UÇK-Prozess in Den Haag: Wird der Gerechtigkeit nach 24 Jahren Genüge getan?
Eine Analyse von Marinko Učur
Der Prozess vor der Sonderkammer des Kosovo in Den Haag gegen die Anführer der ehemaligen Terrororganisation der kosovarischen Befreiungsarmee (UÇK) wurde jüngst eröffnet. Wird der Gerechtigkeit Genüge getan und werden die albanischen Separatistenführer Hashim Thaçi, Kadri Veseli, Jakup Krasniqi und Rexhep Selimi die verdiente Strafe für die zahlreichen ihnen vorgeworfenen Verbrechen bekommen? Wird das US-amerikanische Projekt der territorialen Verwüstung Serbiens in irgendeiner Weise bedeutungslos sein?
Oder werden die US-Amerikaner noch einmal versuchen, ihre Verbündeten zu schützen, die plötzlich über Nacht von Terroristen zu "Befreiern" wurden? Die Erinnerung an diese Zeit führt uns zurück in die Vergangenheit, ins Jahr 1999, als Serbien und die Bundesrepublik Jugoslawien ohne Zustimmung der Vereinten Nationen Ziele krimineller NATO-Bombenangriffe waren.
159 illegale Gefängnisse, tausende Tote und Vermisste
Bereits zu Beginn des Gerichtsverfahrens bekannten sich die angeklagten Albaner erwartungsgemäß in keinem Punkt der Anklage schuldig. Die Anklageschrift ist mehr als umfangreich. Den vier Angeklagten wird vorgeworfen, dass sie mit anderen Teilnehmern des "gemeinschaftlichen kriminellen Unterfangens" die Absicht hatten, "mit allen Mitteln die Kontrolle über das gesamte Kosovo" zu übernehmen und zu erlangen.
Illegale Verhaftungen, Inhaftierungen, grausame Behandlungen, Folter und rechtswidrige Tötungen sowie die Verfolgung von Serben und der anderen nicht-albanischen Bevölkerung sind nur einige der in der umfangreichen Anklage angeführten Verbrechen. Gegen die Angeklagten liegen keine Beweise vor, dass sie persönlich an den Hinrichtungen beteiligt waren. In ihrer Eröffnungsrede erklärten sie, dass sie die zahlreichen Morde nicht bestreiten würden, aber dass sie persönlich "nicht schuldig sind, weil sie nicht die vollständige Kontrolle über alle Strukturen der UÇK hatten".
Der Vorsitzende des Kosovo-Ausschusses des serbischen Parlaments, Milovan Drecun, behauptet, dass die Anklage gegen die Terroristenführer weitgehend auf den umfangreichen Unterlagen beruhe, die Serbien der Sonderkammer in Den Haag vorgelegt hat:
"Wir haben 159 illegale Gefängnisse identifiziert, in denen die terroristische UÇK serbische Zivilisten sowie Angehörige der Sicherheitskräfte gefangen hielt. Wir registrierten auch sechs Gefängnisse im Norden Albaniens, in denen Terroristen Gefangene misshandelten. Am deutlichsten wird hier die Verbundenheit der Angeklagten, also ihre hierarchische Überlegenheit gegenüber den in der Anklageschrift genannten Tätern. Wir haben eine Liste sämtlicher Orte, in denen die serbische und nicht-albanische Bevölkerung illegal gefangen gehalten wurde."
