Amnesty: Mit Verkauf von Waffen an Saudi-Arabien verstößt Kanada gegen internationales Recht
Die kanadische Regierung von Premierminister Justin Trudeau verstoße mit ihren Waffenlieferungen an Saudi-Arabien nach wie vor gegen den Vertrag über den Waffenhandel ATT (Arms Trade Treaty). Das erklären die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Nichtregierungsorganisation Project Ploughshares, die sich für Maßnahmen zur Verhinderung von Krieg und bewaffneten Konflikten einsetzt, in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht mit dem Titel "No Credible Evidence: Canada's Flawed Analysis of Arms Exports to Saudi Arabia" (Kanadas fehlerhafte Analyse von Waffenexporten nach Saudi-Arabien).
Dem ATT-Vertrag, ein seit Ende 2014 gültiges internationales Abkommen zur Regelung des internationalen Handels mit konventionellen Waffen, ist Kanada im Jahr 2019 beigetreten. Jedoch seien kanadische Gesetze und Praktiken der Ausfuhr von Waffen – entgegen eigener Angaben der kanadischen Regierung – mit Aspekten des ATT unvereinbar, so der Bericht.
Nachdem im Jahr 2018 der kritische saudische Journalist Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in der Türkei von saudischen Agenten brutal ermordet wurde, reagierte auch Kanada und setzte ab November des gleichen Jahres eine Genehmigung neuer Waffenexportgenehmigungen für Riad – einen bis dahin großen Importeur von in Kanada hergestellten Waffen – aus. Bereits genehmigte Ausfuhren waren davon jedoch nicht betroffen.
Nach wie vor exportiert das Land gepanzerte Fahrzeuge sowie Scharfschützengewehre und andere Waffen an Saudi-Arabien, und das, obwohl schwerste Menschenrechtsverletzungen innerhalb des Landes und die Beteiligung am verheerenden Konflikt im Jemen umfassend dokumentiert sind, wie die Gruppen kritisieren.
Während die Situation im Jemen nicht permanent präsent in den Medien ist, bleibt es die schwerste humanitäre Katastrophe der Welt – unter anderem aufgrund der von Saudi-Arabien durchgesetzten Blockade, die die Einfuhr von Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern für die hungernde Bevölkerung unmöglich macht, sowie Luftangriffen der von Saudi-Arabien geführten Koalition auf zivile Ziele wie Kliniken.
Nach Einschätzung der beiden Organisationen könnten kanadische Waffen von Riad bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und der Verletzung von Menschenrechten, insbesondere im Jemen, eingesetzt werden.
"Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass aus Kanada nach Saudi-Arabien exportierte Waffen, darunter LAVs (leicht gepanzerte Fahrzeuge) und Scharfschützengewehre, für den Krieg im Jemen abgezweigt wurden", heißt es in dem Bericht vom Mittwoch.
Gemäß den Aussagen des kanadischen Außenministeriums, Global Affairs Canada, halte sich die Regierung in Ottawa an ein "strenges Waffenexportsystem". "Kanada hat eines der stärksten Exportkontrollsysteme der Welt, und die Achtung der Menschenrechte ist in unseren Exportkontrollgesetzen verankert", erklärte Lama Khodr in einer E-Mail an Al Jazeera.
"Nach einer gründlichen Überprüfung durch Beamte kündigte die Regierung letztes Jahr an, dass Genehmigungen für KSA (Königreich Saudi-Arabien, Anm. der Redaktion) nun von Fall zu Fall geprüft werden. Diese Genehmigungen werden nicht automatisch erteilt, sondern jeder einzelne Antrag wird sorgfältig geprüft. Jeder Genehmigungsantrag, bei dem ein erhebliches Risiko von Menschenrechtsverletzungen besteht, wird abgelehnt", so die Sprecherin.
Im vergangenen Jahr hatte Kanada die Waffenexporte nach Saudi-Arabien erneut überprüft und daraufhin einen Vertrag im Wert von zwölf Milliarden US-Dollar über den Verkauf von LAVs der General Dynamics Corp. an Riad neu ausgehandelt, der unter dem früheren Premierminister Stephen Harper eingefädelt worden war. Nach dem Stopp der Ausfuhren im Jahr 2018 sei die kanadische Regierung unter Trudeau knapp zwei Jahre nach der Überprüfung zu dem Schluss gekommen, dass die Exportgenehmigungen den Anforderungen Kanadas nach innerstaatlichem Recht und dem ATT entsprechen.
Es bestehe "kein erhebliches Risiko", dass diese Militärgüter "zur Begehung oder Erleichterung von Verstößen gegen die internationalen Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht oder geschlechtsspezifische Gewalt" verwendet würden. Mehrere kanadische Nichtregierungsorganisationen hatten die Regierung aufgefordert, die bestehenden Waffenverträge mit Saudi-Arabien zu kündigen und alle künftigen Genehmigungen auszusetzen.
In einem im September 2020 veröffentlichten Bericht mehrerer UN-Experten wird Kanada als eines der Länder genannt, die durch ihre Waffenverkäufe an Saudi-Arabien den Krieg im Jemen anheizen. Saudi-Arabien ist weiterhin der größte Abnehmer kanadischer Militärgüter. Im Jahr 2020 beliefen sich die kanadischen Waffenverkäufe an Saudi-Arabien auf mehr als eine Milliarde US-Dollar und machten 67 Prozent der gesamten kanadischen Exporte außerhalb der USA aus.
"Im Gegensatz zu den Aussagen der Regierung ignoriert Kanada weiterhin seine internationalen Verpflichtungen aus dem Vertrag über den Waffenhandel", betonte Cesar Jaramillo, Geschäftsführer von Project Ploughshares, anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. "Kanada muss alles in seiner Macht Stehende tun, um das Risikoniveau aller Waffenexporte vollständig zu bewerten."
Stattdessen sei bei der Überprüfung des Waffenabkommens zwischen Kanada und Saudi-Arabien Rosinenpickerei betrieben worden, um ein Bild von einem Waffendeal zu zeichnen, der vollständig mit dem Völkerrecht im Einklang steht. Justin Mohammed, Programm-Manager bei der englischen Sektion von Amnesty International Canada, verweist auf die lange Geschichte von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien sowie die dokumentierten Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch die von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen. Diese Faktoren lasse Global Affairs Canada jedoch ebenso weitgehend außer Acht wie den Beitrag kanadischer Waffenexporte zu Gewalt auch gegen Frauen und Kinder sowie möglichen anderen schwerwiegenden internationalen Menschenrechtsverletzungen.
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