International

Kirgisisches Gericht verurteilt SMO-Veteranen zu zehn Jahren Haft

Am 16. Mai hat ein Gericht in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek einen kirgisischen Staatsangehörigen, der an der russischen militärischen Sonderoperation in der Ukraine teilgenommen hatte, zu einer zehnjährigen Haftstrafe wegen des Straftatbestands des "Söldnertums" verurteilt.
Kirgisisches Gericht verurteilt SMO-Veteranen zu zehn Jahren HaftQuelle: RT © Aufnahmen aus dem Familienarchiv

Von Pjotr Swetow

Der 31-jährige Askar Kubanytschbek Uulu trat im Juli 2022 den in der Ukraine eingesetzten russischen Truppen bei, verließ den Dienst aber einige Monate später, weil er von der schweren Erkrankung seines Vaters in Bischkek erfuhr und nach Hause zurückkehrte. Im Januar 2023 wurde der Mann festgenommen und inhaftiert. Im Mai entschied ein Gericht, dass Kubanytschbek an einem bewaffneten Konflikt in einem fremden Land "aus söldnerischen Motiven" teilgenommen habe und verurteilte ihn zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe. Er selbst hat sich für "nicht schuldig" bekannt.

Eine migrantische Erfolgsgeschichte

Askar Kubanytschbek zog 2010 von Bischkek nach Russland. Vor Beginn der militärischen Sonderoperation lebte und arbeitete der Mann in Moskau: zunächst in der Unterhaltungsbranche, während der Pandemie in einem beliebten Online-Shop, dann versuchte er sich als Geschäftsmann. Kubanytschbeks Verwandte leben nicht in Russland – sein Vater wohnt in Bischkek, und seine Mutter ist vor mehr als zehn Jahren mit seinem jüngeren Bruder und seiner Schwester nach Italien gezogen.

"In Moskau hat mein Sohn viele Jahre lang in einem Filmstudio gearbeitet; er hat dort viele Bekannte in der Branche. Vor zwei Jahren erzählte mir mein Sohn, dass er mit seinem russischen Freund ein Geschäft für Flugtickets eröffnet hat. Die Arbeit lief gut – mein Sohn verdiente Geld und schickte mir und seinem Vater Geld für medizinische Behandlungen. Er hat uns geholfen", sagte Askars Mutter.

Als die Sonderoperation im Februar 2022 begann, zwangen Sanktionen und die Streichung vieler internationaler Flüge das Unternehmen zur Schließung. Laut Kubanytschbeks Verwandten begann er zur gleichen Zeit, im Sommer 2022, davon zu sprechen, dass er der Armee beitreten wolle. Diese Entscheidung war teilweise auf seinen Wunsch zurückzuführen, einen russischen Pass zu erhalten und anschließend ein eigenes Unternehmen in Russland zu eröffnen.

Hierbei sei daran erinnert, dass der russische Präsident Wladimir Putin am 15. Mai 2023 einen Erlass unterzeichnet hat, der vorsieht, dass ausländische Staatsangehörige, die einen Vertrag über den Dienst in den russischen Streitkräften für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr unterzeichnen, die russische Staatsbürgerschaft in einem vereinfachten Verfahren beantragen können.

Die Mutter von Askar Kubanytschbek erklärte gegenüber RT, dass die russische Staatsbürgerschaft nicht die einzige Motivation ihres Sohnes war. Ihr zufolge haben auch Askars persönliche Überzeugungen ihn dazu veranlasst, in die Armee einzutreten – er hatte mehr als zehn Jahre in Russland gelebt und betrachtete das Land bereits als seine Heimat:

"Er sagte mir, er wolle in die Armee und erklärte, dass er seit vielen Jahren in Russland lebe, dass es seine Heimat sei und dass er gehen müsse, um an der Sonderoperation teilzunehmen. Er sagte, er habe alle seine Freunde in Moskau. Ich weinte und bat ihn, nach Kirgisistan zurückzukehren. Er beruhigte mich, versprach mir, dass er seine Zeit ableisten und zurückkommen werde, dass alles gut werden würde."

