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Waffenverkauf an IS, Mord, Raub – US-gestützte Miliz machte syrisches Flüchtlingslager zu Gefängnis

US-gestützte "moderate" Milizen haben Rukban, das Flüchtlingslager in Syrien an der Grenze zu Jordanien, zu einem unmenschlichen Gefängnis gemacht. Dies berichtet die NGO "Stiftung zur Erforschung von Problemen der Demokratie" mit Verweis auf Zeugenaussagen.
Waffenverkauf an IS, Mord, Raub – US-gestützte Miliz machte syrisches Flüchtlingslager zu Gefängnis© http://democracyfund.ru/

US-gestützte "moderate" Milizen haben Rukban, das Flüchtlingslager in Syrien an der Grenze zu Jordanien, zu einem unmenschlichen Gefängnis gemacht. Dies berichtet die Nichtregierungsorganisation "Stiftung zur Erforschung von Problemen der Demokratie" mit Verweis auf Zeugenaussagen.

Rukban, das Flüchtlingslager für Binnenvertriebene in Syrien, hatte in der Vergangenheit mehrfach die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf sich gelenkt – wegen der kargen Lebensbedingungen der Flüchtlinge dort. So zitierte die Zeit Anfang des Jahres einen UN-Bericht, in dem die Vereinten Nationen die "dramatische" Versorgungslage kritisierten. Es kam aber ferner ein Verdacht auf, regierungsfeindliche Terrormilizen würden es als einen getarnten Stützpunkt missbrauchen. Nun veröffentlichte die russische Nichtregierungsorganisation Stiftung zur Erforschung von Problemen der Demokratie einen Bericht, der diesen Verdacht und auch weitere erhärtet. Der Bericht stützt sich auf Aussagen von 219 meist einen bis zwei Tage nach Verlassen des Lagers befragten Bewohner (davon 50 detailliert befragt). Viele der früheren etwa 70.000 ehemaligen Bewohner des Lagers konnten nur dank Verhandlungsbemühungen Russlands das Lager verlassen.

Die frühere Einschätzung der Lebensbedingungen der Lagerbewohner – oder, vielmehr, der Lagerinsassen – muss korrigiert werden: Sie war und ist nicht nur karg, sondern unmenschlich. 15 Prozent der Befragten wurden persönlich Zeugen von Morden, Folter und Fällen, bei denen Menschen zusammengeschlagen wurden. 7,7 Prozent wurden Zeugen von Vergewaltigungen oder sexueller Nötigung gegen Bewohnerinnen des Lagers. 30,5 Prozent wurden Zeugen von Todesfällen von Verwandten oder Bekannten in Rukban. Jeder Vierte gab an, persönlich für eine Äußerung positiver Einstellung gegenüber der legitimen Regierung Syriens und des Willens, das Lager zu verlassen, Opfer von Druck oder Einschüchterung geworden zu sein. Beinahe jeder Vierte berichtete von Anwerbung von Lagerbewohnern durch die Terrormilizen.

Das Schlimmste: Die US-Truppen, die im Stützpunkt At-Tanf nahe des Lagers stationiert sind, scheinen ins System der Lager"verwaltung" deutlich tiefer involviert als bisher angenommen. Das Unwesen, das die "moderaten Rebellen" auf dem Territorium von Rukban treiben, scheint in allen Details von den US-Amerikanern in At-Tanf abgesegnet und gewollt; mehr noch – es scheint, dass sie sich daran beteiligen. Und die absolute Stacheldrahtkrönung der US-Heuchelei: Zeugen zufolge liefern die "moderaten Rebellen" der USA mit deren Zustimmung Waffen an den erklärten Gegner der USA der Region – an die deutlich weniger moderate Terrormiliz Islamischer Staat. 

Dem Krieg entfliehen – an Hunger und Durst sterben

Die Hauptlebensmittel, die die Menschen im Lager haben, sind Reis und Linsen, erzählten ehemalige Lagerbewohner Mitarbeitern der russischen Nichtregierungsorganisation. Auch für Möglichkeiten, die Lebensmittel zuzubereiten, sorgt die Lagerverwaltung nicht.

Meine Frau verkaufte Wasser, um an Geld zu kommen. Zusammen verdienten wir an die 30.000 bis 35.000 Lira. Dieses Geld reichte nur für das Essen – und trotzdem konnten wir uns oft nur eine Mahlzeit am Tag leisten. Kostenloses Essen gab es nicht – nicht einmal für die Kinder. Gegessen haben wir Linsen und Reis. Dann und wann, wenn es ein wenig mehr Geld gab, brachte ich Kartoffeln an den Tisch – nicht jeden Tag. Im Lager Rukban ging es uns sehr, sehr, sehr schlecht", ließ der 35-jährige Ali Half Ali-Schafa wissen.

