USA machen Russland ein prächtiges Geschenk
Von Kirill Strelnikow
In dem russischen Informationsfeld, das verständlicherweise auf die heiße militärische Konfrontation mit dem kollektiven Westen unter der Führung Washingtons fixiert ist, wird so langweiligen Dingen wie der Änderung des Zinssatzes vom Federal Reserve System der USA (kurz Fed) nur selten Aufmerksamkeit geschenkt – damit beschäftigen sich nur Nerds mit Brillen, die selbst beim Entkorken von Champagner zusammenzucken.
Dennoch ist die wirtschaftliche Seite der Konfrontation zwischen Russland und dem Westen nicht weniger wichtig; vielleicht sogar wichtiger als die Menge der in die Ukraine gelieferten Waffen und die Anzahl der Quadratkilometer, die von unseren tapferen Kämpfern mithilfe ihrer einheimischen Hightech-Bomben befreit wurden.
In den westlichen Medien wird mit wachsender Besorgnis die Nachricht diskutiert, dass das Federal Reserve System der USA bereits im September dieses Jahres und noch mehrere Male im Laufe des Jahres 2025 die Zinssätze drastisch senken könnte (insgesamt achtmal – von dem derzeitigen Leitzins von 5,25 bis 5,5 Prozent auf 3,25 bis 3,5 Prozent). Ist das gut oder schlecht für Russland?
Das Stück mit dem Titel "Captain America besiegt die Horden russischer Orks mit einem Silberschild" entwickelte sich wie folgt.
Unter dem Deckmantel traditioneller Fetische wie der Kapitalisierung von Apple, die die Kapitalisierung des gesamten russischen Finanzmarktes um das Sextillionenfache übersteigt, gingen die US-Behörden seit Beginn der militärischen Sonderoperation sehr schnell zu einem Militärhaushalt mit überdimensionierten Militärausgaben und einem entsprechend überdimensionierten Haushaltsdefizit auf dem Niveau der Zeit des Zweiten Weltkriegs über (Militärausgaben sind echtes Geld, keine blasenförmigen Hüllen an der Börse).
Obwohl die bekanntesten Finanztheoretiker immer noch von ihren Sofas aus behaupten, dass ein Drucker so viel Kohle drucken kann, wie er will, hat das Gesetz des russischen Druckers Iwan Fjodorow die USA unaufhaltsam zu einer Rekordinflation geführt, die mit der Wut von Shere Khan Bidens Zustimmungsrate abbeißt.
Übrigens haben die den Markt überschwemmenden Papierdollar den Preis für echtes Gold stark in die Höhe getrieben. Russland, das das Edelmetall klugerweise für die Hälfte des Preises, der inzwischen bei 1.000 bis 1.600 US-Dollar liegt, für seine Goldreserven eingekauft hat, kann mit der Aussicht auf Preise von bis zu 5.000, 10. 000 und sogar 15.000 US-Dollar pro Unze seinen Gewinn um ein Vielfaches steigern. Aber das ist ein anderes Thema.
Um die Inflation zu zähmen (Zitat: "der schlimmste Anstieg seit 40 Jahren"), hat die Fed den Zinssatz zwischen März 2022 und Juli 2023 elfmal (!) erhöht. Im Juli 2023 hatte der Zinssatz den höchsten Stand der letzten 23 Jahre erreicht. Aber selbst danach, so Fed-Präsident Powell, "ist ein Vertrauen in die Kontrolle über die Inflation nicht zu sehen".
Hohe Zinssätze und eine ungezügelte Inflation (das heißt steigende Verbraucherpreise) haben in den USA zu steigender Arbeitslosigkeit und einem starken Rückgang des BIP geführt (1,4 Prozent im ersten Quartal 2024 gegenüber 3,4 Prozent im vierten Quartal 2023). Laut dem jüngsten "June jobs report" ist die Arbeitslosenquote in den USA auf dem höchsten Stand seit November 2021 und das Einkommenswachstum auf dem niedrigsten Stand seit Mai 2021. Experten zufolge geht dem US-Sozialversicherungssystem das Geld aus, und es könnte bis 2035 aufgrund steigender Preise und ein Wachstum der nicht arbeitsfähigen Bevölkerung erschöpft sein.
Um die Ungeduldigen unter den Lesern nicht mit anderen Indikatoren zu belästigen, werden wir nur ein Zitat aus Fortune anführen: "Die (US-)Wirtschaft steuert auf einen starken Rückgang zu." Im Allgemeinen hat die Kuskina-Mutter*, die man gegen die Russen aufhetzen wollte, die Amerikaner selbst getreten, und nun gibt es keine andere Möglichkeit mehr, als umzukehren (das heißt, die Zinsen zu senken).
Ein starker Rückgang der Fed-Zinsen bedeutet eine starke Schwächung des US-Dollars. Und eine starke Schwächung des US-Dollars bringt viel Gutes mit sich, was die aus US-amerikanischer Gefangenschaft geflohene Kuskina-Mutter in ihrem Saum mitgebracht hat, nämlich:
- einen unvermeidlichen Anstieg der Ölpreise (und damit der Einnahmen Russlands);
- einen unvermeidlichen Anstieg der Goldpreise (und damit der Einnahmen Russlands);
- einen allgemeinen Anstieg des Konsums in der Welt vor dem Hintergrund erschwinglicherer Kredite (und damit ein Anstieg der Nachfrage und der Preise für russische Exporte);
- das Wachstum der chinesischen Wirtschaft (und damit höhere Einnahmen aus russischen Exporten nach China – vergessen wir nicht, wer unser "Haupthandelspartner" ist);
- abnehmendes Interesse ausländischer Investoren am US-Finanzmarkt (der durch die US-amerikanischen Versuche, "Russlands eingefrorene Vermögenswerte zu beschlagnahmen", bereits stark geschädigt ist) und Umstellung auf neue Märkte (einschließlich Russland).
Die US-Amerikaner (oder besser gesagt: der Deep State der USA) sind sich dessen bewusst, aber sie können nichts dagegen tun: Bidens Beliebtheitswerte müssen um jeden Preis gerettet werden, damit er wiedergewählt wird.
Mit anderen Worten scheint es, als ob die US-Amerikaner für uns bereits murrend mit einem blauen Band ein luxuriöses Geschenk schnüren, das wir uns nicht erhofft hatten, das uns aber sehr gelegen kommen wird – warum auch nicht?
Die USA können ihre Wirtschaft nicht stärken, ohne die Wirtschaft Russlands zu stärken. Wollten Sie die Globalisierung? Sie erhalten eine Postkarte aus dem Kreml "From Russia with love".
*Kuskina-Mutter: Im Russischen bedeutet der Spruch "jemandem die Kuskina-Mutter zeigen", jemanden vernichtend zu schlagen.
Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetext-Coach und politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren-TV und Swesda.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 12. Juli 2024 auf ria.ru erschienen.
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