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London will Teheran mit seinen eigenen Schulden erpressen

Der Streit dauert bereits 40 Jahre: Großbritannien schuldet dem Iran sehr viel Geld und weigert sich, die Schuld zu begleichen. Jetzt verknüpfte London diesen alten Fall mit der im Iran inhaftierten Journalistin Zaghari-Ratcliffe.
London will Teheran mit seinen eigenen Schulden erpressenQuelle: AFP © Roslan Rahman

Der Fall ist eigentlich klar: Zwischen den Jahren 1971 und 1976 unterzeichnete der International Military Service (IMS), eine britische Regierungsbehörde zur Abwicklung von Rüstungsgeschäften mit dem Iran, Verträge für den Verkauf von mehr als 1.500 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen im Wert von 650 Millionen britischer Pfund. Teheran bezahlte die volle Summe im Voraus und erhielt bis ins Jahr 1979 185 Panzer. Doch aufgrund des Sturzes von Schah Mohammad Reza Pahlavi durch die islamische Revolution drei Jahre später, lieferte Großbritannien die bereit produzierten Panzer an Jordanien und im Geheimen auch an den iranischen Erzfeind Irak.

Seitdem besteht die nach dem untergegangenen Imperialen Staat Iran gegründete Islamische Republik Iran auf die Rückzahlung aus dem nicht erfüllten Teil des Vertrages – etwa 350 Millionen britische Pfund. Großbritannien weigert sich allerdings bis heute, dieser Forderung nachzukommen und führte einen langen juristischen Streit vor der Internationalen Handelskammer in Den Haag.

Doch auch diesen Streit verloren die Briten mit der Entscheidung des Schiedsgerichts im Jahr 2009, dass London das Geld an den Iran zurückzuzahlen habe. Das Verteidigungsministerium in London legte in Erwartung solch einer Entscheidung bereits im Jahr 2002 fast 486 Millionen britischer Pfund zurück, um etwaige Kosten im Falle einer Niederlage decken zu können. Da aber der Iran unter EU-Sanktionen steht, konnte – und wollte – London das Geld nicht an Teheran überweisen.

In der Zwischenzeit brach auch ein Streit über die Höhe der Zinsen aus, die Großbritannien für die jahrzehntelange Zurückhaltung der iranischen Gelder zu leisten habe. Doch unabhängig davon, ob man sich in dieser Frage einigen könne oder nicht, so das Verteidigungsministerium in London, werde das Geld nicht überwiesen. Begründung: der Iran könne das Geld für weitere "militärische Aktivitäten" in Gebieten verwenden, in denen britische Interessen gefährdet seien.

Aus internen Regierungsdokumenten die dem Guardian vorliegen zeigt sich aber, dass es in der Vergangenheit vor allem auch einen Machtkampf zwischen dem britischen Verteidigungs- und dem Außenministerium über die Frage der Auszahlung gab. Während das Außenministerium eher den Willen für eine Einhaltung der Entscheide aus dem Schiedsgericht zeigte, war das Verteidigungsministerium stets strikt dagegen.

Eine neue Wendung erhielt dieser Fall nun ausgerechnet durch Außenminister Jeremy Hunt. Er gab Gerüchten und Spekulationen Auftrieb, dass die im Iran inhaftierte britisch-iranische BBC-Journalistin Nazanin Zaghari-Ratcliffe als Faustpfand verwendet werden könnte:

Das Problem ist, dass wenn man Lösegeld für eine Geisel zahlt, dann holt man nur diese eine Geisel heraus. Aber das nächste Mal, wenn sie etwas wollen, nehmen sie einfach jemand anderen als Geisel. Das ist das Problem, das wir haben.

Zaghari-Ratcliffe wurde im April 2016 am Teheraner Flughafen verhaftet, als sie mit ihrer kleinen Tochter nach einem Familienbesuch das Land verlassen wollte. Sie wurde der Spionage angeklagt und zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Tochter ist seitdem unter der Obhut ihrer iranischen Familie.

Bisher betrachtete das britische Außenminister die Verhandlungen rund um die britischen Schulden stets losgelöst von der Frage um die inhaftierte Journalistin. Auch Bahram Ghasemi, Sprecher des iranischen Außenministeriums, sagte noch im November 2017, dass die "Rückzahlung der britischen Schulden an den Iran nicht im Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Fall stehen". Es handele sich um "zwei unterschiedliche Angelegenheiten", so der Sprecher

Selbst Richard Ratcliffe, der Ehemann von Nazanin, zeigte sich überrascht über diese Wendung und steht dieser Entwicklung skeptisch gegenüber. "Es fühlt sich so an, als ob wir sehr explizit als Druckmittel benutzt werden", meinte er dazu. 

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