Die Kinder litten Hunger. Manchmal gab es nur eine Mahlzeit am Tag. Das Leben dort ist sehr schwer. Manchmal gibt es an einem Tag Brot und am nächsten keines mehr. Selbst wenn es mal Gemüse gibt, dann ist es sehr teuer. Es ist schwer, dort so etwas zu kaufen", so der 36-jährige Hirte Muhammad Ali Hammad, der zwei Jahre im Lager einsaß.

In Rukban zu leben, war sehr schwer. Ich habe eine große Familie, es gab Zeiten, da hatten wir nur einmal im Monat Brot auf dem Tisch. Meist gab es gekochten Reis – manchmal sogar ohne Salz. Ich habe acht Kinder: fünf Mädchen und drei Jungen. Eine Tochter ist in Rukban zur Welt gekommen, sie ist jetzt drei. Es war sehr schwer, an Essen zu kommen. Überhaupt war das Leben schwer: Keine Möglichkeit, das Essen zuzubereiten – wir mussten sogar alte Reifen verheizen und über diesem Feuer die Mahlzeiten kochen. Manche starben an Fiebererkrankungen, manche den Hungertod. Das Essen reichte einfach nicht aus. Oft mussten wir unsere Kinder losschicken, damit sie bei reicheren Menschen um Essen betteln", beklagt Mahmud Haled as-Salech, ein Handwerker von 38 Jahren, der seit Gründung des Flüchtlingslagers dort war.

Die Ernährung war äußerst schlecht. Fleisch gab es sehr selten und sehr wenig. Hähnchen haben wir in den drei Jahren nicht ein einziges Mal gegessen – zu teuer", berichtete Muhsen al-Hali. 

Ebenso katastrophal ist die Wasserversorgung in Rukban – man kann sagen, dass sie so gut wie nicht vorhanden ist:

Mit Autos wurde Wasser ins Lager befördert und vom Wagen verkauft, aber wir hatten keine Möglichkeit, es zu kaufen, da uns das Geld fehlte. Ich musste es selbst anschleppen, in Kanistern – an die Grenze zu Jordanien hatte man irgendwelche Leitungen verlegt und Wasserhähne angebracht, zum Abzapfen des Wassers. Wir mussten hingehen, um Wasser zu holen, wir mussten es mit eigenen Händen schleppen. Das Leben dort war sehr hart", sagte Leila Sajl al-Muhammad, die Frau von Muhsen al-Hali.

Gerade bei kleinen Kindern, die in Rukban aufwuchsen, führte eine solche "Diät" zu bleibenden gesundheitlichen Schäden, hält die russische Nichtregierungsorganisation fest. 

Wer stirbt heutzutage schon an Grippe?

Ein separates Kapitel im Bericht der Stiftung zur Erforschung von Problemen der Demokratie nehmen das schon angedeutete katastrophale Fehlen jeglicher medizinischer Versorgung und die zum Himmel schreiende Antisanitarie ein – auch dies fordert viele Opfer: Nach eigener Einschätzung der Flüchtlinge sterben in Rukban etwa 20 bis 30 Menschen an Krankheiten und Verletzungen, die normalerweise problemlos heilbar wären. Der 40-jährige Handwerker Ali Ahmed Musawech, vier Jahre lang Insasse des Lagers, beklagt:

Ärzte gab es dort nicht. Man konnte sich lediglich mit eigenem Geld Arzneien kaufen und sich selbst verarzten. Meine Frau hatte im neunten Monat der Schwangerschaft eine Blutung – und das Kind kam tot zur Welt.

Auch Fuas Awad al-Dschasi, 41 Jahre alt, vier Jahre lang im Lager, bestätigt diese schreckliche Tendenz:

Mein Kind und ein Neffe starben wegen fehlender ärztlicher Versorgung. Mein Kind war acht Monate, mein Neffe drei Jahre alt.

Ali Ahmad Hlef, ein Student von nur 23 Jahren, brachte vier Jahre seines jungen Lebens im Lager zu. Ihm fiel insbesondere Folgendes auf:

Im Lager herrscht die übelste Antisanitarie, die man sich vorstellen kann: Die Straßen sind dreckig, überall Essensreste und Müll, Tiere – Ratten. Die Tiere haben Infektionskrankheiten übertragen – Fliegen riefen oft Hautkrankheiten hervor, besonders bei Kindern.

