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Trump bricht "Zollwaffenstillstand" mit China

Donald Trump droht, zusätzlich zu den bereits geltenden Zöllen hundertprozentige Zölle auf chinesische Waren einzuführen. Auch ein Treffen mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping auf dem APEC-Gipfel kommt auf den Prüfstand. Was ist der Grund für Trumps Entscheidung und was ist von China zu erwarten?
Trump bricht "Zollwaffenstillstand" mit ChinaQuelle: Gettyimages.ru © J-Studios

Von Andrei Restschikow

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, ab dem 1. November "oder früher" zusätzlich zu den bereits geltenden 30-prozentigen Einfuhrzöllen weitere 100-prozentige Zölle auf Waren aus China zu erheben. Diese Maßnahme betrifft auch die Exportkontrolle von in den USA hergestellter kritischer Software.

Nun scheint das für Ende Oktober in Südkorea im Rahmen des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) geplante Treffen zwischen dem US-Präsidenten und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping gefährdet zu sein. In einem Gespräch mit Journalisten im Weißen Haus erklärte Trump, er könne nicht sagen, ob das Treffen stattfinden werde. "Ich werde auf jeden Fall dort sein, daher gehe ich davon aus, dass es stattfinden wird", so der US-Präsident.

Donald Trump deutete an, dass noch Zeit bleibe, um die Gefahr der Einführung neuer Zölle abzuwenden:

"Wir müssen abwarten, wie sich die Lage entwickelt."

Die Äußerungen erfolgten nur wenige Stunden, nachdem Trump die neuen chinesischen Vorschriften kritisiert hatte, wonach Unternehmen eine Sondergenehmigung für den Export von Produkten benötigen, die Seltenerdmetalle aus China enthalten, selbst wenn diese außerhalb des Landes hergestellt wurden. China fördert 70 Prozent aller Seltenerdmetalle weltweit. Aus diesem Rohstoff werden 93 Prozent der Permanentmagnete hergestellt, die für Hightech-Produkte und die Rüstungsindustrie von entscheidender Bedeutung sind.

Die eskalierende Rhetorik zwischen den USA und China versetzte die Finanzmärkte in einen Schockzustand: Aktien, Öl und Kryptowährungen verloren an Wert, während die Nachfrage nach Gold weiter anstieg.

Am Freitag fiel der Dow-Jones-Index um 878 Punkte oder 1,9 Prozent. Der S&P-500-Index verlor 2,7 Prozent und der Nasdaq 3,5 Prozent. Den Daten von Coinglass zufolge wurden Positionen im Wert von über sieben Milliarden US-Dollar innerhalb von weniger als einer Stunde liquidiert, wobei der Bitcoin zunächst um mehr als zwölf Prozent an Wert verlor. Bei kleineren und weniger liquiden Token, darunter XRP, DOGE und ADA von Cardano, betrugen die Preisrückgänge in den vergangenen 24 Stunden jeweils 19, 27 und 25 Prozent.

In vielerlei Hinsicht wiederholte sich die Situation vom Frühjahr dieses Jahres, als nach den Drohungen von Donald Trump die Zölle auf chinesische Waren in die Höhe schossen und einen erstaunlichen Wert von 145 Prozent erreichten. Erst im Sommer konnten die Parteien einen Kompromiss finden: China senkte die Zölle auf US-Exporte von 125 Prozent auf zehn Prozent und die USA – von 145 Prozent auf 30 Prozent.

Experten weisen darauf hin, dass es in den Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern viele heikle Fragen gibt, darunter die US-Beschränkungen für den Import moderner Computerchips nach China, den Verkauf von in den USA produzierten Sojabohnen und eine Reihe von gegenseitigen Hafengebühren, die beide Länder seit dieser Woche erheben.

Der Politologe und Amerikanist Rafael Orduchanjan merkt an:

"Sowohl US-amerikanische als auch unabhängige Wirtschaftswissenschaftler sind der Meinung, dass Trumps Entscheidung keine wirtschaftlichen Gründe hat – diese Zölle sind sowohl für die chinesische als auch für die US-Industrie schädlich, sollten sie letztendlich eingeführt werden."

