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Grönland wird zu einem vorrangigen Ziel für die USA

Donald Trump hat einen neuen Sonderbeauftragten ernannt. Dieser soll sich damit befassen, den Traum des Chefs des Weißen Hauses zu verwirklichen, Grönland den Vereinigten Staaten von Amerika anzuschließen. Wer ist dieser Mann und warum ist Trump trotz des entschiedenen Widerstands ganz Europas so sehr daran interessiert, diese nördliche Insel zu besitzen?
Grönland wird zu einem vorrangigen Ziel für die USA© Urheberrechtlich geschützt

Von Geworg Mirsajan

Gegen Ende des Jahres hat US-Präsident Donald Trump beschlossen, sich an seine Wünsche aus der Zeit seiner Amtseinführung zu erinnern. Insbesondere an Grönland – ein Gebiet, das zu Dänemark gehört, aber nach Ansicht des US-Präsidenten eigentlich den Vereinigten Staaten gehören sollte.

Dabei ging Trump über leere Behauptungen und Erklärungen hinaus, dass die Vereinigten Staaten Grönland zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit bräuchten – er ernannte sogar einen Sonderbeauftragten dafür. Dieser Posten ging an den Gouverneur von Louisiana, Jeff Landry, der sofort erklärte, es sei ihm eine Ehre, alles in seiner Macht Stehende für den Anschluss Grönlands zu tun. Trump erklärte:

"Jeff versteht, wie wichtig Grönland für unsere nationale Sicherheit ist, und wird die Interessen unseres Landes bei der Gewährleistung der Sicherheit, des Schutzes und des Überlebens unserer Verbündeten und letztlich der ganzen Welt entschlossen vorantreiben."

Europa reagierte entschlossen. Der grönländische Ministerpräsident Jens Frederik Nielsen erklärte, dass die Insel "selbst über ihr Schicksal entscheiden" müsse und "ihre territoriale Integrität respektiert werden müsse". Das dänische Außenministerium erklärte, dass es niemandem etwas abtreten werde. Und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, fügte hinzu, dass die EU "ihre uneingeschränkte Solidarität mit Dänemark und dem grönländischen Volk zum Ausdruck bringt".

Die Europäer sind nicht nur über Trumps Rhetorik empört, sondern auch über die Ernennung eines Sonderbeauftragten. Vor allem, weil dieser politische Schritt zeigt, dass die USA Grönland als von Dänemark separates Gebiet anerkennen. Dänemark kann dagegen nichts unternehmen – im Gegensatz zu Botschaftern können Sonderbeauftragte ohne Rücksprache mit dem Gastland ernannt werden und benötigen keine Zustimmung dieses Landes, um ihre Arbeit aufzunehmen.

Ferner ist die Persönlichkeit von Jeff Landry von Bedeutung. Er ist kein großer Grönland-Experte und verfügt nicht über herausragende diplomatische Fähigkeiten. Landrys Stärke liegt darin, dass er ein überzeugter Trump-Anhänger und Loyalist ist. Er unterstützt alle Schritte des US-Präsidenten, darunter auch die Entsendung der Nationalgarde in problematische US-Bundesstaaten. Dementsprechend wird er sich (im Gegensatz zu Karrierediplomaten) ernsthaft mit der Lösung des ihm gestellten Problems befassen. Die New York Times schreibt:

"Damit rückt die Insel mit weniger als 60.000 Einwohnern in eine kleine Gruppe von außenpolitischen Prioritäten, zusammen mit der Ukraine und dem Nahen Osten, für die Trump vertraute Verbündete ernannt hat."

Verbündete Trumps, die (wie der Sonderbeauftragte für Russland, Steve Witkoff) unabhängig vom US-Außenministerium agieren.

Die Dänen beklagen sich beispielsweise darüber, dass nur zwei Wochen vor Landrys Ernennung eine hochrangige Delegation von Mitarbeitern des US-Außenministeriums nach Grönland gereist sei – und keiner von ihnen habe etwas davon gesagt, dass Trump einen Sonderbeauftragten ernennen wolle. Offenbar, weil sie einfach nichts von der Initiative des US-Präsidenten wussten.

