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Snowden über Assange: "Was wir hier beobachten, ist ein Mord"

Die USA bereiten sich darauf vor, die Entscheidung Großbritanniens anzufechten, Julian Assange nicht auszuliefern. Unterdessen richtete NSA-Whistleblower Edward Snowden vor dem Belmarsh-Tribunal eine Warnung an die Welt: "Wenn wir die Welt befreien wollen, müssen wir Assange befreien."
Snowden über Assange: "Was wir hier beobachten, ist ein Mord"Quelle: Gettyimages.ru © Leon Neal / Staff

Der WikiLeaks-Gründer und -Herausgeber Julian Assange ist ein politischer Gefangener und der Prozess gegen ihn ein Verbrechen gegen den Journalismus, erklärte eine Gruppe von Akademikern, Politikern, Journalisten und Anwälten, die vor seiner Auslieferungsanhörung zusammengekommen war. Der NSA-Whistleblower Edward Snowden, der am Freitag per Videolink zugeschaltet wurde, sagte vor dem "Belmarsh-Tribunal" in London:

"Was wir hier beobachten, ist ein Mord."

"Überall, wo wir hinschauen, von Afghanistan bis zur Wirtschaft, von der Pandemie bis zur allgegenwärtigen Überwachung, wird das Offensichtliche unaussprechlich gemacht", fügte er hinzu. Denn wenn man den Mund aufmache, werde man in die gleiche Kategorie wie Assange gesteckt, ein "politischer Krimineller", der für "das Vergehen, die falsche Seite gewählt zu haben" angeklagt werde.

"Haben wir überhaupt Rechte, wenn wir sie nicht verteidigen?", fragte Snowden. "Kann man sagen, dass wir frei sind, wenn uns sogar die Möglichkeit genommen wird, uns auszudrücken und die Fakten unserer Welt zu verstehen?"

Jeder, der die Wahrheit liebt, ist in den Augen des Staates ein Krimineller in der gleichen Kategorie wie Assange und wird sein Schicksal teilen, und der einzige Unterschied ist der des Grades, argumentierte Snowden. Er fuhr fort:

"Wenn wir die Welt befreien wollen, müssen wir auch Assange befreien."

Das "Belmarsh-Tribunal" sollte den Spieß gegen Assanges Ankläger umdrehen – gegen die US-Regierung, aber auch gegen Großbritannien, das ihn inhaftiert hält, gegen Schweden wegen der falschen Anschuldigungen, die ihn überhaupt erst ins Exil getrieben haben, und gegen Ecuador wegen des Widerrufs seines Asyls. Die Veranstaltung wurde von der Organisation Progressive International organisiert und von Srećko Horvat geleitet, dem kroatischen Philosophen, der zusammen mit dem ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, der am Freitag ebenfalls sprach, die europäische politische Bewegung DiEM25 mitbegründet hatte.

Snowden war der letzte Redner in der über zweieinhalb Stunden dauernden Veranstaltung. Weitere Whistleblower wie Annie Machon (eine ehemalige MI5-Beamtin) und Daniel Ellsberg (bekannt für die Veröffentlichung der "Pentagon Papers") sprachen ebenfalls vor dem Tribunal. Zu den Rednern gehörten auch vier Abgeordnete der britischen Labour-Partei, darunter der ehemalige Parteivorsitzende Jeremy Corbyn, zwei Abgeordnete der deutschen Partei Die Linke, ein ehemaliger Senator der australischen Grünen, der ehemalige Präsident Ecuadors Rafael Correa sowie mehrere angesehene Journalisten, Historiker und Rechtsanwälte.

Assange wird "verfolgt, weil er ein Verleger, ein Journalist ist", sagte Machon. Sie verwies auf die "absolut widerliche" Tatsache, dass ihm von den USA die Rechte des ersten Verfassungszusatzes verweigert werden, während Christopher Steele, dem Autor des gefälschten "schmutzigen Dossiers", in dem dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump Verbindungen zu Russland vorgeworfen werden, diese Rechte eingeräumt werden.

Wenn Assange ausgeliefert würde, hätte jeder Journalist auf der Welt eine Zielscheibe auf dem Rücken, argumentierte Ellsberg, der ebenfalls aus der Ferne zugeschaltet war. Er war der erste US-Amerikaner, der wegen der jetzt gegen den WikiLeaks-Herausgeber erhobenen Vorwürfe strafrechtlich verfolgt wurde, wurde aber aufgrund der illegalen Handlungen und Missbräuche der Regierung während der Ermittlungen freigelassen – die im Fall von Assange "eklatant schlimmer" waren, sagte er.

Correa, unter dessen Präsidentschaft Ecuador Assange Asyl gewährt hatte, beklagte die Tatsache, dass sein Nachfolger Lenín Moreno innerhalb von weniger als einer Woche nach seinem Amtsantritt anbot, den Verleger an die USA zu verkaufen. Moreno ließ dann zu, dass die Botschaft Assange "folterte", indem sie ihm Rechte vorenthielt und ihn unter Überwachung stellte. Schließlich widerrief er sein Asyl unter Verletzung der ecuadorianischen Verfassung und erlaubte bewaffneten britischen Polizisten, Assange im April 2019 aus dem Gebäude zu schleppen. Correa erklärte:

"Als ehemaliges Staatsoberhaupt weiß ich, dass Staaten bestimmte Informationen vertraulich behandeln müssen. Aber Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, können nicht geheim gehalten werden, (...) und diejenigen, die diese Verbrechen aufdecken, können nicht verfolgt werden – vor allem nicht von den Verbrechern."

"Dies ist nichts als politische Verfolgung", sagte Stella Morris, Assanges Verlobte und Mutter seiner Kinder, und bezeichnete diese als sinnbildlich für die Bemühungen, die internationale, auf Regeln basierende Ordnung und die Menschenrechte zu demontieren, auf denen sie angeblich beruht.

Sie erwähnte auch die jüngsten Enthüllungen, dass die US-Regierung in Erwägung zog, Assange aus der Botschaft zu entführen oder zu ermorden. Moris sagte weiter:

"Julian hält eine Flut des Autoritarismus zurück, und wenn wir hier gewinnen, können wir zurückschlagen. Wenn er jetzt verliert, verlieren wir alle."

Die USA werfen dem australischen Staatsbürger Assange vor, gegen das US-Spionagegesetz verstoßen zu haben, indem er im Jahr 2010 geheime Dokumente des US-Außenministeriums und des Pentagons im Zusammenhang mit dem "Globalen Krieg gegen den Terror" in Afghanistan und im Irak veröffentlicht und sich mit seiner Quelle verschworen hatte, Computer zu hacken. Und das, obwohl der Hauptzeuge in dem Fall zugab, dass er über einige der entscheidenden Fakten, auf denen die Argumentation der Staatsanwaltschaft aufbaut, gelogen hatte.

Assange wird seit fast zweieinhalb Jahren ohne Kaution im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons festgehalten. Seine Auslieferung war bereits abgelehnt worden, aber die USA legten gegen diese Entscheidung Berufung ein, die nächste Woche verhandelt werden soll.

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