Apsamat, der Bruder von Kubanytschbek, merkte in einem Gespräch mit RT an, dass sein Bruder vor seiner Abreise in das Kampfgebiet über seinen Kameraden sprach, der sich ebenfalls der russischen Armee angeschlossen hatte. Apsamat zufolge ging Askar auch wegen seines Freundes zur Armee:

"Sein enger Freund ist dorthin gegangen. Mein Bruder hat mir gegenüber ein paar Mal erwähnt, dass sein Freund ihn angerufen hat, dass er dorthin gehen wollte. Sein Anwalt riet meinem Bruder, vor Gericht seinen russischen Pass zu erwähnen – und offenbar war das ein schlechter Rat, denn die Erlangung der Staatsbürgerschaft wurde schließlich als eigennütziges Motiv meines Bruders angesehen. Aber in Wirklichkeit ist er wegen des Freundes dorthin gefahren."

Rückkehr in die Heimat und Verhaftung

Kubanytschbek hatte keine Zeit, die für die Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft erforderliche Zeit abzuleisten: Als es ihm im Oktober 2022 gelang, Kontakt zu seiner Familie aufzunehmen, wurde ihm mitgeteilt, dass sein Vater in Bischkek schwer erkrankt war. Er quittierte den Militärdienst, um ihn in Kirgisistan zu besuchen.

Im November kam die gesamte Familie in Bischkek zusammen: Auch der jüngere Bruder und die Schwester reisten mit ihrer Mutter aus Italien nach Kirgisistan, um ihren kranken Vater zu besuchen. Die Familie feierte gemeinsam das Neujahrsfest, und gleich nach den Neujahrsfeiertagen kamen Polizeibeamte zu ihrem Haus, um Askar abzuholen.

"Am 11. Januar nahmen sie uns direkt in der Wohnung fest. Es gab eine 'Maskenshow' – sie hielten uns fest wie eine Art Terroristen. Sie legten uns alle auf den Boden, begannen alles zu filmen und nahmen unsere Telefone mit. Ich geriet in Panik, versuchte herauszufinden, was passiert war, und mir wurde gesagt, dass sie mich festhielten, weil mein Bruder an Kampfhandlungen in der Ukraine teilgenommen hatte. Zu Hause hatte mein Bruder eine Militäruniform, einen Mantel und eine Tasche – eine kleine Tasche mit dem Buchstaben Z darauf. All das wurde als Beweismittel mitgenommen", erinnerte sich Askars Bruder.

Zunächst nahm die Polizei auch Apsamat mit, da er ebenfalls verdächtigt wurde, an der militärischen Sonderoperation teilgenommen zu haben. Nach einem Tag des Verhörs wurde er allerdings wieder freigelassen. Am 16. Januar wurde Kubanytschbek angeklagt und gegen ihn wurde ein Haftbefehl erlassen. Laut seinem Bruder Apsamat wurde die Familie weiterhin unter Druck gesetzt, sie befürchtete, wegen der "Verschleierung des Verbrechens ihres Bruders" strafrechtlich verfolgt zu werden. Apsamat erklärte: 

"Ich wurde mehrmals verhört und unter Druck gesetzt, dass ich alles über meinen Bruder wüsste und es angeblich vor den Behörden verheimlicht hätte – damals war mir nicht bewusst, dass dieser Straftatbestand nicht für Verwandte gilt."

Ermittlungsverfahren und Gerichtsverhandlung

Das kirgisische Strafgesetzbuch definiert Söldner als "kirgisischen Staatsbürger, der sich an einem bewaffneten Konflikt in einem anderen Staat beteiligt, um eine materielle Belohnung zu erhalten oder andere Interessen zu verfolgen". Das Perwomaiski-Gericht in Bischkek kam zu dem Schluss, dass das Motiv für die Teilnahme von Askar Kubanytschbek am Militäreinsatz darin bestand, einen russischen Pass zu erhalten.

