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Die USA haben Taiwan zum Stolperdraht in einen Krieg gemacht. Kann China ihn umgehen?

Taiwan scheint eine clever platzierte Schachfigur in der US-Strategie zu sein, um China entgegenzutreten. Es besteht die reale Gefahr, dass China die Verzögerung eines raschen Handelns wie im Fall von Russland wiederholt. Eine Analyse.
Die USA haben Taiwan zum Stolperdraht in einen Krieg gemacht. Kann China ihn umgehen?Quelle: Gettyimages.ru © Annabelle Chih / Getty Images

Von Finian Cunningham

Seit der Bürgerkrieg auf dem Festland Chinas im Jahr 1949 mit dem Sieg der Kommunisten endete, gilt die Insel Taiwan, vor der Südküste Chinas, als Zufluchtsort für antikommunistische Kräfte und als ein Spielball der USA. Die Vereinigten Staaten haben die taiwanesischen Separatisten unter von der Zeit der Diktatur von Chiang Kai-shek an bis hin zur gegenwärtigen Regierung in Taipeh unterstützt und ironischerweise Taiwan stets als "demokratisch und frei" bezeichnet.

Washington reduzierte jedoch die Unterstützung für Taiwan im Jahr 1979, nachdem die USA bestrebt waren, die Beziehungen zu Peking im Rahmen der sogenannten Ein-China-Politik zu normalisieren, die Taiwan als Teil der Volksrepublik China definiert. Die Position der USA entsprach somit der internationalen Norm, China als eine souveräne Nation anzuerkennen, in der Taiwan eine Inselprovinz bildet.

Die sogenannte Normalisierung der Beziehungen der USA zu China war jedoch nicht von ehrlichen Absichten geleitet. Sie war lediglich ein geopolitischer Schachzug, um die Beziehungen zwischen China und der damaligen Sowjetunion zu trüben. Nachdem China und Russland – unter den Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin – eine strategische Allianz etablieren konnten, sind die Vereinigten Staaten erneut zu offenen Feindseligkeiten gegenüber China und zu ihrer Politik zurückgekehrt, Taiwan als Instrument zur Destabilisierung des Festlandes zu nutzen.

Nachdem die Regierung von Barack Obama im Jahr 2011 begonnen hatte, die neu definierte Strategie der "Ausrichtung auf Asien" umzusetzen, nahm Washington die Beziehungen zu Taiwan wieder ernsthaft auf, und zwar auf eine Art und Weise, die Peking mit Absicht provozieren und gleichzeitig seine Souveränität untergraben sollte.

Derzeit nehmen Spannungen um Taiwan zu, da die Vereinigten Staaten ihre Militärhilfen für den Inselstaat massiv erhöht haben. Die Natur der Waffensysteme, die geliefert wurden oder noch werden, werden zunehmend offensiver. Diese Entwicklung untergräbt nicht nur Chinas souveräne Autorität, es stellt in den Augen Pekings auch eine offensichtliche Bedrohung der nationalen Sicherheit dar. Taiwan liegt nur 130 Kilometer vom chinesischen Festland entfernt und bildet zusammen mit der Küste Chinas eine schmale Meerenge, die Taiwanstraße.

Die jüngsten Wahlen in Taiwan wurde von einer Partei gewonnen, die sich für eine Unabhängigkeit von China ausspricht. Es gab jedoch eine größere Zahl von Stimmen für Parteien, die sich für freundlichere Beziehungen zum chinesischen Festland einsetzen. Das deutet stark darauf hin, dass das taiwanesische Volk gegen eine militärische Konfrontation und für eine politische Versöhnung aufgeschlossen ist, wie sie von Peking vorgeschlagen wird. Vielleicht entwickelt sich mit der Zeit in der taiwanesischen Bevölkerung eine entscheidende Mehrheit, die sich sogar eine friedliche Wiedervereinigung wünscht.

Das Problem besteht darin, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle darüber haben, die Spannungen mit China anzuheizen. Peking könnte somit trotz seiner friedlichen Ambitionen, irgendwann in eine militärische Konfrontation um Taiwan verwickelt werden. Dies bringt China in ein akutes Dilemma. Soll es präventiv militärisch vorgehen oder abwarten und zusehen, wie die Dinge ihren Lauf nehmen?

