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China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung – Teil 2

Die kommunistisch koordinierten kapitalistischen Praktiken haben aus der Volksrepublik China, einem einst kolonial verarmten Entwicklungsland, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde gemacht – und einen direkten Konkurrenten der USA bei der Gestaltung der Globalisierung.
China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung – Teil 2Quelle: www.globallookpress.com

In seinem aktuellen Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" untersucht Werner Rügemer abschließend den Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Supermacht und damit zum direkten Konkurrenten der USA. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht RT Deutsch nachfolgend Teile des Kapitels "China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung".

Der KP-Vorsitzende Xi Jinping kritisierte in seiner Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum 2017 die gegenwärtigen Kriege des Westens sowie "die exzessive Profitjagd durch das Finanzkapital (...) die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich und zwischen Norden und Süden (...). Das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt mehr Reichtum als der Rest der 99 Prozent (...). Für viele Familien ist ein warmes Haus, genug zu essen und eine sichere Arbeit immer noch ein ferner Traum." Die Umkehr könne nur durch gleichberechtigte, friedliche Globalisierung erreicht werden. Eine solche Globalisierung hat China bisher praktiziert und führt sie fort.

Teil I – Allmähliches Vorrücken ins kapitalistische Zentrum

Teil II – Regionale und kontinentale Kooperationen

Mit den fortgesetzten internationalen Investitionen und Handelsbeziehungen hat China mehrere regionale und kontinentale Kooperationen initiiert. Sie sind der jeweiligen Situation angepasst.

Shanghai Cooperation Organisation (SCO)

Auf Initiative von China wurde 2001 die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit gegründet. Als eine eurasische Union umfasst sie neben der Volksrepublik auch Russland, Indien, Pakistan, Kirgisien, Tadschikistan, Usbekistan und Kasachstan. In diesen Staaten wohnen etwa 40 Prozent der Menschheit. Als Beobachterstaaten kamen die Mongolei, Afghanistan, Weißrussland und der Iran hinzu. Weitere zehn Staaten haben Dialog- und Gaststatus. Gründungsziel war die Bekämpfung von Terrorismus und Separatismus, deshalb werden auch kleinere Militärmanöver organisiert. In der Folgezeit kamen wirtschaftliche Kooperationsprojekte hinzu. Der IWF, der sich unbeliebt gemacht hat, wird allmählich durch chinesische Kreditgeber ersetzt. Während der Westen sich in Afghanistan militärisch eingräbt, entwickelt die SCO sogar dort Infrastrukturprojekte.

BRICS

Auf anderen gemeinsamen und keineswegs einheitlichen Interessen beruht der Zusammenschluss Chinas mit den Schwellenländern Brasilien, Indien, Russland, Südafrika (BRICS). Sie repräsentieren fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Seit 2009 treffen sich die Regierungen reihum in den Hauptstädten, um Kooperationen zu vereinbaren. China hat Ägypten, Mexiko, Thailand, Tadschikistan und Guinea zur Teilnahme eingeladen.

Als Antwort auf das von Obama initiierte Pazifische Freihandelsabkommen (TPP) – inzwischen von Trump ohnehin blockiert – treibt China eine Asien-Pazifik-Freihandelszone (FTAAP) voran. Die Sanktionen, die von der US-Regierung unter Trump nicht nur gegen China, sondern auch gegen US-Verbündete wie die EU und Kanada gerichtet sind, haben beim BRICS-Treffen 2018 in Südafrika zu gemeinsamem Protest geführt: Die multilateralen Institutionen UNO und WTO und die Herrschaft des Rechts müssten gestärkt werden. Zusätzlich nahmen Regierungsdelegationen aus 18 afrikanischen Staaten sowie Argentiniens und der Türkei an den Beratungen teil.

Forum für China-Afrika-Kooperation (FOCAC)

China wurde innerhalb eines Jahrzehnts auch zum größten Handelspartner für Staaten des afrikanischen Kontinents. Im Forum für China-Afrika-Kooperation (FOCAC), 2000 gegründet, wurden alle Staaten des Kontinents Mitglied, außer Swasiland – als einziger unterhält dieser Staat diplomatische Beziehungen zu Taiwan. China fördert die Gründung von kleinem Gewerbe, von kleinen Textilfabriken und dezentralen Solar- und Biogas-Projekten, aber auch den Abbau von Erdöl und den Anbau von Baumwolle. Das ist verbunden mit der Entwicklung der Infrastruktur. So bauen chinesische Unternehmen in Tansania die Eisenbahnverbindung zwischen dem Hafen Daressalam und dem Nachbarland Sambia. Entlang der Strecke entstehen Fabriken als chinesisch-tansanische Joint Ventures. Die 725 Kilometer lange Eisenbahnverbindung zwischen Addis Abeba und Djibuti ist die erste voll elektrifizierte in Afrika.