Die Frage ist, warum er überhaupt diese Initiative ergriffen hat. Dazu gibt es vier Versionen.

Gemäß der ersten Version hält Trump einfach sein Versprechen ein. Und dabei geht es nicht nur um den Anschluss Grönlands als solches, sondern um die in der Nationalen Sicherheitsstrategie festgeschriebene "Monroe-Doktrin 2.0", die den Anspruch der USA auf die gesamte westliche Hemisphäre begründet. Venezuela, Kanada, Mexiko – und natürlich Grönland, das ebenfalls in der westlichen Hemisphäre liegt.

Im Rahmen der zweiten Version ist Trump aufrichtig der Meinung, dass die vollständige Kontrolle über Grönland für die nationale Sicherheit der USA notwendig sei. Insbesondere in einer Situation, in der sich die USA aus der östlichen Hemisphäre "zurückziehen" und damit eine ganze Reihe von Verteidigungslinien verlieren.

Im Falle eines globalen Atomkonflikts würden russische ballistische Raketen über Grönland (und den Nordpol) auf das Gebiet der USA fliegen. Das bedeutet, dass die USA dort Elemente ihres viel gepriesenen Raketenabwehrsystems "Golden Dome" (Goldene Kuppel) stationieren könnten.

Außerdem verläuft entlang der grönländischen Küste eine Alternative zur Nordostpassage, die Ostasien und Westeuropa verbindet. Eine Route, die im Falle der Klimaerwärmung ihrem Besitzer Geld und Kontrolle einbringen würde. Schließlich erhält der Besitzer Grönlands einen bedeutenden Anteil am arktischen Schelf.

In der dritten Version ist Trump, wenn er von fehlenden wirtschaftlichen Gründen für seine Ansprüche auf die Insel spricht, nicht ganz ehrlich. Vor der Küste Grönlands gibt es große Erdöl- und Erdgasvorkommen. Neben Kohlenwasserstoffen gibt es dort noch vieles mehr – darunter auch Seltenerdmetalle. Die EU hat eine Liste mit 34 kritisch wichtigen Rohstoffen erstellt – und 31 davon kommen aus Grönland. In den USA ist die Liste etwas länger – sie umfasst 50 Mineralien, von denen 39 in Grönland vorkommen.

Schließlich weist Trump innerhalb der vierten Version Europa und vor allem die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen einfach in ihre Schranken.

Genau diejenige, die die Zeitschrift Politico auf den zweiten Platz (also hinter Trump) in der Liste der einflussreichsten Politiker der Europäischen Union gesetzt hat. Und die von europäischen Journalisten als führende Kraft bei der Erlangung der Eigenständigkeit und teilweisen Unabhängigkeit Europas von den Vereinigten Staaten positioniert wird. Sie treibt die Idee der Militarisierung Europas am aktivsten voran, um sowohl Russland als auch die USA in Schach zu halten.

Doch welche dieser Versionen auch immer zutreffen mag, im Dezember 2025 ist die Aufgabe, die Kontrolle über Grönland zu übernehmen, keineswegs einfacher geworden als im Januar desselben Jahres. Die Mehrheit der Inselbewohner befürwortet die Loslösung von Dänemark – will aber dennoch nicht Teil der Vereinigten Staaten werden. Sie glauben nach wie vor daran, dass sie sich selbst versorgen können (obwohl Grönland, wo etwa 60.000 Menschen leben, von Kopenhagen mit Hunderten Millionen US-Dollar pro Jahr subventioniert wird).

Offenbar hofft Trump, dass Jeff Landry (der in Kürze "nach Grönland reisen und mit den Menschen sprechen" will) einen Ausweg finden wird. Einen Ausweg außerhalb der Diplomatie, der politischen Moral und möglicherweise auch außerhalb des Gesetzes.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 23. Dezember 2025 zuerst auf der Website der Zeitung "Wsgljad" erschienen.

Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren im Jahr 1984 in Taschkent, erwarb er seinen Abschluss an der Staatlichen Universität des Kubangebiets und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war in der Zeit von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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