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Ankara: Türkei wird sich den Sanktionen gegen Russland nicht anschließen

Die Türkei folgt bei der Verhängung von Sanktionen über Russland nicht dem Beispiel des Westens. Ankara lasse sich von pragmatischen wirtschaftlichen Erwägungen und einer "Politik der Ausgewogenheit" leiten, so Ibrahim Kalin, der Sprecher des türkischen Präsidenten.
Ankara: Türkei wird sich den Sanktionen gegen Russland nicht anschließen© Artur Widak/NurPhoto via Getty Images

In einem Interview mit Habertürk TV verkündete Ibrahim Kalin, der Pressesprecher des türkischen Präsidenten, dass Ankara in seinen Beziehungen zu Russland eine "Politik des Gleichgewichts" verfolge. Er erklärte:

"Da wir von ausländischen Energiequellen abhängig sind, entwickeln wir unsere Beziehungen zu Russland genauso wie zu Iran."

Er wies darauf hin, dass die Türkei auch gute Beziehungen zu den USA und anderen westlichen Ländern unterhält, und fügte hinzu:

"Wir verhängen wegen des Ukraine-Krieges keine Sanktionen über Russland. Natürlich müssen wir die Interessen unseres Landes schützen."

Kalin betonte, dass die Verhängung von Sanktionen gegen Moskau "der türkischen Wirtschaft mehr schaden wird als der russischen". Dabei hob er hervor:

"Wir haben einen klaren Standpunkt eingenommen. Zurzeit haben die westlichen Länder dies auch akzeptiert. Sie kommentieren diese Position der Türkei aus geopolitischen Gründen nicht."

Er betonte auch, dass sein Land die Verhängung von Sanktionen gegen russische Geschäftsleute nicht unterstütze:

"Diejenigen, die im Westen als Milliardäre bezeichnet werden, werden in Russland als Oligarchen bezeichnet. Gibt es in den USA oder in Europa keine solchen Leute?"

Erdoğans Pressesprecher machte deutlich, dass sein Land die russische Militäroperation als "Invasion" betrachte und dies "klar und unmissverständlich" zum Ausdruck bringe. Er betonte jedoch, dass die Türkei weiterhin sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland spreche, denn "je länger der Krieg dauert, desto höher sind die Kosten". Er stellte fest:

"Ehrlich gesagt gibt es kein anderes Land, das sich bemüht, die beiden Seiten zusammenzubringen. Es wird ein Beispiel dafür sein, dass eine Zusammenarbeit in bestimmten Fragen auch in einem Kriegsumfeld möglich ist."

Der Politiker hob dabei die Rolle Ankaras bei der Aushandlung von Lösungen für weltweit wichtige Fragen wie die Getreidelieferungen aus der Konfliktregion hervor:

"Wer wird schließlich mit Russland reden, wenn alle Brücken abgebrannt sind?"

Kalin räumte ein, dass er nicht vorhersagen könne, wann die russischen Streitkräfte die Ukraine verlassen würden, betonte aber, dass "Krieg kurz-, mittel- und langfristige Auswirkungen hat". Er prognostizierte:

"Meine Vorhersage ist, dass wir die nächsten zehn Jahre mit dem Krieg und seinen Auswirkungen beschäftigt sein werden. Der Krieg mag zu Ende gehen, aber seine Auswirkungen werden in anderer Form weiter bestehen."

Seiner Meinung nach steht die Welt vor einem neuen Kalten Krieg, mit einer starken antirussischen Stimmung im Westen und einem sich ausbreitenden "Anti-Westlertum" in Russland.

"Es wird zu massiven tektonischen Verschiebungen kommen", so Kalin.

Zu den Gründen für die Moskaus Offensive in der Ukraine wies der Pressesprecher westliche Behauptungen über die "Irrationalität" des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurück und sagte, der Westen ziehe es manchmal vor, "das Problem zu irrationalisieren, anstatt es zu konfrontieren".

Seiner Meinung nach begannen die Probleme in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen in den 1990er-Jahren, als Russland dem Westen als Reaktion auf eine sich verändernde globale geopolitische Ordnung anbot, "ein neues Gleichgewichtsabkommen" zu schließen, das diese Veränderungen widerspiegeln würde.

Außerdem würde Ankara eine solch irreguläre und ungerechte globale Ordnung ablehnen, fügte er hinzu.

Russische Truppen wurden Ende Februar im Rahmen einer militärischen Sonderoperation zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine sowie zum Schutz der Volksrepubliken Donezk und Lugansk und der nationalen Sicherheitsinteressen Russlands in das russische Nachbarland entsandt. Kiew hat Moskau eine unprovozierte Offensive vorgeworfen.

Die EU, die USA und andere Länder haben mit beispiellosen Sanktionen reagiert, die sich gegen die russische Wirtschaft und mehrere ausgewählte hochrangige Beamte richten. Die militärische Sonderoperation Russlands wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen mehrheitlich verurteilt.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.