McKinsey muss feststellen: Die etwa 10.000 chinesischen, meist privaten Unternehmen auf dem Kontinent tragen zur Verbilligung von Produkten und zur gezielten Ausbildung von Managern und Arbeitern bei. Chinas Investitionen sind "äußerst positiv für die Volkswirtschaften Afrikas, für Regierungen und Arbeiter".

Viele afrikanische Staaten sind ökonomisch und politisch von westlichen Staaten abhängig. Aber China zeigt, wie der Weg aus Unterentwicklung aussehen kann. So können auch afrikanische Unternehmen viel leichter in China investieren. Neuerdings wird auch die Zusammenarbeit bei Verteidigung, Sicherheit, Terroristenbekämpfung und Waffenlieferungen mit 49 afrikanischen Staaten vertieft.

China-CELAC Forum

Südamerika ist zeitlich der letzte Kontinent, den China für sich erschließt. Für wichtige Staaten wie Brasilien, Peru, Chile und Venezuela wurde die Volksrepublik schnell zum größten Handelspartner.

Die zeitliche Verzögerung hat damit zu tun, dass Südamerika seit über einem Jahrhundert der "Hinterhof" der USA war und vielfach noch ist oder wieder werden soll. Die 33 Staaten Lateinamerikas selbst haben sich erst 2011 zur Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños (CELAC, Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) zusammengeschlossen. Damit soll die nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA gegründete und beherrschte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS, Sitz Washington) abgelöst werden. Alle Staaten des Kontinents und der Karibik sind Mitglied in CELAC – außer den kolonialen Rest-Territorien der Niederlande (Antillen), Frankreichs (Guayana), Großbritanniens (Falkland, Cayman und Virgin Islands, Bermuda) und der USA (Bahamas), die außen-, handels- und steuerpolitisch weiter von ihren ehemaligen Herren und Königinnen abhängig sind.

2013 verkündete US-Außenminister John Kerry: Die Ära der Monroe-Doktrin ist zu Ende. Damit war zumindest rhetorisch der "Hinterhof"-Status Süd- und Mittelamerikas aufgegeben. Die USA waren in mehreren Staaten des Kontinents als Entwicklungshindernis kritisiert worden, etwa durch die venezolanische Regierung unter Hugo Chavez. Schon 1997 hatten die USA ihr Southern Command von Panama nach Miami verlegt. 2000 übernahm Panama nach einem Jahrhundert von den USA die Regie über den Panama-Kanal.

China hat 2014 das China-CELAC Forum initiiert. Der 2015 beschlossene Kooperationsplan, der bis 2019 läuft, regelt die verschiedenen Formen und Foren der Kooperation, auf Ebene der Regierungen, der Unternehmen und Experten. Zwischen Chile und China soll ein 19.000 Kilometer langes Hochleistungs-Unterseekabel verlegt werden. China hat die CELAC-Staaten auch eingeladen, der Asian Investment and Infrastructure Bank (AIIB) beizutreten. Es geht aber nicht nur um Infrastruktur, Technologie und Finanzen, sondern auch um Kultur, Bildung, Umweltschutz und Tourismus.

Globales Elektrizitätsnetz

Chinas übergreifendes internationales Konzept ist seit 2013 die Neue Seidenstraße. Ein Teilprojekt, das schon vorher begonnen wurde, ist das Globale Elektrizitätsnetzwerk.

Der staatliche Netzbetreiber State Grid Corporation of China (SGCC) koordiniert die Beteiligung an Stromnetzen in anderen Staaten, so bisher in Laos, Brasilien, Chile, Portugal, Italien, Spanien, Griechenland, Mosambik, Südafrika und auf den Philippinen. SGCC ist auf der Fortune-500-Liste nach WalMart das zweitgrößte Unternehmen der Erde.