"Im Juni 2022 beschloss K. u. A. [Askar Kubanytschbek Uulu], der sich in der Stadt Moskau aufhielt, aus eigennützigen Motiven, sich in die Reihen der bewaffneten Gruppen der selbsternannten Lugansker Volksrepublik (LVR) einzureihen, um am bewaffneten Konflikt zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine teilzunehmen, und zwar aus einem anderen Interesse heraus, nämlich um die Staatsbürgerschaft und den Pass der Russischen Föderation zu erhalten", heißt es im Urteil.

Weiter heißt es, dass Kubanytschbek als stellvertretender Kommandant eines Kampffahrzeugs und als Schütze eingesetzt worden sei. Den Ermittlungen zufolge wurde er bis September 2022 ausgebildet, und als er sich auf dem Gebiet der LVR befand, habe Kubanytschbek "an Aufklärungsoperationen der besagten militärischen Gruppe unter Verwendung unbemannter Luftfahrzeuge" teilgenommen und sei an der "Bereitstellung von Mörserwerfern und Munition für diese an der Frontlinie" beteiligt gewesen.

Kubanytschbek selbst plädierte auf "nicht schuldig" – er erklärte dem Gericht, dass er während seines Dienstes nie einen Schuss abgefeuert habe und nur an der Versorgung mit Lebensmitteln beteiligt gewesen sei, außerdem habe er mehrmals Drohnen bedient, "um die Einheimischen im Auge zu behalten".

Vor Gericht beantragte Kubanytschbek eine Umstufung seiner Handlungen in den weniger schwerwiegenden Artikel 256 des Kirgisischen Strafgesetzbuches – "Teilnahme eines Bürgers der Kirgisischen Republik an bewaffneten Konflikten oder militärischen Aktionen im Ausland" –, doch sein Antrag wurde abgelehnt, und er wurde des Söldnerwesens für schuldig befunden.

Vorbeugende Maßnahmen

In einem Gespräch mit RT betonte der Militärjurist Roman Pronin, dass Ausländer, die sich entscheiden, der russischen Armee beizutreten, rechtliche Unterstützung und Garantien benötigen. Der Experte ist der Ansicht, dass in Fällen, in denen eine Person noch nicht die russische Staatsbürgerschaft besitzt, aber an Kampfeinsätzen aufseiten der Russischen Föderation teilnehmen soll, die "Rechtsunsicherheit" vom Staat geklärt werden sollte.

"Ich persönlich bin der Meinung, dass in diesem Fall der Staat die Verantwortung für Personen übernehmen sollte, die auf der Seite dieses Staates an Kampfhandlungen teilnehmen. Den Soldaten selbst als Subjekt des Rechtsverkehrs trifft hier keine Schuld und der Staat ist verpflichtet, diese Ungewissheit zu beseitigen. Und das ist meine Meinung, die juristisch begründet ist", schloss Pronin.

Iwan Melnykow, Vizepräsident des russischen Zweigs des Internationalen Komitees zum Schutz der Menschenrechte, stellt fest, dass im Fall von Askar Kubanytschbek die Verhaftung hätte vermieden werden können, wenn der Mann im Voraus über die möglichen Folgen einer Ausreise informiert worden wäre:

"Dieser Mann kann als ein Mann verstanden werden, der seine Familie und Freunde besuchen wollte. Aber aus der Sicht eines Anwalts hätte er nicht in sein Heimatland reisen dürfen. Hätte er die Möglichkeit gehabt, einen Anwalt zu konsultieren, wäre es vielleicht nicht zu dieser ganzen Situation gekommen."

Übersetzung aus dem Russischen.

Mehr zum Thema - "Menschlich ist es dreckig" – Deutscher Ex-Söldner spricht über Ermordung russischer Gefangener

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.