Dem stellvertretenden Leiter der Reserve Bank of India Michael Patra zufolge hat das US-Finanzministerium die Regierungsbehörden Indiens darüber informiert, dass ein indisches Schiff angeblich Erdöl von einem russischen Tanker auf hoher See aufgenommen und an einen Hafen im Bundesstaat Gujarat an der Westküste Indiens geliefert habe – dort soll das Öl verarbeitet und die Erzeugnisse dann nach New York verschifft worden sein. Der ranghohe indische Zentralbankfunktionär gab dies auf einer Veranstaltung in Odisha anlässlich der 75-jährigen Unabhängigkeit Indiens bekannt:
"Sie wissen, es gibt Sanktionen gegen Leute, die russisches Öl kaufen – und Folgendes wurde vom US-Finanzministerium an uns herangetragen: Es stellte sich heraus, dass ein indisches Schiff mitten auf dem Meer auf einen russischen Tanker traf, auf offener See von diesem Öl aufnahm und dieses zu einem Hafen in Gujarat brachte. Dort wurde es zu einem Destillat verarbeitet, das eigentlich zur Herstellung von Einwegkunststoff verwendet wird. Das dergestalt raffinierte Produkt wurde wieder auf das Schiff verladen, das ohne Ziel in See stach. Mitten auf dem Meer erhielt es seine Fahrzielvorgabe und legte Kurs nach New York ein."
Patra nannte weder den Namen des fraglichen Schiffes noch andere Einzelheiten zu der Angelegenheit, kommentierte aber:
"So funktioniert der Krieg eben, er läuft eben auf seltsame Weisen ab."
Die USA hatten Anfang des Jahres im Rahmen der Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine ein Importverbot für russische Energieträger mit Ausnahme von Uran, also auch für Erdöl und Raffinerieprodukte verhängt. Vor allem US-Verbündete halten sich daran, wenn auch, wie etwa Lettland, nicht immer besonders strikt.
Indien enthielt sich derweil der Sanktionen gegen Moskau und importiert von dort neben Kohlewasserstoffen auch andere Güter im großen Stil. Und während Neu-Delhi vor dem Jahr 2022 nur selten russisches Erdöl gekauft hatte, erhöhte es seinen Ölimport aus Russland seit März um das Zehnfache – nämlich unter Nutzung des von Moskau angebotenen Preisnachlasses. Laut diverser Medien überholte Russland im Juni Saudi-Arabien als zweitgrößten Lieferanten an dieses südasiatische Land und fand sich in dieser Hinsicht gleich hinter dem Irak wieder.
Die US-Botschaft in Neu-Delhi habe auf Anfrage von Reuters keinen Kommentar zu Patras Aussage gegeben, heißt es.
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