Chinesische Unternehmen haben die von Siemens und Asea Brown Boveri (ABB) produzierten Ultra-Hochspannungskabel weiterentwickelt (ultra high voltage, UHV). Sie sind die schnellsten und leistungsfähigsten der Welt mit dem geringsten Transportverlust. SGCC hat in China bereits 37.000 Kilometer verlegt. Die Kabel werden auch in den ausländischen Stromnetzen eingebaut. Daraus soll ein interkontinentales Stromnetz entstehen, an dem bis 2050 etwa 100 Staaten beteiligt sein sollen.

Gleichzeitig wird die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien gefördert. Damit sollen die Kosten und die Umweltbelastung sinken, auch durch leichteren Ausgleich von Über- und Unterlastung. Eins der Szenarien lautet: Elektrizität, im Kongo mit Wasserkraft produziert, wird mit UHV nach Europa transportiert.

Nationale und globale Kreditvergabe

China hat für das Netzwerk von 2013 bis Anfang 2018 bereits 452 Mrd. US-Dollar investiert. Für die Neue Seidenstraße, die letztlich alle Kontinente einbeziehen soll, sind noch wesentlich mehr Kredite nötig. Neben Elektrokonzernen wie SGCC verfügt China über ein großes Spektrum von Kreditgebern. Vier chinesische Banken sind die vom Umsatz her größten Banken der Erde.

Dabei gibt es einen systemischen Unterschied: Die US-Banken haben zwar weniger Umsatz, aber einen höheren Aktienwert. Die chinesischen Banken fördern die Realwirtschaft einschließlich steigender Löhne, während die westlichen Banken die Realwirtschaft – insbesondere die Arbeitskraft und die unersetzlichen Ressourcen – auszehren und für ihre eigene Wertsteigerung nutzen.

Daneben finanzieren die China Development Bank und zahlreiche Spezialfonds Klima-, Energie- und Agrarprojekte. Auf Initiative Chinas wurde 2015 die Asia Infrastructure Investment Bank (AIIB) gegründet, China hält die Sperrminorität, fünf Dutzend asiatische und EU-Staaten sind beteiligt. Mit den BRICS-Staaten gründete der chinesische Staat 2014 die New Development Bank (NDB), um sich noch weiter von Weltbank und IWF zu befreien; im Unterschied zur Weltbank, wo die Abstimmungsrechte von der Höhe der Kapitaleinlage der Staaten abhängen und die USA dominieren, haben in der NDB alle Staaten eine gleichgewichtige Stimme.

Die Gürtel- und Straßen-Initiative

Die Neue Seidenstraße, Belt and Road Initiative (BRI, Gürtel- und Straßen-Initiative), knüpft an die alte Seidenstraße an: Das war ein Netzwerk von Handelsrouten, über die seit der Antike Waren zwischen China und dem Mittelmeer transportiert wurden. Für die mindestens 6.400 Kilometer brauchten Karawanen damals bis zu zwei Jahre – wenn sie überhaupt durchkamen. 2008 brauchten Güterzüge mehr als einen Monat, demnächst brauchen sie zwischen Suzhu/Ostchina und Duisburg nur noch zehn Tage. Schon jetzt wird Elektronik, von Hewlett Packard und Asus in Chongqing produziert, nach Duisburg transportiert, und auf dem Rückweg transportieren die Containerzüge BMW-Teile aus Leipzig nach China. BRI ist derzeit das größte wirtschaftliche Kooperationsprojekt der bisherigen Menschheit. Es kann auch als Alternative zu der von den USA und der EU forcierten Politik gesehen werden, die nach dem Scheitern der WTO und nach dem von US-Präsident Trump forcierten Wirtschaftskrieg verstärkt auf bilaterale Handelsverträge (EU-Kanada, EU-Japan u. ä.) setzen. China setzt dagegen auf multipolare und multinationale Strukturen. So besteht die Neue Seidenstraße aus zwei Hauptrouten, dem Wirtschaftsgürtel über den Landweg und über den Seeweg. Beide Routen werden durch Korridore, Nebenstrecken, Industrieansiedlungen und Infrastrukturprojekte mit- und untereinander verbunden.

Bisher sind 68 Staaten beteiligt, aus Europa bzw. Eurasien 23, aus dem Nahen Osten und Afrika 16, aus Ost- und Südostasien 13, aus Mittel- und Südasien 13 – weitere können hinzukommen. Bisher hat China etwa eine Billion US-Dollar investiert, vereinbart oder geplant. Gleichzeitig investieren auch beteiligte Staaten und Unternehmen.

