Ein getroffener US-Flugzeugträger und eine Chance für Russlands Arktisroute
Von Viktoria Nikiforowa
Wir leben heute in einer erstaunlich kleinen Welt. Ein paar Explosionen im Fernen Süden wirken sich sofort auf den Hohen Norden aus, wecken Emotionen im Wilden Westen und ein Gefühl tiefer Zufriedenheit in Moskau.
Der Ferne Süden ist nicht nur der Teil des Roten Meeres, wo unsere Touristen schnorcheln und tauchen, sondern auch sein südlichster Teil, rund um den Jemen. Dort an der Küste sitzen die jemenitischen Huthis wie Räuber aus dem Märchen und beschießen westliche Schiffe. Das gelingt ihnen jedes Mal besser. Am letzten Tag des Frühlings feuerten die Huthi ballistische Raketen und Marschflugkörper auf den atomgetriebenen US-Flugzeugträger "Dwight D. Eisenhower" ["Mighty Ike"] ab und behaupteten, sie hätten ihn getroffen.
Der "feinste Fünf-Sterne-Flugzeugträger", wie ihn die Amerikaner bezeichnen, wurde 1977 vom Stapel gelassen und kostete den amerikanischen Fiskus mehr als fünf Milliarden Dollar in aktuellen Preisen. Seine geplante Lebensdauer beträgt 50 Jahre, und jetzt soll sie verlängert werden. Das ist aber nur möglich, wenn der Flugzeugträger "Mighty Ike" überhaupt bis zu seinem Jahrestag durchhält. Die Existenz des Flugzeugträgers "Mighty Ike" kostet den amerikanischen Fiskus fast 800 Millionen Dollar pro Jahr (ohne Instandhaltung von 90 Flugzeugen). Jetzt befindet sich der Flugzeugträger im Roten Meer an der Spitze einer Flugzeugträgergruppe, und die Flugzeuge, die von seinem Deck aus starten, treffen das jemenitische Gebiet.
Offiziell gilt der Flugzeugträger "Dwight D. Eisenhower" als unangreifbar. Auf die Meldung über den Beschuss durch die Huthi reagierte man in den Vereinigten Staaten mit Empörung — es handele sich um eine Fälschung. Aber die jemenitischen Guerillakämpfer lesen keine westlichen Zeitungen, sodass sie binnen 24 Stunden den Flugzeugträger erneut beschossen — mit Raketen und Drohnen. Gleichzeitig wurde auch ein US-amerikanischer Zerstörer beschossen. Darüber hinaus wurden mehrere unter israelischer Flagge fahrende Handelsschiffe getroffen.
Im Heimatland des Flugzeugträgers "Mighty Ike" herrschte diesbezüglich eisiges Schweigen. Soll man etwa zugeben, dass die "Schönheit" und der "Stolz" der amerikanischen Flugzeugträgerflotte unter Guerillabeschuss steht und nichts dagegen zu unternehmen vermag? Wie kann das überhaupt möglich sein?
Die westlichen Medien reagieren genauso wie im Februar, als die Huthi das britische Trockenfrachtschiff "Rubymar" angriffen. Vierzehn Tage lang waren die Propagandisten hysterisch: "Sie hätten das nicht schaffen können, sie haben nichts getroffen, es ist alles gelogen." Und dann, nachdem die Schiffsbesatzung evakuiert worden war, mussten sie das Offensichtliche zugeben — das Trockenfrachtschiff "Rubymar" war gesunken.
Die Tatsache, dass der Verkehr westlicher Schiffe — sowohl militärischer als auch kommerzieller Art — durch das Rote Meer praktisch lahmgelegt ist, kann jedoch nicht verschwiegen werden. Allein in Norwegen sind die Preise für Schiffsversicherungen im letzten Jahr auf das Hundertfache gestiegen. Die drastisch gestiegenen Transportkosten treiben die Importpreise in den westlichen Ländern in die Höhe. Als Reaktion darauf bombardieren amerikanische und britische Kriegsschiffe den Jemen, aber wenn dort Zivilisten getötet werden, beginnen die Huthi, westliche Schiffe noch heftiger zu beschießen. Die Spirale der Konfrontation ist nun in vollem Gange.
Und so begann in der Heimat der "Dwight D. Eisenhower" die Drehung des Globus in dem hektischen Versuch, eine sichere Alternative zum Roten Meer als Handelsroute zu finden. Und Bingo! – da, ganz oben auf dem Globus, gab es eine. Oh yes, das ist die "Arctic Trade Route" — so nennen die Amerikaner unsere nördliche Seeroute. Sie ist deutlich kürzer als der südliche Durchgang durch das Rote Meer von Europa nach Asien: 7.300 anstatt 11.200 Seemeilen und 20 anstatt 33 Tage Fahrzeit.
Aber hier liegt das Problem: Wie die US-Zeitung Foreign Policy anmerkte, verläuft die nördliche Seeroute durch russisches Gebiet, und die UdSSR begann bereits in den 1930er Jahren mit dem Aufbau ihrer Infrastruktur. Das bedeutet, dass die westlichen Länder die Russen für den Transit bezahlen müssten, und wenn einem Schiff bei schwierigen Eisverhältnissen etwas zustößt, müssten sie die Russen um Hilfe bitten und auch dafür bezahlen. Die Häfen und Ankerplätze entlang der nördlichen Seeroute liegen ebenfalls auf russischem Gebiet. Und wenn der Verkehr auf der nördlichen Seeroute bis 2030 ganzjährig wird — was Prognosen zufolge der Fall sein wird —, dann verfügt Moskau über die kürzeste, sicherste und unglaublich profitable Route von den Warägern zu den Griechen — also von Europa nach Asien.
Dem haben die Amerikaner und ihre Vasallen nichts entgegenzusetzen, schon allein die Geografie spielt gegen sie. Sie haben schlichtweg keinerlei Platz, um in diesem Gebiet irgendwo Militärbasen einzurichten, und ihre Eisbrecherflotte ist nicht mit der russischen vergleichbar.
Die Amerikaner hoffen (der Artikel in Foreign Policy deutet dies ungeschickt an), dass Russland und China in Bezug auf die nördliche Seeroute einige unlösbare Widersprüche haben werden. Zwar sind die chinesischen Kameraden wirklich geschickt im Aushandeln und in der Verteidigung ihrer Geschäftsinteressen, aber jede Verschärfung in dieser Frage wäre für sie unrentabel.
Die Hauptgefahr für China im Wirtschaftskrieg (und nicht nur in diesem) mit den USA besteht darin, dass Peking von den Seehandelswegen — von der Taiwanstraße bis zum Suezkanal — abgeschnitten wird. Und wenn Washington diese Drohung wahr macht, wird die einzige Route, über die China alle Importe — von Soja bis Munition, von Schweinefleisch bis Granaten — erhalten kann, die nördliche Seeroute sein. Und genau darin liegt ihre wichtigste strategische Bedeutung in der künftigen geopolitischen Landschaft. Selbst Foreign Policy betonte vor drei Jahren die militärische Bedeutung dieser Region:
"Die Arktis bietet Russland die beste Möglichkeit, seinen internationalen Einfluss auszuweiten, und bleibt eine strategische Schlüsselregion, in der das Land einen unbestrittenen militärischen Vorteil gegenüber seinen NATO-Gegnern hat."
So schlagen die Probleme des Flugzeugträgers "Mighty Ike" im Roten Meer in alle Teile der Welt aus. Für seine Besitzer ist es an der Zeit, Geografie zu lernen — sie ist wichtiger als jede politische Intrige.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. Juni 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.
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