30.000 Seiten Beweismaterial und 300 Zeugen
Angesichts der Tatsache, dass einer der UÇK-Anführer, nämlich Ramush Haradinaj, gegen den von 2005 bis 2007 vor dem Haager Tribunal ein Verfahren lief, aus Mangel an Beweisen und der Tatsache, dass zahlreiche Zeugen ihre Aussage verweigerten und einige unter ungeklärten Umständen ermordet wurden, einst freigesprochen wurde, stellt sich die Frage, ob ein solcher Ausgang des Prozesses auch im Verfahren gegen Thaçi, Veseli, Selimi und Krasniqi möglich ist:
"Es ist unmöglich, das umfangreiche Beweismaterial und alles, was den Angeklagten zur Last gelegt wird, zu ignorieren. Natürlich ist dem so, sofern kein starker politischer Druck auf die Prozesskammer ausgeübt wird, was wir nicht ausschließen können, da Serbien eine Reihe von Einwänden gegen Gerichtsverfahren vor dem Tribunal bei Fällen erhoben hat, die gegen Serben eingeleitet wurden. Wenn die Anklage nicht ernst und durch starke Beweise gestützt wäre, wäre Hashim Thaci, der ehemalige Präsident des Kosovo und einer der Favoriten des Westens, insbesondere Madeleine Albrights und der damaligen US-Regierung, nicht auf der Anklagebank. 30.000 Beweisunterlagen und mehr als 300 Zeugen werden meine Behauptungen stützen, dass die Verteidigung von Thaci und seiner Kriegshelfer eine schwierige Aufgabe haben wird, ihre Unschuld zu beweisen."
Namhafte Personen im Zeugenstand?
Es ist jedoch klar, dass auch die andere Partei dem ganzen Prozess nicht tatenlos zugesehen hat. Medien berichten, dass Pristina 16 Millionen Euro beiseitegelegt und die besten Anwälte engagiert hat, die versuchen werden, die Schuld der UÇK-Führer und ihre Schirmherrschaft für viele Verbrechen zu verringern. Der deutsche Journalist und Publizist Michael Martens bestätigt gegenüber Euronews Serbien, dass "die besten Anwälte, die man haben kann", eingestellt wurden und dass solche Anwälte für "das gemeine Volk" absolut unerreichbar seien.
Die für die Verteidigung der albanischen Angeklagten, Führer der UÇK, bereitgestellten Euro in Millionenhöhe sind sicherlich nicht die endgültige Ziffer, denn zahlreiche albanische Verbände in ganz Europa kündigen die Mobilisierung zusätzlicher Mittel an. Der Anwalt des ehemaligen Präsidenten des Kosovo, Gregory Kehoe, bereitet eine umfassende Verteidigung seines Mandanten vor, die einige ausländische Diplomaten als Zeugen einbeziehen wird, darunter Bernard Kouchner, William Walker, Daan Everts, Wesley Clark und James Ruby. Und der derzeitige US-Präsident Joe Biden wäre aufgrund seiner früheren Rolle bei der Auflösung des ehemaligen Jugoslawien und seiner Unterstützung der UÇK-Terroristen ein wünschenswerter Zeuge.
Werden sich die USA fernhalten?
Problematisch im gesamten Gerichtsprozess könnte die Ungewissheit über das Verhalten westlicher Machtzentren werden, allen voran der USA, die Pristina als ihren Verbündeten wahrnehmen. Es bleibt abzuwarten, ob Washington versuchen wird, in diesem Fall genauso wie in den früheren Prozessen die Schuld der albanischen Angeklagten vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) zu relativieren, um mehr oder weniger die Rolle des "Verbündeten" in den Augen von Pristina beizubehalten, oder ob sie es einfach zulassen werden, dass diese ehemaligen Terroristen niedergehen, bleibt abzuwarten. Andererseits kann der Prozess durch Beispiele von Einschüchterung und sogar Tötung von Zeugen gefährdet werden, und solche Fälle hat es in der Vergangenheit viele gegeben. Es scheint jedoch, dass sich Serbien diesmal viel besser vorbereitet, sämtliche Maßnahmen ergriffen und zusätzliche Beweise sichergestellt hat, die zu einem Schuldspruch führen werden.
Wird die NATO für die begangenen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen? Und wenn ja, wann?
Ob und wann eine Anklage gegen das NATO-Bündnis eingeleitet wird, durch dessen 78-tägiges Bombardement zahlreiche Zivilisten getötet und Serbien verwüstet wurde, ist eine Frage, die noch nicht beantwortet werden kann. Doch mit der Erinnerung an den Präzedenzfall von 1999 und die kriminelle, unprovozierte Bombardierung eines souveränen Landes, Gründerin der UNO, bleibt eine dauerhafte Mahnung und Entschlossenheit bestehen, dass dieser Gerechtigkeit eines Tages Genüge getan wird.
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