Mit diesen Investitionen sollen auch neue Industrien und Dienstleistungen entstehen, der gegenseitige Handel soll weiter wachsen: Mit Beginn wuchsen die Exporte der beteiligten Staaten nach China schneller als die Exporte Chinas in diese Staaten. Schon bisher sind bei den BRI-Projekten etwa 200.000 neue Arbeitsplätze entstanden.

Auch die Traditionelle Chinesische Medizin gehört dazu

In die Seidenstraße ist etwa auch die Traditionelle Chinesische Medizin eingebunden. Sie wird in China verstärkt gefördert. Zwei Dutzend Zentren für Forschung und Praxis wurden auch bereits im Ausland eingerichtet. Dabei wird mit vergleichbaren Methoden in anderen Kulturen experimentiert, etwa in Verbindung von Akupunktur mit moderner Medizintechnik. So entwickeln in Afrika einheimische Doktoren zusammen mit chinesischen "Barfuß-Ärzten" die Verbindung mit afrikanischer Heilkräuter-Behandlung. Man kooperiert mit der internationalen Organisation "Ärzte ohne Grenzen". Am Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin an der Universität von Guangzhou wird geforscht, wie bei AIDS das Immunsystem gestärkt werden kann. Die Entwicklung hat auch in der etablierten Öffentlichkeit an Aufmerksamkeit gewonnen, nachdem die Pharmakologin Tu Youyou 2015 den Medizin-Nobelpreis bekommen hatte – sie forscht über die Behandlung von Malaria mithilfe alter Methoden.

Ost- und Südeuropa

Die EU hat in den 1990er Jahren, nach der Zerschlagung Jugoslawiens und dem Zusammenbruch der anderen sozialistischen Staaten, diverse Pläne zum wirtschaftlichen Aufbau Ost- und Südeuropas aufgelegt. So definierten die EU-Verkehrsminister 1994 bei ihrer Konferenz, die bewusst in Kreta stattfand, "Prioritätskorridore" für modernisierte Eisenbahnverbindungen mit dem begleitenden Ausbau von Straßen- und Wasserwegen.

Doch aus diesen Plänen wurde fast nichts. Die von der Troika aufgezwungene Sparpolitik trug ebenso dazu bei wie das mangelnde Interesse der neuen Finanzakteure: Hier müsste erst etwas Neues aufgebaut werden, bevor es nach der Methode von BlackRock und Blackstone verwertet werden kann. Einzelne "Leuchttürme" wurden in die Landschaft gestellt, etwa die vom US-Konzern Bechtel gebauten Bezahl-Autobahnen in Kroatien. Aber die Infrastruktur in der Fläche verfällt. Millionen von Arbeitsmigranten verlassen die vernachlässigte EU-Peripherie, die neben der Bereitstellung von Niedriglöhnern lediglich dafür gut ist, neue Amazon- und NATO-Stützpunkte aufzunehmen. Die von der EU geförderten Sonderwirtschaftszonen werden in bleibende Unterentwicklung gepresst, politisch getragen vornehmlich von nationalistisch-rechtsradikalen Parteien, die vom Westen für die Überwindung des Sozialismus gefördert werden.

Griechenland

Griechenland gehört zu den von der EU und westlichen Finanzakteuren kaputtgesparten Staaten. Die EU hat zwar Griechenland gezwungen, auch den Großhafen von Piräus zu privatisieren, um Kredit und Zins an westliche Banken zurückzuzahlen. Aber an Modernisierung und Ausbau des Hafens waren EU und westliche Finanzakteure nicht interessiert. Deswegen ist China bisher die einzige Rettung. Nur der chinesische Schifffahrtskonzern COSCO investiert in den (für 35 Jahre gepachteten) Hafen.

Er war zwar der größte europäische Passagierhafen, aber veraltet und ohne Eisenbahnanbindung. COSCO modernisiert ihn seit 2008, erneuert die Logistik und bezieht ihn durch zwei neue Containerterminals in den internationalen Handel und auch in die Neue Seidenstraße ein. Seitdem stieg die Zahl der umgeschlagenen Container von 880.000 auf vier Millionen, bis 2022 sollen es 7,2 Millionen sein.

So werden inzwischen die in China von ausländischen wie chinesischen Unternehmen – Hewlett Packard, Sony, Huawei, ZTE – hergestellten Produkte über den Hafen nach Europa weiterverteilt. Hewlett Packard hat eine neue europäische Vertriebszentrale hier eingerichtet. COSCO hat auch drei neue Trockendocks in Betrieb genommen, auf denen Schiffe gewartet und repariert werden. Neue Arbeitsplätze werden geschaffen.

