemühungen zum Trotz gescheitert ist und dass die Guaidó-Opposition nicht das war, was man sich unter ihr vorgestellt hatte.
In einem kürzlich veröffentlichten Klagelied über den gescheiterten Putsch gibt das Wall Street Journal zu, dass Maduro die Lage "fest unter Kontrolle" zu haben scheint. Man beklagt, dass die Trump-Administration seinen "unmittelbar bevorstehenden Sturz" doch ein wenig zu früh vorhergesagt hatte. Das WSJ räumt ein, dass das Weiße Haus "übermäßigen Optimismus" zeigte und unter "unrealistischen Erwartungen" litt, die Taktik wachsenden Drucks würden Maduro leicht aus der Macht verdrängen. Diese Zeitung erkennt nun, dass Maduros Position trotz der wirtschaftlichen Schwächung Venezuelas durch US-Ölsanktionen und trotz aller Versuche, das Land international zu isolieren, offenbar gesichert ist.
Es ist ein durchaus gängiges Muster, und jeder Analytiker, der die Bemühungen der USA beobachtet, Regimewechsel auf der ganzen Welt voranzutreiben, weiß es nur zu gut. Das gleiche Skript spielte sich in Syrien ab: Washington samt seiner Verbündeten, die den schnellen Untergang von Präsident Baschar al-Assad bereits für das Jahr 2012 vorausgesagt hatten, warten heute noch darauf. Das veranlasste die Zeitschrift Foreign Policy unlängst zu dem Eingeständnis, dass nun – nachdem die Bemühungen der USA, in Syrien "moderate" Dschihadisten an die Macht zu bringen, fehlgeschlagen sind – Assad jetzt wohl tatsächlich das "Best Case-Szenario" für das Land darstellt.
Wer ist schuld?...
Langsam beginnen die US-Medien sogar zuzugeben, dass die angeschlagene Wirtschaft Venezuelas unter Maduro dank eines Anstiegs der Ölexporte und zunehmender Einnahmen Anzeichen einer Erholung zeigt. Die von Guaidó geführte Opposition hingegen muss sich an ihren eigenen Korruptionsskandalen abarbeiten – was den Venezolanern ein weiteres Mal vor Augen führt, dass diese Opposition möglicherweise überhaupt keine "ehrliche Alternative" zu Maduro darstellt.
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Dem WSJ zufolge sei die Absetzung John Boltons, des ehemaligen nationalen Sicherheitsberaters von US-Präsident Donald Trump und einer von Maduros "erbittertsten Gegnern", einer der Gründe, warum die Bemühungen der USA gescheitert sind. Man verweist ebenso gern auf den Ausbruch von Protesten gegen amtierende Regierungen in der gesamten Region – in Ecuador, Bolivien und Chile –, die es Maduro ermöglicht haben sollen, von seinen eigenen "Fehlentscheidungen im Amt" sowie vom Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten abzulenken.
Keine Erwähnung findet allerdings, wie sich die lähmenden US-Sanktionen gezielt, unmittelbar und verheerend auf das Leben der gewöhnlichen Venezolaner auswirken. Und das, obwohl eine Studie zeigt, dass sie "sehr schwere Schäden an Leben und Gesundheit der Menschen" verursachen, darunter allein schätzungsweise 40.000 Todesfälle. Elliott Abrams ist der oberste US-Gesandte in Venezuela, dessen Karriere durch wiederholte Bemühungen gekennzeichnet ist, "unkooperative" Staatschefs in Lateinamerika zu stürzen. Entschlossen, sich nicht geschlagen zu geben, erklärte er dem Blatt, dass es "völlig falsch" sei anzunehmen, die Lage für den "angeschlagenen" Maduro könnte sich verbessern. Die Realität scheint jedoch eine andere zu sein.
… und was ist zu tun?
Ein kürzlich von Bloomberg veröffentlichter Artikel gibt einen Hinweis darauf, welche Wende die US-Politik gegenüber Venezuela als nächstes einschlagen könnte. Doch auch diese vermeintliche Wende ist altbekannt:
Wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, läuft es immer darauf hinaus… – Russland um Hilfe zu bitten.
Quellen mit guter Sachkenntnis erklärten gegenüber Bloomberg, dass die Trump-Administration "den Glauben daran verliere", dass Guaidó jemals Maduro stürzen kann – und daher als solches "neue und aggressivere Strategien" in Betracht ziehe. Eine dieser Strategien, hieß es, wäre "ein Versuch, mit Russland eine Partnerschaft einzugehen" – also mit einem Verbündeten Maduros –, um so schließlich doch noch den Staatschef von seinem Amt "zu entlasten".
Neue Bühne, altes Spiel
Dies würde auch die US-Politik zu Syrien widerspiegeln: Washington forderte wiederholt, Moskau solle seine Strategie ändern und seine Unterstützung für Assad aufgeben. Allem Anschein nach gibt Washington implizit zu, dass Assads Amtsenthebung nicht mehr oberste Priorität haben sollte.
Und in der Tat gab es eine Zeit, in der westliche Medien vorschlugen, dass auch Moskau – unter dem Druck der USA – helfen könnte, Assad aus dem Amt zu drängen. Es gab sogar Berichte, wonach der russische Präsident Wladimir Putin den legitimen Präsidenten Syriens gebeten hätte, zurückzutreten. Aus diesem Wunschtraum ist indes nichts geworden. Ebenso dürften auch die Bemühungen der USA scheitern, Russland zur Zusammenarbeit zu bewegen, um Maduro aus dem Präsidentensessel zu hieven – weil Moskau den demokratisch gewählten Staatschef Venezuelas weiterhin unterstützt und bisher herzlich wenig den Anschein erweckt, den "Interimspräsidenten" Guaidó besonders ernst zu nehmen.
Während die US-Medien größtenteils noch immer zögern, die Hinweise von Analytikern oder gar die Perspektive von Maduro-Unterstützern wahrzunehmen, dass die Politik Washingtons seit Jahrzehnten Lateinamerika verwüstet, so ist immerhin das von ihnen neuerdings gezeichnete Bild – zumindest etwas – näher an der Realität.
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