"Mo(r)derate Rebellen" als Lagerverwalt(ig)ung

Zuvor ging man bei den Terrormilizen davon aus, sie seien in der Umgebung des Lagers zwar aktiv, im Lager selbst aber lediglich in der Form von Schläferzellen präsent (was schon schlimm genug wäre). Die Terrormilizen befahren das Lagerterritorium mit ihren Fahrzeugen, tragen offen Waffen und setzen diese bei Streitigkeiten gegeneinander, aber auch gegen die Zivilbevölkerung des Lagers ein. Sie überziehen das Lagerterritorium mit Raub, Mord, Lösegelderpressungen und Willkür, zwingen Frauen und Minderjährige zur Prostitution oder vergewaltigen sie.

Das war vor zwei Jahren – ich bat meine Tochter, im Laden Brot zu holen. Sie ging hin, und auf der Straße sah sie ein Kämpfer. Er bat sie, mit ihm zum Markt zu kommen, um Gemüse einzukaufen. Sie kam mit, aber er änderte plötzlich die Richtung. (…) Sie fuhren zur Grenze des Lagers, er hielt dort an und fing an, sie zu küssen. Er hätte sie fast vergewaltigt – damals war sie neun Jahre alt. Er hat es nicht geschafft, andere Kämpfer haben ihn gestört – aber es blieb nur eine Minute, dann hätte er sie vergewaltigt. (...) Der Sohn einer Nachbarin wurde entführt, Mahmud Hascha, er war vier. Sie haben das Lösegeld bezahlt und sich ihren Jungen wiedergeholt. Ich habe oft gehört, dass andere Kinder im Lager entführt wurden. Manche der Kämpfer wohnen im Lager, sie haben dort eigene Häuser. Sie entführen Kinder, halten sie bei sich zuhause und verlangen Lösegeld für sie. Es gab Fälle, als Frauen gezwungen waren, bei den Kämpfern der Milizen anschaffen zu gehen – wegen der Armut, für Geld, um Essen zu kaufen. Viele Kinder kamen so auf die Welt", berichtete Fatima Hussein Dschmeid, die mit ihren 24 Jahren vier davon im Lager Rukban einsaß.

Der 35-jährige Ali Half Ali Schafa verbrachte ebenfalls vier Jahre in Rukban, auch er spricht von Prostitution und Vergewaltigung:

Es gab viele Fälle von Vergewaltigung. Aber unsere Religion verbietet, das publik zu machen, weil es sich um eine schandhafte Tat handelt. Aus diesem Grunde wird das geheim gehalten. In vielen Fällen waren die Frauen zur Prostitution gezwungen – wegen des Geldes, um Essen zu kaufen. Viele Frauen haben keinen Mann, müssen aber ihre Kinder füttern und versorgen, darum waren sie dazu gezwungen.

Die 34-jährige Fasa Abdallah al-Abdallah stellt lakonisch fest:

Viele Frauen wurden von anderen schwanger, nicht von ihren Männern. Der Grund war der Hunger, die Armut. Sie brauchten Geld, um ihre Familien zu ernähren.

Chaled Hussein al-Hussein, 39, drei Jahre in Rukban, bestätigt:

Manche Frauen verkauften sich selbst an die Miliz-Kämpfer. Prostitution. Sie hatten keine Wahl.

Auch wenn jemand das Lager verlassen will, ob permanent oder nur zeitweise, etwa um sich in einem Krankenhaus auf dem Territorium unter Kontrolle der Regierung oder im benachbarten Jordanien behandeln zu lassen, werden hohe Geldsummen verlangt. Die Milizen sehen es allerdings sehr ungern, wenn jemand das Lager permanent verlässt – Zahlwilligen werden Lügen über die Welt außerhalb des Lagers aufgetischt, wonach das syrische Militär und die Polizei zurückkehrende Flüchtlinge misshandeln, ausrauben oder gar töten würden. Oft heißt es auch lapidar, die Straßen seien geschlossen. Zudem gibt es auf dem Lagerterritorium beziehungsweise um Rukban herum auch Minenfelder.