Globales Hafennetz

Zur Seidenstraße gehört in Griechenland auch der Ausbau der Häfen Thessaloniki, Kavala und Alexandroupoli. Sie werden mit den bulgarischen Schwarzmeer-Häfen Warna und Burgas sowie dem Binnenhafen Ruse an der Donau verbunden. Zur Seidenstraße gehören auch zwei bestehende Binnenkanäle, die angeschlossen und damit erweitert werden sollen: Der Donau-Oder-Elbe-Kanal und der Donau-Ägäis-Kanal (mit Serbien und Mazedonien). Der geplante Eurasien-Kanal soll das Kaspische Meer mit dem Schwarzen Meer verbinden. Die International Association of Ports and Harbors, 1955 in den USA gegründet, mittlerweile mit Sitz in Japan und 180 Häfen in 90 Staaten, lobte bei ihrer letzten Konferenz im aserbaidschanischen Baku die Seidenstraße. Die nächste Konferenz 2019 wird in Guangzhou/China stattfinden.

Griechenland im europäischen Stromnetz

SGCC kaufte sich mit 24 Prozent in den griechischen Netzbetreiber ADMIE ein. SGCC beschafft während eines Jahrzehnts Milliardenkredite, um die zahlreichen griechischen Inseln durch Unterseekabel an die Stromproduktion auf dem Festland anzuschließen. Zugleich ist ADMIE schon mit den Stromnetzen der Nachbarstaaten Albanien, Mazedonien, Bulgarien, Türkei und Italien verbunden, die Vernetzung mit Zypern, Israel und auch Nordafrika ist geplant. Damit agiert ADMIE für das Globale

Elektrizitätsnetzwerk als eine der Zentralen in Europa. Die staatliche Shenhua Group hat einen 75-Prozent-Anteil an vier griechischen Windparks übernommen und plant deren weiteren Ausbau.

Zu den Seidenstraßen-Projekten gehört auch, dass gut ausgebildete griechische Techniker und Ingenieure in den Wissenschaftsparks Lefkippos und Patras und mehreren Technologieparks wie in Thessaloniki und auf Kreta zusammengeholt werden.

EU/NATO: Griechenland als geopolitischer Vorposten

Für das von Kommissionspräsident Juncker "auf ewig" bekräftigte Bündnis von EU, USA und NATO hat dagegen die militärische Einbindung Griechenlands Priorität. So freute sich der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos im Juli 2018 über "die geopolitische Aufwertung" seines verarmten Landes: "Griechenland ist auf NATO-Ebene viel stärker, in Bezug auf die Erfüllung seiner Mission, als es noch vor ein paar Jahren war."

Balkan: Aufregung in der EU

Den Neubau der Bahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad hatte zwar schon die EU geplant, aber auch daraus wurde nichts. So gewährt nun die chinesische Export-Import-Bank Ungarn einen Zwei-Milliarden-Kredit. Diese Hochgeschwindigkeits-Strecke wird zudem an den Hafen Piräus angeschlossen. So finanzieren und bauen chinesische Unternehmen auch eine Ost-West-Tangente in Mazedonien, das öffentliche Verkehrsnetz der Hauptstadt Skopje und ein Kraftwerk in Serbien. Seit 2012 versammelt China mit der 16+1-Plattform jährlich mittel- und osteuropäische Staaten zu einer Investitionskonferenz. Sie findet reihum in einer der Hauptstädte statt. Zu den Treffen kommen die fünf bisher noch Nicht-EU-Staaten Albanien, Montenegro, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien, aber auch die elf EU-Mitgliedsstaaten Polen, Tschechien, Slowakei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Kroatien, Slowenien und die drei baltischen Staaten. Mehrere hundert Unternehmer und Experten beider Seiten nehmen teil. Neben Infrastrukturprojekten werden Tourismus- und Kulturprojekte vereinbart. China kauft hier vermehrt Agrarprodukte ein.

