
Der Tunnel zwischen Russland und den USA bekommt eine neue Chance

Von Andrei Restschikow
Die Idee, einen Tunnel zwischen Russland und den USA zu bauen, wurde von US-Präsident Donald Trump als "sehr interessant" bezeichnet. Damit reagierte er auf den Vorschlag des Leiters des RDIF, Kirill Dmitrijew, eine Transportroute unter der Beringstraße zu bauen. "Ich habe davon gehört, das klingt interessant. Wir sollten darüber nachdenken", erklärte Donald Trump.
Der US-Präsident erwähnte in diesem Zusammenhang die kürzlich in Alaska gebaute "wunderschöne Straße, die zu einer Vielzahl von Bodenschätzen führt."
Kirill Dmitrijew zufolge könnte der Bau des Tunnels weniger als acht Jahre dauern und ein Beispiel für den Einsatz moderner Technologien sein. "Stellen Sie sich vor, die USA und Russland, Amerika und Afro-Eurasien würden durch den Putin-Trump-Tunnel verbunden – eine 70 Meilen lange Brücke, die die Einheit symbolisiert", schrieb Dmitrijew in den sozialen Netzwerken.

Er erinnerte an die Pläne zum Bau der Kennedy-Chruschtschow-Brücke zwischen Russland und Alaska. Seinen Angaben zufolge ermöglichen es moderne Technologien, Eurasien und Amerika mit dem Putin-Trump-Tunnel für nur acht Milliarden US-Dollar zu verbinden, "hauptsächlich durch externe Investoren".
Die Breite der Beringstraße beträgt an der engsten Stelle 82 Kilometer. Die kleinen Diomedes-Inseln, von denen eine zu Russland und die andere zu den USA gehört, liegen in der Mitte der Meerenge, nur vier Kilometer voneinander entfernt.
Nach Ansicht von Kirill Dmitrijew könnte der Bau des Tunnels von der Boring Company des US-Unternehmers Elon Musk übernommen werden. Der Finanzexperte schrieb Elon Musk in dem sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter, das in Russland verboten ist), dass der RDIF bereits die erste Eisenbahnbrücke zwischen Russland und China gebaut habe, aber jetzt sei es an der Zeit, noch mehr zu tun und zum ersten Mal die Kontinente zu verbinden.
Die Idee, eine Landverbindung über die Beringstraße zu errichten, wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts diskutiert. Der erste Gouverneur des US-Staates Colorado, William Gilpin, entwickelte das Konzept einer "kosmopolitischen Eisenbahn". Ein französisch-amerikanisches Konsortium unterbreitete dem russischen Zaren Nikolaus II. ebenfalls einen Entwurf, der jedoch nicht realisiert wurde. Später tauchten im 20. Jahrhundert verschiedene Ingenieurprojekte auf, die jedoch ebenfalls nicht verwirklicht wurden.
Das Thema wurde in Russland im Jahr 2007 im Rahmen der Diskussion über das Projekt ICL-World Link wieder aufgegriffen: Dabei handelte es sich um einen interkontinentalen Verkehrskorridor zwischen Eurasien und Amerika, der für den Öl- und Gastransport sowie den Personenverkehr zwischen Russland und den Vereinigten Staaten vorgesehen war. Das Projekt war als 6.000 Kilometer lange Eisenbahnstrecke zwischen Sibirien und Alaska konzipiert.
Wie die Zeitung Wsgljad damals berichtete, beschloss die russische Regierung im September 2007 eine Strategie zur Entwicklung des Eisenbahnnetzes des Landes bis zum Jahr 2030. Zu diesem Plan gehörte der Bau von Hauptstrecken, die die wichtigsten Elemente des Verkehrssystems ICL-World Link darstellen sollen: Berkakit – Tommot – Jakutsk, Nischni Bestjach (Jakutien) – Moma – Magadan sowie ein Tunnel unter dem Tatarensund zwischen dem russischen Festland und der Insel Sachalin. Zur Energieversorgung der Hauptstrecken war der Bau einer Reihe von Wärme- und Gezeitenkraftwerken vorgesehen.