Seinen Worten zufolge ist den Amerikanern bewusst geworden, dass sie einen "ernstzunehmenden wirtschaftlichen Konkurrenten großgezogen haben, der bereits jetzt in fast allen Bereichen die Initiative ergreift".

Der Politologe erläutert:

"Unter anderem liegt es an der unabhängigen Politik Chinas und seinem energischen, rasanten Armeeaufbau. Besonders schmerzhaft haben die Amerikaner die Nachricht aufgenommen, dass die chinesische Flotte zahlenmäßig die US-amerikanische übertrifft."

Der Experte weist darauf hin, dass Donald Trumps Drohungen bisher häufig nur verbale Rhetorik darstellten und "der Übergang von Worten zu Taten beim US-Präsidenten einen langen Zeitraum in Anspruch nimmt".

Er fährt fort:

"Die Gründe für solche Demarchen und Erklärungen sind politischer Natur. Derzeit verschärft sich die Konfrontation zwischen den USA und China. Die Amerikaner ergreifen entschiedene politische Maßnahmen gegen China. Die innenpolitische Lage in den USA ist so angespannt, dass Probleme gewissermaßen nach außen verlagert werden müssen. Scharfe Äußerungen in Richtung Indien, das russisches Öl kauft, und über die Lieferung von Tomahawk-Raketen an die Ukraine – all dies steht im Einklang mit der gegen BRICS und China gerichteten Rhetorik. Möglicherweise handelt es sich hierbei nur um leere Worte: Auf die Frage nach der Einführung von Zöllen wird Trump wahrscheinlich antworten, dass seine Äußerungen nur sarkastisch gemeint waren."

Sollten die von Donald Trump angekündigten Zölle tatsächlich eingeführt werden, würde dies zu einer Inflation innerhalb der USA führen. "Die Zollerhöhung würde sich auf die Preisbildung einer breiten Palette von Waren auswirken, die von den Amerikanern bisher kostengünstig erworben werden konnten", betont der Experte.

Als Reaktion darauf würde China mit Sicherheit Gegenmaßnahmen ergreifen, insbesondere im Bereich der Agrarprodukte.

Rafael Orduchanjan ist der Ansicht:

"Die Situation mit dem US-Sojaexport ist äußerst problematisch. Die US-Landwirte müssen auf die versprochenen Subventionen warten, da die US-Regierung aufgrund des Shutdowns ihre Arbeit eingestellt hat. Dies wird eine Kettenreaktion auslösen. Meiner Meinung nach ist es für Trump nicht ganz klar, in welche Richtung sich die Situation letztendlich entwickeln wird. Die Einführung von Zöllen auf chinesische Waren wird den US-Landwirten wohl kaum dabei helfen, ihre Sojabohnen in China abzusetzen."

Orduchanjan schließt nicht aus, dass China neue Anbieter für Agrarprodukte finden könnte, unter anderem in Russland. Er sagt dazu:

"Russland ist in der Lage, die Sojalieferungen, wenn schon nicht zu ersetzen, so doch zumindest in hohem Maße zu kompensieren. Donald Trump verfolgt also eine kurzsichtige Politik. Der Zollkrieg mit China wird in erster Linie die US-Bürger und die Einzelhandelspreise in den USA treffen, was Donald Trump insbesondere im Vorfeld der Zwischenwahlen 2026 nicht zulassen kann."

Wladimir Wassiljew, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für USA- und Kanada-Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften, geht jedoch davon aus, dass die US-Regierung ernsthaft beabsichtigt, einen Zollkrieg gegen China zu führen. Trumps Erklärung könnte das Ende des "Zollwaffenstillstands" bedeuten, der zu einer Senkung der Steuersätze in beiden Ländern geführt habe.