Die Rückkehr des Wettbewerbs der Großmächte

Seit dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges im Jahr 1991, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, wendeten sich die Vereinigten Staaten in den darauffolgenden drei Jahrzehnten größtenteils dem internationalen Terrorismus zu. In den vergangenen Jahren haben die USA jedoch die Sorgen um den Terrorismus abgelegt und ihre Prioritäten hin zu den strategischen Bedenken hinsichtlich des "Wettbewerbs der Großmächte" verlagert.

Russland und China gelten als die größten geopolitischen Rivalen der USA bei der Ausübung globaler Macht. Auf diese Weise kam es in Washington zu einer Rückbesinnung auf die Geopolitik und zu einer Rückkehr der Rhetorik des Kalten Krieges, wie sie in den fünf Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg die internationalen Beziehungen dominierte. Während Moskau und Peking Rivalitäten ablehnen und wiederholt auf eine friedliche Koexistenz in einer multipolaren Welt gedrängt haben, versuchen die Vereinigten Staaten unermüdlich, die sogenannte "globale regelbasierte Ordnung" als von Russland und China bedroht darzustellen.

Der aktuellen US-Regierung unter Präsident Joe Biden ist es gelungen, die internationalen Beziehungen als einen existenziellen Wettbewerb zwischen "Demokratie und Autokratie" darzustellen. Dieses Nullsummenspiel ist typisch für eine Ideologie, die dem Kalten Krieg entlehnt ist und die darauf abzielt, die internationalen Beziehungen in geopolitische Lager von "wir und sie" zu spalten. Eine solche Polarisierung ist ein wesentliches Werkzeug in der Machtpolitik der USA und des Westens sowie bei der Förderung der hegemonialen Ambitionen Washingtons.

Durch die Aufteilung der Welt in "Blöcke", sind die daraus resultierenden Konfliktbeziehungen und Spannungen dem US-Militarismus zuträglich. Mit anderen Worten: Kooperative friedliche internationale Beziehungen, wie sie Russland und China in ihren multipolaren Visionen anstreben, sind ein Gräuel für das Streben der USA nach Hegemonie auf der Grundlage einseitiger Vorherrschaft.

Für die Vereinigten Staaten ist China der Feind Nummer eins

In mehreren strategischen Planungsdokumenten der USA wird der Schwerpunkt ausdrücklich auf den "Wettbewerb der Großmächte" gelegt. Die Nationale Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2022 definiert die vorrangigen Ziele der USA. In diesem Dokument heißt es:

"Wir befinden uns jetzt in den ersten Jahren eines entscheidenden Jahrzehnts für die Vereinigten Staaten und für die Welt als Ganzes. Bedingungen für den geopolitischen Wettbewerb zwischen den Großmächten werden festgelegt und die Ära nach dem Kalten Krieg ist endgültig vorbei. Zwischen den Großmächten ist ein Wettbewerb in Gang gekommen, bei der Gestaltung von dem, was als nächstes kommt."

Der strategische Ausblick macht China eindeutig zur größeren Bedrohung für die Macht der USA als Russland. In dem Dokument heißt es weiter:

"Russland und die Volksrepublik China stellen unterschiedliche Herausforderungen dar. Russland ist eine unmittelbare Bedrohung für das freie und offene internationale System und missachtet rücksichtslos die Grundregeln der internationalen Ordnung, wie sein brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine gezeigt hat. Im Gegensatz dazu ist die Volksrepublik China der einzige Rivale, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, als auch zunehmend über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dieses Ziel voranzutreiben."

Ein weiteres wichtiges US-Planungsdokument, die Nationale Verteidigungsstrategie aus dem Jahr 2022, definierte China ebenfalls als "wachsende Herausforderung" für die US-amerikanische Vormachtstellung. Es wurde festgestellt, dass China "der einzige Rivale der Vereinigten Staaten mit der Absicht und der zunehmenden Fähigkeit ist, die internationale Ordnung umzugestalten".

Der Begriff "wachsende Herausforderung" ist ein Euphemismus für "Feind Nummer Eins". Die Einstufung Chinas gegenüber Russland als größte Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA wurde in den Nationalen Verordnungen zur Verteidigungsgenehmigung für 2023 und 2024 bekräftigt. Diese Verordnungen regeln die jährlichen US-Militärausgaben von über 850 Milliarden US-Dollar – etwa das Vierfache der Militärausgaben Chinas und mehr als das Achtfache jener Russlands.