Die Frau meines Bruders ist dort gestorben. Sie hieß Nurf al-Mat. Im Lager gibt es keine Medizin. Wir versuchten, das Lager zu verlassen und in ein Gebiet unter der Regierungskontrolle zu gehen, zur Behandlung. Doch für die Ausfahrt wurde viel Geld verlangt. 200.000 pro Kopf", teilt Qassem Muhammad Hammud mit, der dreieinhalb seiner 44 Lebensjahre in Rukban zubrachte.

Sehr schlecht steht es um die ärztliche Versorgung im Lager. Es gab einen Unfall – ein Auto hat mich angefahren. Ich lag ein Jahr lang nur im Bett. Nach Syrien herauszufahren, war verboten, das Lagergelände zu verlassen, war verboten. Und wenn jemand unbedingt fahren will, musste man viel Geld zahlen. (...) So sind viele gestorben, weil es weder Ärzte noch Arzneien gab", erzählt die 34-jährige Fasa Abdallah al-Abdallah, die vier Jahre im Lager einsaß.

Viele Zeugen gibt es für das gewaltsame Festhalten der Flüchtlinge im Lager, für Erpressung von Schutz- und Ausfahrgeld. So spricht der schon erwähnte Ali Half Ali Schafa von Folter, der die Kämpfer der Milizen Ausreisewillige unterzogen:

Es gab keine Möglichkeit, frei auszureisen. Als wir dort angekommen waren, dachten wir, das ist syrisches Staatsgebiet – doch das war gelogen, man ließ uns später nicht ziehen. Viele versuchten trotzdem, aus dem Lager zu fliehen, doch wer es schaffte, hatte eben Glück – und wen die Kämpfer erwischten, der kam ins Gefängnis. Wen sie schnappten, unterzogen sie manchmal der Folter:

Schnappten sie jemanden und versprach dieser, es in Zukunft bleiben zu lassen, dann kam er wieder frei. Doch wenn es Widerrede gab, oder wenn jemand wiederholt versuchte, aus dem Lager zu fliehen, wurden solche Personen bestraft, gefoltert – zum Beispiel an den Füßen unter der Decke aufgehängt.

Es gab aber ohnehin nicht besonders viele Fluchtwillige – die meisten hatten Angst, man würde auf sie schießen.

Wollte jemand normal ausreisen, musste man dafür bis zu 100.000 zahlen – je nach Situation. Die meisten konnten sich das nicht leisten, es war ja nicht einmal genug zum Leben da.

Der 39-jährige Elektriker Jasser Omar, vier Jahre Insasse in Rukban, erklärt, wie trotz der hohen Ausreisegeldforderungen manchen dennoch gelang, das Lager zu verlassen:

Von dort wegzukommen, ist sehr schwer, den Menschen war es verboten, beziehungsweise, man brauchte dafür viel Geld. Auch sagte man uns einfach, es sei verboten, das Lager zu verlassen, ich weiß nicht wieso. Die Kämpfer der Milizen verboten es uns einfach.

Manchen gelang die Flucht, manchen nicht. Ich versuchte es gar nicht erst – ich hatte Angst. Sie hätten mich zusammenschlagen oder töten können.

Um aus dem Lager zu kommen, habe ich 50.000 bezahlt. Man muss bezahlen, sonst lassen sie einen nicht ziehen. Pro LKW muss man 700.000 bezahlen. Manchmal fahren mehrere Familien mit einem LKW raus: Sie sammeln dafür 50.000 bis 70.000 pro Familie, und so bekommen sie diese Summe zusammen.

Wie im guten alten Afghanistan der 1980er-Jahre: Terror als Werkzeug der USA

Das Schlüsseldetail dieses Mosaiks des Grauens ist die Beziehung des US-Militärs im benachbarten Stützpunkt At-Tanf und der im Flüchtlingslager Rukban aktiven Terrormilizen. Im Mai dieses Jahres warf Russlands Außenminister Lawrow den USA bereits vor, die Terroristenbanden in der Umgebung von At-Tanf und Rukban zu dulden, damit diese die Binnenvertriebenen im Flüchtlingslager als Geiseln halten – damit würden die USA ihre Militärpräsenz in der Region legitimieren. Doch die Zeugenaussagen der Lagerinsassen offenbaren ein noch widerwärtigeres Bild – mit den US-Amerikanern vom Tanfer Stützpunkt verbindet die "moderaten Rebellen" nämlich eine wunderbare, beidseitig lukrative Freundschaft zu Lasten der Lagerbewohner – und zu Gunsten des Islamischen Staates.

