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Polens Außenminister in Moskau: "Einziger Weg aus der Krise ist Diplomatie"

Am Dienstag trafen sich Zbigniew Rau und Sergei Lawrow, die Chefdiplomaten Polens und Russlands. Letzterer war Gastgeber des Treffens in Moskau. Der Austausch auf höchster diplomatischer Ebene fand inmitten der gegenwärtigen Ukrainekrise statt.
Polens Außenminister in Moskau: "Einziger Weg aus der Krise ist Diplomatie"Quelle: www.globallookpress.com © Rod Lamkey - CNP

Ein Kommentar von Alexander Pałucki

Moskau war am Dienstag wichtigster Austragungsort internationaler Politik und Krisenbewältigung. Unter anderem, weil dort die Außenminister Russlands und Polens ins Gespräch gegangen sind. Wie üblich wurde nach dem vertrauten Einzelgespräch eine gemeinsame Pressekonferenz abgehalten, in der die wichtigsten Angelegenheiten thematisiert wurden.

Die Töne, die am Dienstag aus der russischen Hauptstadt erklangen, waren denen pragmatischer, ausgewogener Diplomatie würdig. Polens Außenminister Zbigniew Rau erklärte, er sei an einem konstruktiven Austausch mit der russischen Seite interessiert. Zumal sich derzeit die Beziehungen zwischen dem NATO-Bündnis und Russland "auf einem Rekordtief befinden", wie sein Amtskollege Lawrow hinzufügte. Des Weiteren erklärte Rau:

"Wir haben eine Initiative für einen neuen Dialog über die Sicherheit in Europa vorgeschlagen, der darauf abzielt, das Risiko einer Konfrontation zu verringern und die Sicherheit zu stärken."

Mit Zbigniew Raus jüngster Verpflichtung zum OSZE-Vorsitz lastet auf Polen eine noch größere Verantwortung für friedensstiftende Politik auf dem europäischen Kontinent. Der polnische Staatsmann erläuterte, dass die Sicherheit in Europa höchste Priorität habe. Polen ist viel mehr als sonst gezwungen, die Standpunkte aller involvierten Parteien, so auch Russlands, nachzuvollziehen und in eine zukünftige Gleichung für ein politisches Tauwetter zu implementieren. Die Situation um die Ukraine sei außerordentlich angespannt und man müsse einer drohenden Eskalation mit allen Mitteln der Diplomatie vorbeugen, so Rau.

Sergei Lawrow unterstrich außerdem, dass der Einsatz und Abzug der zivilen OSZE-Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine (zu Englisch: "OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine") in der Verantwortung der OSZE selbst liege und er in diesem Punkt mit Zbigniew Rau übereinstimme. Der russische Staatsmann fügte jedoch hinzu, dass eine institutionelle Stärkung der Rolle, Organisierung und Zuständigkeit der OSZE von großem Vorteil sei. Mehr noch: Er erinnerte daran, dass in der Vergangenheit Schwächen bei der OSZE als friedensstiftendes Organ verzeichnet wurden, die zu verheerenden Fehlern führten. Als Beispiel nannte er Falschdarstellungen über ein vermeintlich von Serbien begangenes Massaker an Zivilisten im Jahr 1999 im Kosovo, woraufhin die USA die Bombardierung Jugoslawiens beziehungsweise Serbiens durch die NATO entfachte und rechtfertigte.

Eine Frage der Perspektive

Als die beiden Außenminister zu den Fragen der Journalisten übergingen, bot dies die Gelegenheit, etwas mehr geschichtlichen Kontext zu erfahren. Ein polnischer Journalist stellte Lawrow die Frage, warum Länder wie die Ukraine oder Georgien nach dem Zerfall der Sowjetunion entschieden hatten, sich von Russland abzuwenden. Darauf antwortete Lawrow:

"Der erste Grund ist, dass die Regierungen dieser Länder ineffektiv waren und es zuließen, dass externe Kräfte die Kontrolle über sie erlangten. Mit einem Ziel: Sie von Russland wegzulocken und in den Einflussbereich der NATO und der USA zu integrieren."

Außerdem nutzte Lawrow die Möglichkeit, den polnischen Journalisten an die ursprüngliche Verantwortung Georgiens am Krieg in Südossetien und Abchasien im Jahr 2008 zu erinnern. Der Erstschlag sei von Georgien ausgegangen. Nachdem die russische Friedensmission von georgischen Kräften, die Präsident Saakaschwili unterstanden, angegriffen worden sei, sei alles nach den damaligen Vorgaben der OSZE verlaufen und Russland habe dementsprechend rechtmäßig seine regulären Truppen in die Region geschickt und den Konflikt beendet.

Zudem hat der russische Außenminister den Teilnehmern der Konferenz die Ereignisse in Erinnerung gerufen, die zum Maidan in der Ukraine im Jahr 2014 geführt hatten. Lawrow erläuterte, wie die Europäische Union unter José Manuel Barroso, Präsident der EU-Kommission von 2004 bis 2014, ein von Wladimir Putin vorgeschlagenes trilaterales Beratungsgremium (EU, Ukraine, Russland) vollkommen abgelehnt hatte. Und das, nachdem das EU-Assoziierungsabkommen, das der Ukraine von Brüssel unterbreitet worden war, bereits öffentlich bekannt war und die Probleme, die damit offenkundig wurden, noch hätten politisch gelöst werden können.

Werden russische Truppen nach einer beendeten Militärübung abgezogen, so stellen dies westliche Medien oft als Unentschlossenheit Moskaus dar, die Ukraine nun anzugreifen oder nicht. Eine Frage von einer russischen Journalistin implizierte ebenfalls diese Auslegung, woraufhin Lawrow antwortete:

"Wenn ich von russischen Militärübungen spreche, möchte ich noch einmal betonen, dass diese Militärübungen in Russland auf russischem Territorium stattfinden. Und sie haben begonnen, wir haben sie durchgeführt und schließen sie jetzt ab. Alles wie geplant. Wir haben über verschiedene Übungen im westlichen Teil und im Fernen Osten des Landes gesprochen. Wir hatten natürlich auch gemeinsame Übungen mit Weißrussland. Das sind alles geplante Übungen. Sie finden statt, was auch immer jemand darüber denkt."

Zu den hierzu kursierenden Falschdarstellungen, die Russland als einen sich auf einen kriegerischen Erstschlag vorbereitenden Aggressor beschreiben, erklärte Lawrow:

"Was wir sehen ist Informationsterrorismus, der leider von einigen der Parteien betrieben wird."

Gute Perspektiven

Die von den USA ausgehende Torschlusspanik bezüglich eines vermeintlich bevorstehenden Krieges in der Ukraine erhielt mit dem Treffen Raus und Lawrows am Dienstag ein weiteres schlichtendes und vernünftiges Gegengewicht. Die im Rahmen der OSZE von Warschau an Moskau herangetragene "neue Dialog-Initiative" hat auch für eine neue Erwartungshaltung gesorgt. Eine, die auf eine friedliche Lösung des Konflikts hoffen lässt, in der die Sicherheitsbedürfnisse aller Seiten berücksichtigt werden.

Rau und Lawrow trafen sich am selben Tag in derselben Stadt wie Bundeskanzler Olaf Scholz und Russlands Präsident Wladimir Putin.

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