Machtdemonstration ohne strategisches Kalkül: Westen bombardiert erneut Jemen
Von Armin Schmitt
Die von den USA geführten Luftangriffe auf den Jemen als Reaktion auf Angriffe der Huthi auf die Schifffahrt im Roten Meer lenkten am Freitag die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wieder auf armes Land, das in den vergangenen Jahren einem brutalen Krieg der von Saudis und dem Westen geführten Koalition ausgesetzt war.
Die saudisch geführte Kriegskoalition im Jemen begann im März 2015 ihre Militäroperationen. Sie hatte dabei grünes Licht seitens des Westens und führte dabei laut UNO-Berichten eine der bislang schwersten humanitären Katastrophen der Welt herbei. Militärische Erfolge der von Iran unterstützten Huthi läuteten aber später ein Umdenken in der arabischen Kriegskoalition in Richtung eines Einfrierens des Krieges ein.
Der Jemen war aber erneut nach einer langen Pause am Freitag einem massiven Angriff amerikanischer und britischer Schiffe, U-Boote und Kampfflugzeuge ausgesetzt. Die USA und Großbritannien attackierten nach eigenen Angaben mithilfe der Niederlande, Kanadas und Bahrains Stellungen der Huthi. Das US-Militär setzte über 100 präzisionsgelenkte Waffen ein, um über 60 Ziele im Jemen zu treffen. Dies sei eine "direkte Reaktion auf die beispiellosen Angriffe der Huthi auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer", teilte das Weiße Haus in einer schriftlichen Stellungnahme von US-Präsident Joe Biden mit. Die Huthi haben Rache für den Militärschlag der USA, Großbritanniens und anderer Verbündeter im Jemen bereits angekündigt. "Die USA und Großbritannien werden bereit sein müssen, einen hohen Preis zu zahlen", drohte ein Vertreter der von Iran unterstützten Huthi.
Iran verurteilt die Angriffe der USA und Großbritanniens auf den Jemen. Es seien mehrere Städte im Jemen angegriffen worden, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, dem Nachrichtenportal Nournews zufolge. Russland beantragt eine dringende Sitzung des UN-Sicherheitsrates, um die Angriffe auf die Huthi im Jemen zu besprechen.
Die Huthi im Jemen attackieren seit Wochen in großem Ausmaß Schiffe in der Meerenge Bab al-Mandab, um sie an einer Durchfahrt in Richtung Israel zu hindern. Die Huthi-Bewegung zielt darauf ab, den Strippenzieher des Gaza-Kriegs, nämlich die USA, herauszufordern, indem sie die westliche Lieferkette über den Suez-Kanal gefährdet und Israel zum Waffenstillstand in Gaza zwingt.
Israel darf faktisch in 90 Tagen 30.000 unschuldige Menschen töten, aber wenn ein Akteur in der Region die Schifffahrt im Roten Meer stört, um Israel zu einem Waffenstillstand zu bewegen, fallen US- und NATO-Bomben. Das ist nicht anders als eine Machtdemonstration, die sich noch immer aus einem kolonialistischen Denken nährt.
Dabei fehlt allerdings ein strategisches Kalkül: Die jahrelang von Saudi-Arabien geführte Kriegskoalition im Jemen führte seinerzeit nicht dazu, dass die Huthi das Diktat des Westens über die Zukunft des Jemen akzeptieren. Und der saudische Kronprinz Mohammad Bin Salman sah sich damals gezwungen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und die Huthi als den faktischen Machthaber im Jemen anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund haben die Saudis sich sofort von den jüngsten Luftangriffen der USA auf den Jemen distanziert. Denn Riad bemüht sich derzeit um eine heikle Entspannung mit Iran und einen Waffenstillstand im Jemen-Krieg, aus dem es sich endlich erfolglos zurückgezogen hat.
Mit Bombardierungen des Jemen erreicht Israel sein Ziel, die USA in den Nahost-Krieg hineinzuziehen. Israel arbeitet derzeit an einer Provokation in der Region hin, um von dem Versagen der IDF am 7. Oktober in Israel sowie vom gescheiterten Militäreinsatz in Gaza abzulenken. Jemen ist im Gegensatz zu dem "Freiluftgefängnis" Gaza genug groß, um weiter die Schifffahrt im Roten Meer durch Raketenangriffe zu stören. Mit dem jüngsten Luftangriff bringen die USA zudem ihre Besatzungssoldaten im Irak und in Syrien angesichts der möglichen Vergeltungsschläge irantreuer Milizen wieder in Gefahr.
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