Der 41-jährige Händler Fuas Awad al-Dschasi hielt in den vier Jahren seines Aufenthalts in Rukban die Augen und Ohren offen – und liefert das beste Zeugnis dafür:

Man hatte nichts zum Leben, deswegen traten die Leute auch unterschiedlichen Milizen bei – all diese Milizen sind den US-Amerikanern unterstellt. Ihre Ausbildung hatten sie auf dem Stützpunkt in At-Tanf, oder auch in Jordanien, und sie sind alle mit Waffen aus den USA ausgestattet. Die Kommandeure der Milizen hielten ständig Versammlungen mit den US-Amerikanern ab, jeden Abend treffen sich Befehlshaber von Feuer- und Kontrollstellungen mit den US-Amerikanern: Da ruft ein Dolmetscher an und sagt, 'wir kommen zu dir'. Sie schlachten dann einen Hammel und gehen mit den US-Amerikanern zu Tisch.

Die US-Amerikaner haben Drohnen gestartet, sie hatten ständig eine in der Luft; sie fuhren auch ins Lager ein, auf Hummer-Geländewagen. Ich selbst habe US-Amerikaner in diesen Autos gesehen. Manchmal kommen US-Amerikaner in Begleitung von Milizen-Kämpfern, nehmen jemanden fest und fahren ihn weg – dann wird ein Lösegeld von 10.000 US-Dollar verlangt, damit er wieder freikommt. Er wird ins Gefängnis gebracht und solange festgehalten, bis für ihn gezahlt wird. Einmal haben US-Soldaten bei Hussein al-Ali, dem Vertreter von Muhammad Abdul, 190 Kilogramm Drogen gefunden. Sie haben ihn für sieben Tage ins Gefängnis gebracht und 23.000 US-Dollar für ihn genommen. Muhammad Abdul ist der wichtigste der Miliz-Kämpfer dort, die mit Drogen zu tun haben. Er ist Oberstleutnant, von der Vierten Division [der Syrischen Arabischen Armee] übergelaufen. Es gibt aber auch einige, die Ausgrabungen betreiben und historische Raritäten für die US-Amerikaner suchen. Sie fahren in Autos herum und suchen danach, und was sie finden, übergeben sie den US-Truppen.

Neben Maghawir as-Thawra gibt es eine Miliz um den Kommandeur Raqa al-Buddein, an die 70 Mann, eine um dem Kommandeur Glis Abu Hamud, an die 100 Mann, dann die 300 Kämpfer des Abu Hara Rabis, an die 60 Mann des Saiid al-Kadur, er gilt als Polizeichef von Rukban, und weitere mehr. Alle diese Gruppierungen gehorchen den US-Amerikanern. Die US-Truppen haben Stützstellungen – von diesen aus lassen sie Waffen für den Islamischen Staat abtransportieren. Zum Beispiel verkauft Mofad al-Muchtar dem IS Waffen, Raketen und andere Munition. Er bekommt sie aber direkt vom Stützpunkt in At-Tanf. Ein anderer Mann, Kacha Mukda, arbeitet im Aufklärungsdienst des Islamischen Staates. Er wird von den US-Amerikanern kontrolliert. Diese Menschen versorgen den IS – und finden sich alle im Flüchtlingslager Rukban, Milizen mit vielen Waffen, die sie an den IS und anderweitig verkaufen.

Auch Ali Half al-Schafa berichtet von einer Präsenz der Terrormiliz Islamischer Staat im Flüchtlingslager:

Im Lager waren IS-Kämpfer. Die Menschen sagten immer wieder 'dieses Haus da, da wohnen IS-Mitglieder', oder auch 'hier gibt es Menschen, die dem IS helfen'. Solche Gespräche gab es unter den Leuten.

Dass Jordaniens Grenze – ob nun vom Königreich beabsichtigt oder nicht – für Terrormilizen aus der Gegend um At-Tanf herum durchlässig ist, bestätigt der 22-jährige Metzger Ahmad Hussein Schichan, der vier Jahre in Rukban verbringen musste:

Menschen wurden ins Gefängnis in At-Tanf verschleppt, das sich auf dem US-Stützpunkt befindet. Und von dort brachte man sie manchmal nach Jordanien.

Der bereits zitierte Mahmud Haled as-Salech weiß zu berichten:

Früher hatten wir keine Möglichkeit, rauszufahren. Wir hätten viel Geld dafür zahlen müssen – die Möglichkeit hatten wir nicht. Und sobald es möglich wurde, sind wir rausgefahren. Die Kämpfer hatten an der Grenze des Lagers ihren Stab und fuhren oft mit den US-Amerikanern zu deren Stützpunkt in At-Tanf.