Der Krieg in der Ukraine, der im Februar 2022 ausbrach, hat die Spannungen und die Feindseligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und Russland sicherlich verschärft. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass Russland von Washington als größere Bedrohung angesehen wird als China. Doch trotz der hitzigen Rhetorik und des Krieges in der Ukraine besteht die strategische Perspektive nach Ansicht der US-Planer darin, dass China langfristig als Hauptrivale wahrgenommen wird. Sogar der russische Präsident Wladimir Putin gab kürzlich in einem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson zu, dass China in Washington als größere Bedrohung angesehen wurde als Russland. "Der Westen hat mehr Angst vor einem starken China als vor einem starken Russland", sagte Putin.

Die USA planen einen Krieg mit China

Die US Air Force kündigte am 12. Februar 2024 eine umfassende Überarbeitung und Erweiterung der Streitkräftestruktur im asiatisch-pazifischen Raum an. Darin wurde China ausdrücklich als eine Bedrohung und als Grund für die erneute militärische Aufrüstung genannt, im Hinblick auf einen "Intensivkonflikt". Als der zivile Chef der US-Luftwaffe, Frank Kendall, im Jahr 2022 auf seinen Posten berufen wurde, erklärte er vor dem US-Kongress, dass seine drei Prioritäten lauteten: "China, China, und China." Mehrere hochrangige US-amerikanische Kommandeure haben öffentlich davor gewarnt, dass sich die Vereinigten Staaten in den nächsten fünf Jahren in einem Krieg mit China befinden könnten. Und sie nannten Taiwan als auslösenden Krisenherd.

Diese Kriegsplanung führt zu einer allgemeinen militärischen Aufrüstung der USA im asiatisch-pazifischen Raum, die sowohl Luftwaffe, Marine und Landstreitkräfte umfasst. Washington hat militärische Stützpunkte und Raketensysteme in Australien, Japan, Südkorea, den Philippinen, Guam und, was am provokantesten ist, auf dem chinesischen Territorium Taiwan selbst ausgebaut.

Am 16. Januar 2024 berichteten taiwanesische Medien, dass das Inselterritorium an seiner Ostküste, mit Blick auf die Straße von Taiwan und das chinesische Festland, zwei neue Abschussanlagen für Raketen baut. Die Neubauten sind auf die erwartete Lieferung weiterer Raketen aus den USA für die Abwehr von Schiffen zurückzuführen. Den Berichten zufolge sind fünf weitere solcher Anlagen in Planung. Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass die USA in den kommenden Jahren eine militärische Konfrontation mit China erwarten und dementsprechend langfristig planen.

Taiwan ist der wichtigste Ausgangspunkt für Feindseligkeit der USA

Nach den Wahlen in Taiwan am 13. Januar 2024, erklärte US-Präsident Joe Biden, dass die USA eine "Unabhängigkeit" des Inselterritoriums nicht unterstützen würden. Biden bekräftigte damit öffentlich das Festhalten Washingtons an der Ein-China-Politik.

Bidens öffentliche Position zu Taiwan und zu China muss jedoch als Teil der "strategischen Ambiguität" der Vereinigten Staaten verstanden werden. Offiziell behauptet Washington, China als alleinige souveräne Macht in Bezug auf Taiwan anzuerkennen. In der Praxis hingegen deuten die Maßnahmen der USA auf eine andere, hinterhältige Agenda hin.

Als der chinesische Präsident Xi Jinping im November 2023 beim APEC-Gipfel in San Francisco auf Biden traf, bekräftigte die US-amerikanische Seite ihre Verpflichtungen im Rahmen der Ein-China-Politik. Auf diesem Gipfel forderte Präsident Xi die Vereinigten Staaten auf, die Bewaffnung Taiwans einzustellen. Er sagte, Taiwan sei das "explosivste" Problem und warnte davor, dass China Gewalt anwenden werde, wenn die Angelegenheit im Hinblick auf die Wiedervereinigung nicht diplomatisch gelöst werde. Unter Biden und seinem Vorgänger, dem republikanischen Präsidenten Donald Trump, haben die USA ihre Waffenlieferungen an Taiwan stark hochgefahren. Provokant dabei ist, dass die USA beschlossen haben, die Ermahnungen von Präsident Xi, von einer weiteren Bewaffnung Taiwans abzusehen, zu ignorieren.

