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Armeniens Regierungschef in "Politico"-Interview: Jerewan kann sich nicht mehr auf Moskau verlassen

Zuletzt distanzierte sich Nikol Paschinjan verbal immer mehr von Russland. In seinem jüngsten Interview bezeichnete der armenische Premierminister die Konfliktregion Bergkarabach erneut als aserbaidschanisches Gebiet und kündigt die Ratifizierung des Römischen Statuts an.
Armeniens Regierungschef in "Politico"-Interview: Jerewan kann sich nicht mehr auf Moskau verlassenQuelle: AFP © KAREN MINASYAN

Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan hat der US-Zeitung Politico ein Interview gewährt, in dem er sich erneut verbal von Russland distanzierte. Ihm zufolge hätten sich die Fähigkeiten des langjährigen Verbündeten durch die Ereignisse in der Ukraine verändert. Demnach wolle Moskau infolge des Ukraine-Krieges einen Abbruch seiner Kontakte zu Baku und Ankara vermeiden. Mit Blick auf den jahrzehntelangen Konflikt zwischen den beiden Ex-Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan um die südkaukasische Region Bergkarabach sagte der Politiker:

"Armenien kann sich nicht mehr auf Moskau als Garanten für seine Sicherheit verlassen – nicht einmal angesichts der wachsenden Befürchtungen, dass der Konflikt wieder aufflammen könnte."

Paschinjan warf dem russischen Friedenskontingent in der Region vor, bei seiner Mission versagt zu haben. Die Sicherheitslage in Bergkarabach habe sich dramatisch verschlechtert. Die Blockade des Latschin-Korridors durch Aserbaidschan habe eine humanitäre Krise ausgelöst. Im Einklang mit dem trilateralen Abkommen aus dem Jahr 2020 falle die Gewährleistung der Sicherheit der einzigen Autostraße in der Region in den Zuständigkeitsbereich der russischen Friedenstruppen.

"Da es diese Probleme gibt, haben die russischen Friedenstruppen bei ihrer Mission versagt. Aber ich kann nicht sagen, dass die Situation jetzt besser wäre, wenn die russischen Friedenstruppen nicht in Bergkarabach wären."

Der Regierungschef bestätigte gegenüber Politico, dass er Bergkarabach als aserbaidschanisches Gebiet anerkenne. Nun müsse die internationale Gemeinschaft sicherstellen, dass es in der Region zu keinen "ethnischen Säuberungen" komme. Paschinjan sprach sich dabei für Friedensverhandlungen mit Aserbaidschan unter Vermittlung der EU, der USA und Russlands aus. Gleichzeitig kündigte er eine neue Strategie an: Jerewan müsse nun seine Abhängigkeit von anderen Ländern maximal reduzieren.

"Wir wollen ein unabhängiges und souveränes Land sein, und wir müssen Mittel haben, um nicht in den Mittelpunkt von Zusammenstößen zwischen West und Ost oder Nord und Süd zu geraten."

Der Politiker kündigte außerdem die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) durch das armenische Parlament an. Paschinjan wies zugleich die Behauptung zurück, dass diese Entscheidung etwas mit dem russisch-armenischen Verhältnis zu tun habe.

Seit März 2023 liegt ein Haftbefehl des IStGH in Den Haag gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin und Russlands Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa wegen der "Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland" vor. Moskau erkennt die Autorität des IStGH nicht an und weist die Anschuldigungen zurück, indem es darauf beharrt, die Kinder während des bewaffneten Konflikts mit der Ukraine in Sicherheit gebracht zu haben.

Ende September 2020 war der jahrzehntelange Konflikt zwischen den ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan erneut zu einem regelrechten Krieg eskaliert. In der Nacht zum 10. November desselben Jahres einigten sich die Konfliktparteien unter der Vermittlung Russlands auf einen Waffenstillstand. Im Rahmen des trilateralen Abkommens trat Jerewan an Baku einige Gebiete ab, die sich bis dahin unter der Kontrolle der nicht anerkannten Republik Arzach in Bergkarabach befunden hatten. Außerdem entsendete Russland Friedenstruppen in die Region.

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