Im Jahr 2013 schlug China seine Version einer transkontinentalen Eisenbahnstrecke "Eurasien – Amerika" vor, die eine Unterwasserverbindung durch die Beringstraße beinhalten sollte.
Peking plante eine Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke mit einer Länge von etwa 13.000 Kilometern, die das chinesische Festland über Sibirien mit Alaska verbinden sollte. Die geschätzten Kosten beliefen sich auf 200 Milliarden US-Dollar, wie auf der Webseite der Russischen Akademie der Wissenschaften zu lesen ist.
Angesichts des technologischen Fortschritts der letzten Jahrzehnte halten Experten das Projekt für technisch realisierbar. Allerdings erfordert der Bau des Tunnels die Entwicklung der sozialen, energetischen und verkehrstechnischen Infrastruktur in beiden Ländern. Nach Ansicht des Direktors der Beratungsfirma "S+Consulting", Ilja Grjasnow, wäre der Tunnel ohne eine solche Infrastruktur nicht funktionsfähig. In Russland müssten beispielsweise etwa viertausend Kilometer Eisenbahnschienen von Jakutsk aus verlegt werden.
Der Wirtschaftswissenschaftler verwies auf zuvor vorgeschlagene technische Lösungen für eine Passage unter der Beringstraße, darunter drei parallele Tunnel mit einer Länge von 100 Kilometern für den Eisenbahn-, Straßen- und Ingenieurverkehr. Die Realisierungsdauer solcher Projekte wurde auf 12 bis 15 Jahre geschätzt, die Kosten auf 35 Milliarden US-Dollar.
Die Experten begründen eine solch lange Bauzeit mit den schwierigen geologischen Gegebenheiten – insbesondere dem Permafrost, der sich kaum bebauen lässt. Darüber hinaus werden auch starke Fröste den Bau verzögern – die Wintersaison dauert in diesen Breitengraden sieben Monate. Es schneit dort 120–140 Tage im Jahr, und die Windstärke kann bei starkem Frost 40–50 Meter pro Sekunde erreichen.
Grjasnow weist darauf hin:
"Die Tiefe der Beringstraße ist mit den Bedingungen im Ärmelkanal vergleichbar. Das Projekt kann dank moderner Ingenieurstechnologien realisiert werden."
Seiner Meinung nach werde das Projekt nicht mit der Nordostpassage konkurrieren, sondern im Gegenteil zu einem Motor für die territoriale Entwicklung und die Stärkung der Beziehungen Russlands zum amerikanischen Kontinent werden.
Der Polarforscher Wiktor Bojarsski, Direktor des Museums für Arktis und Antarktis und Doktor der Physik und Mathematik, merkt an:
"Die beiden Kontinente miteinander zu verbinden, ist eine gute Idee. Allerdings brauchen diese beiden Verbindungspunkte eine Fortsetzung auf der einen und der anderen Seite. Unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit dieses Projekts stellt sich vor allem die Frage, wie man an diesen Tunnel herankommt. Auf unserer Seite ist das Gelände nicht besonders geeignet und es gibt praktisch keine Infrastruktur."
Gleichzeitig weist er darauf hin, dass für die Verkehrsanbindung der Kontinente genau ein Tunnel erforderlich sei. "Der Bau einer Brücke ist aufgrund der klimatischen Bedingungen, der großen Tiefe, der Strömungen und der Eisansammlungen praktisch unrealistisch", erklärt der Polarforscher.