Der gemeldete Ausbau von Abschussanlagen für Raketen und die Lieferung von US-Raketen an Taiwan deuten darauf hin, dass Washington einen Kurs eingeschlagen hat, um China zu verärgern, indem es dessen Souveränität über Taiwan untergräbt.

Am 8. Februar 2024 wurde erstmals von US-amerikanischen und taiwanesischen Medien berichtet, dass US-Spezialeinheiten dauerhaft in Taiwan und den benachbarten Kinmen-Inseln, nahe dem chinesischen Festland, stationiert werden sollen. Diese Entwicklung stellt einen schweren Verstoß der USA gegen die Ein-China-Politik dar. Es relativiert zudem die Zusagen, die Biden gegenüber Xi Jinping während des APEC-Gipfels gemacht hatte. Darüber hinaus dienen US-Streitkräfte in Taiwan dem Zweck einer beleidigenden Konnotation. Das US-Personal soll sich Berichten zufolge damit beschäftigen, taiwanesische Militäreinheiten für Konflikte auszubilden und Chinas Streitkräfte auf dem gegenüberliegenden Festland auszuhorchen.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese neusten militärischen Entwicklungen in Taiwan nach einem Treffen zwischen dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, und dem hochrangigen chinesischen Diplomaten Wang Yi erfolgten, das am 26. Januar in Thailand stattfand. Anfang Februar nahmen chinesische und US-amerikanische Beamte nach einem zweijährigen Moratorium erneut "Gespräche auf hoher Ebene" im Pentagon auf. In westlichen Medien wurde die Gesprächsreihe als Versuch der amerikanischen Seite dargestellt, Spannungen abzubauen und die Kommunikation zwischen beiden Staaten zu verbessern. Aber auch hier scheinen solche Treffen keinem echten Versuch zur Verbesserung der Beziehungen zu dienen, sondern sind eher ein weiterer Beleg für die "strategischen Ambiguität" der USA. Genauer gesagt sollte diese Haltung "strategische Doppelzüngigkeit" genannt werden.

Es erscheint plausibel, dass Washington nun versucht, China über seine wahren Absichten in Bezug auf Taiwan und über die umfassendere Frage der strategischen Konfrontation in die Irre zu führen. Die Regierung von Joe Biden erklärt möglicherweise, dass man an der Ein-China-Politik festhalten will und fordert eine bessere Kommunikation zwischen den Militärs beider Länder, um Konflikte zu vermeiden. Doch in der Praxis drängen die Vereinigten Staaten darauf, Taiwan mit noch mehr Waffen zu beliefern. Diese beispiellose Aufrüstung mit US-Offensivwaffen wiederholt sich auch in anderen Gebieten im asiatisch-pazifischen Raum.

Die Wahl von Lai Ching-te zum taiwanesischen Präsidenten im vergangenen Januar garantiert Washington für die nächsten vier Jahre eine lautstarke "proamerikanische" Stimme in Taipeh.Lai hat sich schon früher für die Unabhängigkeit Taiwans von China ausgesprochen. Während des Wahlkampfes sagte Lai, es bestehe keine Notwendigkeit, eine solche Erklärung abzugeben, da Taiwan "bereits unabhängig" sei. Peking hat wiederholt seinen Wunsch und sein souveränes Recht auf eine vollständige Wiedervereinigung der Inseln mit dem chinesischen Festland erklärt. Präsident Xi hat jedoch gewarnt, dass sich China das Recht vorbehält, militärische Gewalt anzuwenden, um seine rechtmäßige souveräne Kontrolle über das Territorium durchzusetzen, sollte Taiwan seine Unabhängigkeit offiziell verkünden. Taiwan ist somit ein nützlicher Baustein in der US-Strategie, China im "Wettbewerb der Großmächte" entgegenzutreten.

Durch die stille Unterstützung von Politikern, die sich für die Unabhängigkeit von Taiwan aussprechen, schürt Washington separatistische Stimmungen. Die Versorgung des Territoriums mit US-Waffen und das Stationieren von US-Militärpersonal schürt zudem in Taiwan die Vorstellung, dass Washington ein militärischer Schutzschirm sei, der Taiwan bei der Verteidigung zur Seite stehen würde, falls ein Konflikt mit dem chinesischen Festland ausbrechen sollte.

