Newsweek: Dem nonkonformistischen Artikel zum Sanktionsregime gegen Russland gebührt Beifall
Ein Kommentar von Andrew Korybko
Newsweek überraschte seine Leser mit der Veröffentlichung eines Artikels, in dem gegen den Vorstoß argumentiert wurde, gewöhnliche russische Bürger zu sanktionieren, indem ihnen verboten werden soll, Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für den Westen zu erhalten. Der Artikel "Visa-Verbote für Russen sind Trotzreaktionen" wurde von Anthony J. Constantini verfasst, der seine Doktorarbeit über Jacksonsche Demokratie und Populismus an der Universität Wien schreibt. Zuvor hatte Constantini sein Masterstudium mit einer Arbeit zum Thema Rüstungskontrolle sowie strategischen Studien an der Staatlichen Universität von Sankt Petersburg abgeschlossen und war 2016 als Kampagnenmanager für das Nationale Republikanische Senatskomitee tätig.
In seinem Meinungsartikel in der amerikanischen Publikation Newsweek weist Constantini darauf hin, dass die Sanktionierung gewöhnlicher russischer Bürger keinem strategischen Zweck diene, da diejenigen, die im Ausland arbeiten, studieren, Urlaub machen oder Familien haben, nicht in der Lage seien, die Außenpolitik ihres Heimatlandes zu beeinflussen. Diese Einschätzung Constantinis ist sachlich richtig, aber gerade deshalb so überraschend zu lesen, weil sie dem "offiziellen Narrativ" widerspricht, dass Russland – und alle seine Völker – immer grausamer bestraft werden müssen, in der Hoffnung, dadurch Druck auf den Kreml ausüben zu können, damit dieser seine Militäroperation in der Ukraine einstellt.
In rund einem halben Jahr seit Beginn der letzten Phase des Ukraine-Konflikts hat sich der von den USA geführte Westen in unterschiedlichem Ausmaß russophoben Einstellungen zugewandt. Einige Länder, wie zum Beispiel Polen, rühmen sich schamlos damit, die russophobste Gesellschaft der Welt zu sein, während andere, wie die baltischen Staaten, konsequent sowjetische Denkmäler abreißen, die an die Befreiung ihres Territoriums durch die Rote Armee von der Besatzung durch die Nazis erinnern. Die Mehrzahl dieser Gesellschaften vertritt zudem zunehmend die Einstellung, dass die Sanktionen ihrer Regierungen sich jetzt gegen das russische Volk richten müssten und nicht nur gegen die Eliten des Landes.
Russophobie ist in diesem Zusammenhang nicht weniger gefährlich als Antisemitismus, Islamophobie und Rassismus im Allgemeinen. Man kann hier von Varianten einer hasserfüllten Ideologie sprechen, die auf der Grundlage beruht, die Vormachtstellung der weißen Rasse abzusichern.
Die kollektive Bestrafung gewöhnlicher russischer Bürger durch ein Verbot, Reisevisa und Aufenthaltsgenehmigungen zu beziehen, kann – aus der Perspektive westlicher Interessen – auf kontraproduktive Weise antiwestliche Stimmungen schüren, die Unterstützung für den Kreml stärken und gleichzeitig das Leben zahlreicher Menschen, von Studenten bis hin zu ganzen Familien, ruinieren.
Dies könnte jedoch stillschweigend jener Punkt sein, den niemand gerne öffentlich anerkennen will. Denn er beweist, wie tief der Westen moralisch gesunken ist, indem er seine eigenen viel gepriesenen "Werte" verraten hat und nun aus Trotz das russische Volk als Ganzes bestrafen will, weil dieses seine Regierung nicht dazu gezwungen hat, die Militäroperation in der Ukraine einzustellen. Diese "politisch inkorrekte" Beobachtung entlarvt die Grundlage der "wohlwollenden Macht" des Westens, die auf der anmaßenden Wahrnehmung beruht, dass ihre Moral, ihre Ethik, ihre Prinzipien und Werte allen anderen "überlegen" seien.
In Wirklichkeit ist der Westen in keiner Hinsicht "überlegen" und auch seine Moralvorstellungen verbieten offensichtlich nicht die kollektive Bestrafung gewöhnlicher Menschen in anderen Ländern. Im Gegenteil, die politischen Vertreter dieser Zivilisation bereiten sich nunmehr darauf vor, russischen Bürgern den Erhalt von Reisevisa und Aufenthaltsgenehmigungen aus reinem Ärger darüber zu verbieten, dass die bisherigen Sanktionen nicht die beabsichtigte Wirkung bei der Neugestaltung der Konturen des aktuellen Ukraine-Konflikts zeigen. Man muss Newsweek zugutehalten, dass es den Artikel von Constantini veröffentlichte. Diese journalistische Leistung ermöglicht den Lesern, eine andere Sichtweise auf das Geschehen zu gewinnen, von der am Ende jeder profitieren kann.
Andrew Korybko ist ein in Moskau lebender amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.
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