Seiner Meinung nach sei es derzeit nicht möglich, auch nur annähernd die Gesamtkosten des Projekts zu beziffern. Bojarsski fügt hinzu:
"Es muss genau ermittelt werden, welche Vorteile das Projekt bringt und ob es zu einer Steigerung des Handelsverkehrs führen wird. Möglicherweise reicht es aus, weiterhin auf den Seetransport zu setzen, ohne einen solchen Tunnel zu bauen. Der zweigleisige Eisenbahntunnel unter dem Ärmelkanal (Eurotunnel), der Kontinentaleuropa mit Großbritannien verbindet, wird in beide Richtungen stark frequentiert und funktioniert hervorragend."
An der Umsetzung des Projekts könnten vor allem Russland und die USA interessiert sein, meint der Polarforscher, da in Tschukotka große Vorkommen an Kupfer und Gold entdeckt wurden. Wiktor Bojarski sagt:
"Für China würde der Bau eines solchen Tunnels grundsätzlich nichts ändern. Peking könnte an diesem Projekt interessiert sein, wenn es einen Direktzugang zu diesem Ort ohne Umweg über russisches Territorium bekäme. Derzeit ist China bestrebt, die Nordostpassage in vollem Umfang zu nutzen, womit es bereits begonnen hat. Dies stellt für China eine vielversprechendere und realistischere Lösung dar."
Stanislaw Mitrachowitsch, führender Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds (NESF) und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, ist der Ansicht, dass der Vorschlag des RDIF-Leiters Kirill Dmitrijew eher politischer Natur sei:
"Es kommt darauf an, was durch diesen Tunnel transportiert werden soll. Die lokale Bevölkerungszahl ist zu gering, um ihn als Touristenattraktion zu nutzen. Der Gütertransport auf dem Seeweg ist rentabler, und es gibt nicht so viele Produktionsstätten, die einen umfangreichen Eisenbahnverkehr erfordern, wie zwischen Frankreich und Großbritannien unter dem Ärmelkanal.
Für die positive Entwicklung der Beziehungen zu den US-Amerikanern sorgt Kirill Dmitrijew. Denn nicht nur die Lieferung von Tomahawk-Raketen sollte diskutiert werden. Zuvor sprach er über eine mögliche Beteiligung der US-Amerikaner an russischen Arktis-Projekten, es gab Gespräche über Eisbrecher, die Russland gemeinsam mit den USA nutzen könnte, und über die Nordostpassage."
Mitrachowitschs Meinung nach stellt dieser Vorschlag ein neues Signal an die USA dar, sich "mit etwas potenziell Sinnvollerem zu befassen" als mit Waffenlieferungen an die Ukraine.
Der Experte betont:
"Die wichtigste Aufgabe besteht darin, den Dialog von einer negativen auf eine positive Ausrichtung umzustellen. Derzeit ist es nicht sinnvoll, über einen konkreten Wirtschaftsplan zu sprechen, aber durch solche Diskussionen verändert sich die Einstellung der US-Gesellschaft gegenüber Russland als potenziellem Partner. Und das ist bereits ein positiver Aspekt."
Dem stimmt auch Wladimir Wassiljew, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für USA- und Kanada-Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften, zu. Er führt aus:
"Für die russische Seite ist dies eine Geste des guten Willens, also ein Versuch – wie man einst in Europa sagte –, Brücken zu bauen. Das Treffen der beiden Präsidenten in Anchorage hat den Eindruck erweckt, dass heute die Frage einer russisch-amerikanischen Annäherung erneut gestellt werden muss, jedoch auf einer solideren Grundlage. Dieser Tunnel könnte ein Symbol für eine neue Ära der russisch-amerikanischen Beziehungen sein."
Der Politologe weist darauf hin, dass die Kopplung des sowjetischen Raumschiffs "Sojus 19" und des amerikanischen Raumschiffs "Apollo" im Juli 1975 nach wie vor ein wichtiges Symbol für die Annäherung zwischen Russland und den USA darstellt. Wassiljew fasst zusammen:
"Derzeit gibt es kein anderes Symbol für die Beziehungen zwischen Russland und den USA, und dem Bau des Tunnels könnte eine solche symbolische Bedeutung zukommen."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 18. Oktober 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
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