Bezeichnenderweise ist der neue taiwanesische Präsident die dritte Regierung, die von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) gestellt wird. Die DPP kam erstmals 2016 unter Präsidentin Tsai Ing-wen an die Macht und wurde in der Folge 2020 wiedergewählt. Ihr Vizepräsident Lai Ching-te wird im Mai das Amt übernehmen, sobald er als Präsident vereidigt wurde. Die DPP hat in den vergangenen acht Jahren mit der vollen Unterstützung Washingtons, sowohl unter der aktuellen Regierung von Joe Biden, als auch unter seinem Vorgänger Donald Trump, eine Unabhängigkeitspolitik vorangetrieben. Dieses politische Säbelrasseln wird wahrscheinlich auch in den kommenden vier Jahren während der Präsidentschaft von Lai anhalten.

Bezeichnend ist auch, dass in den letzten acht Jahren das taiwanesische Arsenal an Raketen aufgestockt wurde. Vor 2016 waren die militärischen Fähigkeiten der Insel begrenzt. Durch die Lieferungen aus den USA haben Taiwans Streitkräfte nun bedeutende Fähigkeiten im Bereich ballistischer Raketen erworben, insbesondere im Bereich der Anti-Schiffs-Raketen. Die Reichweiten dieser Waffen liegen bei relativ kurzen Distanzen von bis zu 500 Kilometern und können somit die südlichen Küstenprovinzen Chinas erreichen.

Was beobachtet werden muss, ist die Versorgung mit US-Raketen mit größerer Reichweite, die auf größere strategische Ambitionen in einem Konflikt mit China hindeuten würden. Die von den USA geförderte Militarisierung Taiwans steht im Zusammenhang mit der Anstiftung zu separatistischer Politik auf der Insel, was wiederum die Spannungen mit Peking schüren wird.

Am 13. Februar genehmigte der US-Senat ein militärisches Hilfspaket in Höhe von 95 Milliarden US-Dollar für ausländische Verbündete, darunter 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine, 14 Milliarden US-Dollar für Israel und acht Milliarden US-Dollar für den asiatisch-pazifischen Raum. Mit der letzten Tranche werden Taiwan fast fünf Milliarden US-Dollar zukommen. Mit den Mitteln für den asiatisch-pazifischen Raum werden der Ausbau von Raketenfähigkeiten in der Region durch die USA gedeckt.

Dies ist ein weiterer Indikator für die feindseligen Absichten der USA gegenüber China. Das scheinbare diplomatische Engagement und der erneuerte militärische Kommunikationsaustausch täuscht darüber bloß hinweg. Der ultimative Test in Bezug auf die Ein-China-Politik Washingtons sind jedoch die Fakten zur militärischen Offensivfähigkeit gegenüber China, wie sie sich vor Ort darstellen. Die Fakten belegen, dass Taiwan wie ein Stolperdraht angelegt wird, mit dem China verärgert und provoziert werden soll.

Die Analogie zum Konflikt zwischen der Ukraine und Russland

Es gibt eine lebhafte Analogie dazu, wie die USA die Ukraine zynisch als Provokation gegenüber Russland genutzt haben. Die Ukraine hat enge kulturelle Bindungen zu Russland und eine lange Geschichte umstrittener territorialer Konflikte. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Vereinigten Staaten ihre militärische Unterstützung für die Ukraine massiv verstärkt und die Feindseligkeiten zwischen Kiew und Moskau geschürt. Die Spannungen brachen im Februar 2022 in Form eines bewaffneten Konflikts aus, als Moskau eine militärische Invasion in die Ukraine anordnete, um den zunehmenden Provokationen Einhalt zu gebieten. Es folgte ein bisher zwei Jahre andauernder Krieg. Es ist seit dem Zweiten Weltkrieg der heftigste Krieg, der in Europa stattfindet. Schätzungsweise 500.000 ukrainische Soldaten sollen ihr Leben verloren haben. Der Konflikt hatte zudem verheerende Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft und brachte die Atommächte gefährlich nahe an einen katastrophalen, umfassenderen Krieg.