Es kommt der dringende Verdacht auf, dass die US-Truppen im Tanfer Stützpunkt absichtlich für unmenschliche Lebensbedingungen im Lager sorgten, um den Terrormilizen steten Zulauf an Rekruten zu verschaffen.

Einer, bei dem sie es geschafft haben, war der 27-jährige Fahd Dahan Hmedi. Er ließ sich von der Terrormiliz Maghawir as-Thawra rekrutieren, um zu überleben – der Terrormiliz, die vom US-Militär als Gruppierung "moderater Rebellen" und als Verbündete gehandelt wurde:

Ich war bei den Milizkämpfern, aber nur wegen der Hungersnot. Vier Monate, nachdem ich ins Lager kam, bin ich Maghawir as-Thawra beigetreten. Sie waren den US-Amerikanern unterstellt. Wir wurden sofort zum Stützpunkt in At-Tanf gefahren, eine Gruppe von 35 Mann. Wir bekamen eine militärische Grundausbildung – am Sturmgewehr, mit Schießtraining. Es gab M16-Sturmgewehre. Dann bekamen wir einen Monatslohn von 300 US-Dollar. Wir wurden zum Wachdienst abkommandiert – haben das Rukban-Lager bewacht.

Wenn uns jemand nicht gefiel, kam es vor, dass wir ihn zusammengeschlagen haben. Wir sind nicht gut mit den Menschen umgegangen, haben sie bedroht. Konnten Eigentum zerstören, zum Beispiel, damit der ehemalige Besitzer uns beitritt, Hühner oder Schafe töten, irgendetwas zerstören, um Kollaboration zu erzwingen. Wer kein Geld hatte, kam aus Rukban nicht raus – man brachte ihn von der Grenze sofort wieder ins Lager", gesteht der ehemalige Terrorist.

Der 37-jährige Student Amdschad Nader Schichan, der vier Jahre im Flüchtlingslager Rukban einsaß, meint dazu:

Sehr schwere Lebensbedingungen. Die Menschen leben in Zelten. An Arzneien gibt es nur Kopfschmerztabletten. Es gab sehr karge Tage: mal eine Mahlzeit am Tag, mal zwei. Ich bin der Ansicht, dass die US-Amerikaner Schuld haben: Sie haben die Straßen zum Lager abgesperrt – und sofort gingen alle Preise hoch.

Kassem Muhammad Hammud, 43 Jahre alt, drei Jahre im Lager, spricht es direkt an:

Die US-Truppen kontrollierten das Flüchtlingslager und benutzten dafür die Milizen. Sie haben die Schuld – insbesondere, was die mangelnde Sicherheit der Kinder im Lager angeht. Eltern konnten ihre Kinder nicht frei auf der Straße spielen lassen, weil es nicht sicher war. Die Kämpfer haben sehr oft geschossen – weil sie irgendwelche Konflikte untereinander hatten, oder auch einfach so, in die Luft – und dann trifft eine Streukugel zufällig ein Mädchen oder einen Jungen.

Einmal haben die US-Truppen alle Straßen zum Lager abgesperrt. Sie haben sogar das Wasser abgedreht. Sie haben alles getan, damit die Menschen Not leiden und den Milizen beitreten.

Kassem Muhammad Schachud, ein 39-jähriger Handwerker, der drei Jahre im Lager einsaß, bestätigt die Materialversorgung der Terroristen vom US-amerikanischen Stützpunkt in At-Tanf:

Die Milizen haben US-amerikanische Waffen, Maschinengewehre auf Pick-ups. Sie hatten M16-Sturmgewehre. Ihre Kämpfer haben 400 US-Dollar pro Monat bekommen, und ihre Ausbildung lief auf dem Stützpunkt in At-Tanf. Die Milizen sind den US-Amerikanern unterstellt, die sie mit Geld und Waffen versorgen. Sie bekommen alles von den US-Amerikanern.

Die Einschätzung seitens Generaloberst Michail Misinzew, Chef des Nationalen Verteidigungszentrums der Russischen Föderation, und Hussein Machluf, Syriens Minister für Kommunalverwaltung und Umwelt, die beide das Flüchtlingslager Rukban ein "Todeslager" (so von Sputnik zitiert) nannten, scheint sich auf erschreckende Weise bewahrheitet zu haben. Und die Rolle des US-Militärs bei dieser Sache scheint alles andere als edel.

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