Er erläutert:

"Es geht hier nicht um Politik, sondern um wirtschaftliche Aspekte. Wenn sich Zölle unter den gegenwärtigen Bedingungen als wirksam erweisen, werden sie eingesetzt werden. Dafür wird die gesamte analytische Kapazität der US-Handels- und Finanzministerien, aller Handelsbeiräte und so weiter in Anspruch genommen. In diesem Fall dominieren rationale Berechnungen über politische Begehrlichkeiten."

Ihm zufolge wird im Umfeld des US-Präsidenten immer seltener davon gesprochen, dass die Einführung von Zöllen eine selbstzerstörerische Maßnahme sei, die das Wirtschaftswachstum der Vereinigten Staaten bremse.

Nach dem Ausbruch des Zollkriegs verdrängte Mexiko China als Hauptlieferant ausländischer Waren in die USA. Dennoch bleiben die Vereinigten Staaten weiterhin von China abhängig, da das Land Waren im Wert von mehreren hundert Milliarden US-Dollar in die USA liefert. Gleichzeitig ist China einer der größten Exportmärkte für die USA. Elektronik, Bekleidung und Möbel gehören zu den Hauptwaren, die die Vereinigten Staaten aus China beziehen.

Der Experte erklärt:

"In den USA gibt es keine Befürchtungen mehr, dass die Handelszölle die Wirtschaft schnell in eine Rezession treiben könnten. Es gibt zahlreiche Einschätzungen, wonach die Zölle ihr Ziel – die Außenhandelsbilanz zugunsten der USA zu korrigieren – erreichen könnten. Im zweiten Quartal verzeichnete die US-Wirtschaft ein Wachstum, das sich den Prognosen zufolge fortsetzen wird. Und die Wachstumsrate von zwei bis drei Prozent gilt derzeit als sehr hoch."

Nach der Einführung der Zölle stiegen die Investitionen, das Handelsdefizit begann zu sinken und die US-Staatskasse erhielt bereits zusätzliche Hunderte Milliarden US-Dollar.

Wassiljew argumentiert:

"Die Eindämmung Chinas erfordert eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Der gerade verabschiedete Militärhaushalt für das Finanzjahr 2026 (das am 1. Oktober begann) beläuft sich auf 925 Milliarden US-Dollar … Eine militärische Konfrontation mit China ist unter den gegenwärtigen Umständen jedoch aussichtslos, weshalb die USA beschlossen haben, China in einem Zollkrieg zu zermürben … Donald Trump, der eigentlich Wirtschaftswissenschaftler von Beruf ist, möchte die Militärkomponente schrittweise durch die besser vertraute Wirtschaftskomponente ersetzen. Und heute beginnt dies zu funktionieren."

Wladimir Wassiljew betont, dass die USA, indem sie China zwingen, nach ihren Regeln zu spielen, auf diese Weise auch Druck auf Russland ausüben, um eine Lösung des Ukraine-Konflikts "zu amerikanischen Bedingungen" zu erreichen.

Der Experte erläutert:

"Es ist schwer zu sagen, wie sich dies letztendlich entwickeln wird, aber dieses von der US-Regierung eingeführte Tarifverhandlungssystem wird in der einen oder anderen Form immer wieder zum Tragen kommen. Heute rückt es in den Vordergrund."

Nach Ansicht des Experten entstand bei Donald Trump nach den Verhandlungen mit Kanada, Mexiko, Venezuela, der Europäischen Union und Russland der Eindruck, dass sich die Welt ihm unterwirft. Daraus zieht Wladimir Wassiljew folgende Schlussfolgerung:

"Genau aus diesem Grund lässt sich Donald Trump auf solche Praktiken ein, in der Hoffnung, China in die US-Politik einzubeziehen und Peking dazu zu zwingen, nach den Regeln der USA zu spielen. Schließlich gibt es bereits Gerüchte, dass China bereit ist, weniger Öl aus Russland zu beziehen … Hier kommt die auf dem 'Deal' basierende Logik ins Spiel."

Übersetzt aus dem Russischen.

Der Artikel ist am 11. Oktober 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.

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