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Ende des Booms? Krise beim chinesischen Immobilienkonzern Evergrande macht Finanzmärkte nervös

Die internationalen Finanzmärkte sind alarmiert, denn dem chinesischen Immobilienriesen Evergrande droht die Zahlungsunfähigkeit. Ein Eingreifen Pekings gilt als unwahrscheinlich. Die Stabilität des Finanzmarktes gerät ins Wanken und Millionen Chinesen droht die Privatinsolvenz.
Ende des Booms? Krise beim chinesischen Immobilienkonzern Evergrande macht Finanzmärkte nervösQuelle: www.globallookpress.com © Zhu Xiaosong

Die chinesische Regierung ist nun am Zug und muss sich entscheiden. Will sie weiter zusehen, wie die Evergrande Group mit ihren mehr als 100.000 Angestellten in die Insolvenz abgleitet, oder wird sie am Ende mit staatlichen Hilfen eingreifen? Die Finanzmärkte sind in Habachtstellung, während Millionen Chinesen kurz vor dem Ruin stehen.

Die Agentur Fitch sieht eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Immobilienkonzerns Evergrande als wahrscheinlich an. Das Kreditrisiko sei zu hoch und die Liquidität des Unternehmens sehr knapp. Neue Investoren für den strauchelnden Konzern konnten bislang nicht gefunden werden.

Die internationalen Finanzmärkte sind in Alarmbereitschaft. Schließlich könnte der Zusammenbruch des chinesischen Megakonzerns hohe Wellen schlagen. Es werden bereits Vergleiche mit Lehman Brothers gezogen. Die Zahlungsunfähigkeit der US-Bank 2008 gilt als einer der Auslöser der damaligen Finanzkrise.

Im August 2021 fiel der Absatz der Wohnungen von Evergrande um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auch Preissenkungen konnten diesem Trend nicht entgegenwirken. Die Aktien des Unternehmens büßten mehr als 81 Prozent ein. 

Bezüglich der bislang angehäuften Schulden finden sich unterschiedliche Angaben. Sie sollen sich inzwischen auf 200 bis 300 Milliarden US-Dollar belaufen.

Daniel Fan von Bloomberg Intelligence: 

"Es sieht so aus, als würden sie an einer Restrukturierung der Schulden arbeiten, weil es noch keine konkreten Ergebnisse bei den Vermögensveräußerungen gibt."

Am 20. September wird eine Zinszahlung für Kredite fällig. Die chinesischen Behörden gehen allerdings nicht davon aus, dass der Konzern in der Lage sein wird diese zu begleichen. Am 23. September folgt dann die nächste Hürde: Zinszahlungen in Höhe von 83,5 Millionen US-Dollar werden fällig.

Seit 2020 bestehen Geschäftsbeziehungen zwischen Evergrande und dem deutschen Autozulieferer Hella. Gemeinsam entwickeln und produzieren sie Batteriemanagementsysteme. Im Jahr 2019 wurde zusammen mit dem deutschen Antriebsspezialisten Hofer Powertrain ein Gemeinschaftsunternehmen auf deutschem Boden errichtet. Die Gesamtauswirkungen der drohenden Insolvenz auf den deutschen Markt sind jedoch noch nicht abschätzbar.

Gefahr für die soziale Stabilität in China 

Im Internet und vor allem in den sozialen Medien, zum Beispiel auf der Plattform WeChat, verbreiten sich derzeit Bilder, die zeigen sollen, wie besorgte Kleinanleger die Geschäftsleitung von Evergrande in den Büros des Unternehmens als Geiseln festhalten. 

Auf den Straßen kommt es zu Protesten gegen den am höchsten verschuldeten Immobilienentwickler der Welt und die chinesische Polizei geht gegen die Demonstranten vor. Viele Chinesen haben bereits für Wohnungen gezahlt, die noch nicht fertiggestellt wurden. Oder aber sie haben in Finanzprodukte des Konzerns investiert. Insgesamt 1,4 Millionen private Wohnungen sind betroffen. 

Von der Pleite bedroht sind auch Zulieferer und Bauunternehmer, die noch nicht bezahlt wurden. Millionen Menschen könnten im Falle einer Pleite des Immobiliengiganten bankrott gehen. 

Der Konzern bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung und hofft darauf, dass sich die Schuldner kompromissbereit zeigen und Zahlungsziele verschoben werden können. Evergrande versuchte zudem, noch nicht fertiggestellte Wohnungen zu veräußern. Für den 30. September ist ein Online-Event geplant, wo den Investoren an Stelle der Rückzahlung ihrer getätigten Investitionen Immobilien angeboten werden. Dies soll dem Konzern dabei helfen Geld zu sparen. 

In einem Video vom 16. September ist zu sehen, wie die chinesische Polizei die Konzernzentrale betritt: 

Jetzt kommt es auf die Reaktion der chinesischen Regierung an. Der Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, Jörg Wuttke, erklärte gegenüber dem Handelsblatt:

"Selbst wenn sich die Zentralregierung dafür entscheidet, Evergrande in den Konkurs gehen zu lassen, anstatt das Unternehmen direkt zu retten – ein Schritt, der der Wahrnehmung einer Verlagerung hin zu einem stärker marktorientierten Ansatz entsprechen würde –, werden die Behörden wahrscheinlich an der Koordinierung der Fortführung der Projekte eines Konzerns beteiligt sein, der 163.000 Menschen beschäftigt."

Die Wahrscheinlichkeit eines staatlichen Eingreifens wird allerdings zur Zeit als gering eingestuft. 

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