Eigentlich könnten die EU-Verantwortlichen zufrieden sein, dass ihre verarmten Mitgliedsstaaten aus der Unterentwicklung herausgeholt werden. Doch die EU ist seit 2017 plötzlich in höchster Besorgnis. "Peking nutzt die innere Schwäche der EU, um im östlichen Europa Macht auszuüben", schreiben deutsche Alpha-Journalisten. Sie blenden aus, dass die EU für die Unterentwicklung in Osteuropa selbst verantwortlich ist – Serbien wurde von der NATO zerbombt, erobert, der Sozialismus bzw. seine Reste wurden vernichtet: mission accomplished. Hastig reiste EU-Kommissar Juncker Anfang 2018 in diese Staaten, um mit finanziellen Versprechungen China rauszuhalten.

Friedliche, gleichberechtigte und kooperative Globalisierung

Die chinesische Führung hält am Begriff der "Globalisierung" fest. Die von China initiierten Zusammenschlüsse – SCO, FOCAC, China-CELAC Forum, 16+1 – bestätigen, dass eine multipolare Weltordnung möglich und für alle Beteiligten vorteilhaft ist.

Multipolare Weltordnung oder America First

Dem steht der Ansatz der USA entgegen: Sie praktizieren den Anspruch der "einzigen Supermacht". Er manifestiert sich auch in Leitbegriffen wie America First, national interest und God’s own country. Er ist verfassungsmäßig darin verankert, dass der Staat als einziger großer Staat kein Außenministerium hat, sondern ein Staatsministerium, State Department.

Dieses Ministerium war und ist das staatlich-organisatorische Zentrum für die Integration fremder Territorien und Staaten zunächst in den US-Staat (Ausdehnung des Gründungsstaates in Nordamerika, außer Kanada, das britisches Einflussgebiet blieb) und danach für unterschiedliche Formen der Durchdringung oder Einbeziehung in das US-Herrschaftsgebiet. Dieser Anspruch wurde durchgesetzt durch Völkermord, Investitionen, Verträge, Bündnisse, Kriege, zunächst auf dem nordamerikanischen Territorium, griff dann über mit regime changes auf Mittelamerika und die Karibik, dann auf den Pazifik (Philippinen, diverse Inseln). Regierungsamtlich wurde der Anspruch formalisiert zuerst 1823 durch die Monroe-Doktrin: Im Gesamtraum, der "Amerika" benannt wurde, dürfen raumfremde Mächte – damals gemünzt auf Europa – nicht intervenieren, hier herrscht auf immer nur der Staat USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Anspruch schließlich auf die ganze Erde ausgedehnt.

Wie geschildert, manifestiert sich der Anspruch auch gegenwärtig im Namen des "nationalen Interesses", wenn rund um den Globus Militärstützpunkte betrieben und wenn bei kriegerischen Interventionen notfalls die UNO ausgeschaltet oder belogen wird und wenn gegen Unternehmen, Staaten und Individuen exterritoriale Strafen exekutiert werden. Nach der UN-Charta besteht aber "nationales Interesse" gerade darin, das nationale Interesse anderer Nationen als gleichberechtigt zu achten.

China: Aufstieg und Globalisierung ohne militärische Begleitung

Erst als die USA mit der strategischen Verlagerung ihres militärischen Engagements nach "Asien" gegen China aufrüsteten, zog die Volksrepublik nach, und zwar begrenzt auf ihre unmittelbare Umgebung und im Sinne der Verteidigung ihres Territoriums. Während Kriegsschiffe der USA in Asien und in der Nähe Chinas patrouillieren, patrouilliert kein einziges Kriegsschiff Chinas in US-Nähe. Während die USA in unmittelbaren Nachbarstaaten zu China immer mehr Militärstützpunkte errichtet haben, betreibt China keinen einzigen Militärstützpunkt in US-Nähe.

Übrigens: Nicht nur gegenwärtig verzichtet China auf militärische Operationen und Putsche im Ausland. Auch war der wirtschaftliche Aufstieg Chinas schon bisher möglich ohne Kriege, militärische Interventionen oder Putsche in anderen Staaten.

Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, Papyrossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro. Typologie, Praktiken und Hilfstruppen der neuen Finanzakteure, transnationale Kapitalverflechtungen. Vergleich des US-geführten westlichen Kapitalismus mit dem Kapitalismus in China nach den Kriterien Völkerrecht, Menschenrechte, Arbeitseinkommen, erneuerbare Energien, Korruptionsbekämpfung, volkswirtschaftliche Entwicklung und Typ der Globalisierung.

Anmerkung: Dieser Auszug enthält nicht die Fußnoten mit Quellenhinweisen des Originals.

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