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"Verlieren sehenden Auges unsere Lebensgrundlagen" – Wildtierbestand laut WWF massiv geschrumpft

Säugetiere, Vögel, Amphibien, Reptilien und Fische sterben weltweit in drastischer Geschwindigkeit aus, wie die Organisation WWF am Donnerstag bei der Präsentation ihres aktuellen Berichts mitteilte. Dafür wurden Daten zu über 30.000 Populationen weltweit ausgewertet.
"Verlieren sehenden Auges unsere Lebensgrundlagen" – Wildtierbestand laut WWF massiv geschrumpftQuelle: www.globallookpress.com © K. Wothe/blickwinkel/ Global Look Press

In weniger als einer Generation, nämlich nur 52 Jahren, sind die Bestände wild lebender Wirbeltiere um durchschnittlich knapp 70 Prozent gesunken. Zu diesem deprimierenden Ergebnis kam die Organisation WWF und die Zoologische Gesellschaft London laut dem am Donnerstag veröffentlichten "Living Planet Report 2022", für den Daten zu 32.000 Populationen und über 5.200 Wirbeltierarten, also Säugetiere, Vögel, Amphibien, Reptilien und Fische, ausgewertet wurden.

Demnach sind Populationen in Lateinamerika und der Karibik am stärksten betroffen. Dort war ein durchschnittlicher Rückgang von erschreckenden 94 Prozent zu verzeichnen. Auch die weltweiten Süßwasserarten sind unverhältnismäßig stark betroffen, mit einem Rückgang von durchschnittlich 83 Prozent.

In der diesjährigen Ausgabe des Berichts werden weltweit 32.000 Populationen und über 5.000 Arten analysiert, wobei seit der Ausgabe 2020 mehr als 838 neue Arten und etwas mehr als 11.000 neue Populationen hinzugekommen sind.

So erfasst der Bericht beispielsweise den Östlichen Flachlandgorilla, dessen Bestand im Kahuzi-Biega-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo um schätzungsweise 80 Prozent in nur 25 Jahren, zwischen 1994 und 2019 abgenommen hat, oder die süd- und westaustralischen Seelöwenjungen, deren Bestand zwischen 1977 und 2019 um zwei Drittel gesunken ist.

In Europa hat sich demnach die Population der Feldlerche von 1980 bis 2019 um rund 56 Prozent reduziert.

"Dieser Einbruch der Wildtierpopulationen kann schwerwiegende Folgen für unsere Gesundheit und für unsere Volkswirtschaften haben", warnt Dr. Rebecca Shaw, die leitende Wissenschaftlerin des WWF.

"Wenn Wildtierpopulationen in diesem Ausmaß zurückgehen, bedeutet dies, dass sich dramatische Veränderungen auf ihre Lebensräume und auf die Nahrung und das Wasser, das sie benötigen, auswirken. Wir sollten uns große Sorgen über das Auseinanderbrechen natürlicher Systeme machen, da dieselben Ressourcen das menschliche Leben erhalten."

Die Natur sei wie ein Turm, in dem jeder Baustein eine Tier- oder Pflanzenart darstelle, erklärte Christoph Heinrich, geschäftsführender Vorstand WWF Deutschland. Je mehr Arten ausstürben, desto instabiler werde er. "Wir zerstören diesen Turm gerade mit dem Presslufthammer und verlieren sehenden Auges unsere Lebensgrundlagen."

Für den drastischen Rückgang der biologischen Vielfalt werden im Bericht mehrere Hauptursachen genannt, darunter der Verlust von Lebensräumen, die Übernutzung von Arten, invasive Arten, Umweltverschmutzung, Klimawandel und Krankheiten. Die Autoren des Reports warnen vor einer "fatalen Wechselwirkung" zwischen dem Artensterben und der Klimakrise. Laut dem Weltklimarat (IPCC) werde sich die Wirkung der Klimakrise auf die Artenvielfalt bis 2100 dramatisch erhöhen, heißt es in einer Mitteilung. Umgekehrt heize der fortschreitende Verlust an biologischer Vielfalt die Klimakrise weiter an.

Beispielhaft für diese Wechselwirkung sei laut der WWF der afrikanische Waldelefant. Dessen Bestände seien in einigen Gebieten bereits um mehr als 90 Prozent zurückgegangen. Doch ohne den Waldelefanten verändere sich die Zusammensetzung des Waldes derart, dass dieser weitaus weniger Kohlenstoff speichern könne. Gleichzeitig sei die Nahrungsversorgung und damit die Gesundheit der Tiere durch die Klimakrise in Gefahr.

Wie für viele Menschen sind für Flor Delicia Ramos Barba aus Santa Cruz in Bolivien die Folgen in ihrer direkten Umgebung wahrnehmbar. "Vor drei Jahren konnte man in der Nähe der Gemeinde noch das Brüllen des Jaguars hören, aber jetzt nicht mehr", erklärt sie gegenüber Associated Press. "Die Tiere in der Gemeinde sind jetzt verschwunden. Diesen Mangel spüren wir auch in den Flüssen. Früher gingen die Menschen zum Fischen, um ihre Familien zu ernähren, aber jetzt gibt es keine Fische mehr. Auch die Baumarten sind verschwunden."

Die Autoren des Reports betonen, dass keine Zeit mehr zu verlieren ist, und forderten die Politik auf, Wilderei und illegalen Handel mit bedrohten Arten zu stoppen, den Verlust von Lebensraum zu bremsen, die Erderhitzung zu begrenzen und die Übernutzung von Tieren und Natur zu beenden. Außerdem fordern sie die politischen Entscheidungsträger auf, die Wirtschaft so umzugestalten, dass natürliche Ressourcen einen angemessenen Wert erhalten.
Zudem wird im Living Planet Report 2022 unterstrichen, dass die Anerkennung und Achtung der Rechte, der Regierungsführung und der Führungsrolle der indigenen Völker und der lokalen Gemeinschaften für eine naturverträgliche Zukunft unerlässlich ist.

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