Chinas ehemaliger Botschafter in den Vereinigten Staaten, Cui Tankai, erklärte kürzlich, dass China in Taiwan nicht in eine militärische Falle geraten werde. Der erfahrene Diplomat spielte auf das von den USA angezettelte Szenario zwischen der Ukraine und Russlands an. In Bezug auf die Zunahme der Waffenlieferungen an Taiwan wurde Cui mit den Worten zitiert: "Jemand bereitet vielleicht einen Stellvertreterkrieg vor, aber wir werden nicht in diese Falle tappen. Wir wollen keine Situation erleben, in der Chinesen andere Chinesen töten."

Solche Bestrebungen sind lobenswert. Dennoch ist eine solche Ansicht eine Geisel des Schicksals. Die chinesischen Behörden wollen möglicherweise keinen Krieg um Taiwan und werden ihr Möglichstes tun, um einen solchen zu vermeiden. Pekings Wunsch nach einer friedlichen Wiedervereinigung mit Taiwan ist zweifellos echt. Dennoch verfügen die Vereinigten Staaten leider über die finstere Macht, Taiwan zum Auslöser eines Krieges zu machen. Washington baut seine militärischen Angriffskapazitäten aus und schürt eine aufrührerische Unabhängigkeitspolitik, während Peking diesen feindseligen Prozess nicht kontrollieren kann. Irgendwann könnte Taiwan zu dem werden, was die Ukraine für Russland wurde – der Schauplatz eines Stellvertreterkrieges der Vereinigten Staaten.

In diesem Fall bleibt eine düstere Prognose: China sollte eher früher als später militärisch handeln, um seine Kontrolle über Taiwan zu behaupten. Angesichts der rücksichtslosen und unverbesserlichen Provokationen der USA scheint ein Krieg unvermeidlich. Die Kriegslust in Washington ist konstant, unabhängig davon, wer im Weißen Haus sitzt. Die US-Präsidentschaftswahl im November dieses Jahres wird bei der strategischen Ausrichtung keinen Unterschied machen. Je länger China auf seine Reaktion warten lässt, desto größer wird die militärische Konfrontation aufgrund der zunehmenden Offensivfähigkeit Taiwans, die von den USA bereitgestellt wird.

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte in einem Interview am 14. Februar 2024, dass er es im Falle des aktuellen Krieges in der Ukraine zutiefst bedauere, nicht früher gehandelt zu haben, um gegen die Provokationen der USA zu intervenieren. Putin ordnete am 24. Februar 2022 eine russische Militärintervention in der Ukraine an, um die ethnische russische Bevölkerung der ehemaligen Ostukraine zu verteidigen und der wachsenden Bedrohung der nationalen Sicherheit Russlands durch die NATO zuvorzukommen.

Ich habe vor zehn Jahren einen Artikel über die finsteren Entwicklungen unter dem von der NATO unterstützten Regime in Kiew geschrieben, das im Februar 2014 durch einen von der CIA unterstützten Staatsstreich an die Macht kam. In diesem Artikel argumentierte ich, dass Putin bereits Mitte 2014 Truppen in die Ukraine hätte schicken sollen, um einem drohenden Stellvertreterkrieg unter der Führung der USA zuvorzukommen. Die darauffolgenden Ereignisse in der Ukraine – das schreckliche Ausmaß an Tod und Zerstörung – und Putins jüngstes Eingeständnis des Bedauerns, deuten darauf hin, dass meine Prognose im Jahr 2014 richtig war.

Was Taiwan betrifft, besteht die reale Gefahr, dass China die Verzögerung eines raschen Handelns wie im Fall von Russland wiederholt. Wenn Chinas Präsident Xi Jinping nicht entschlossen vorgeht, könnte er in Bezug auf Taiwan irgendwann dasselbe Bedauern empfinden wie Putin über die Ukraine.

Anmerkung des Autors: Der verstorbene, große Journalist John Pilger schrieb und produzierte 2016 einen preisgekrönten Dokumentarfilm, "The Coming War on China" (Der baldige Krieg mit China). Dieser Artikel ist dem Gedenken an John Pilger (1939 – 2023) gewidmet, einem der besten Journalisten den die Welt je erleben durfte.

Aus dem Englischen

Finian Cunningham ist ein preisgekrönter Journalist. Mehr als 25 Jahre arbeitete er als Redakteur und Autor unter anderem für Zeitungen wie Mirror, Independent, Irish Times und Irish Independent.

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