Zweifrontenkrieg der USA mit China und Russland ist ein "Schreckensszenario" für Transatlantiker
China und Russland haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr angenähert. Ein Bündnis haben Peking und Moskau zwar noch nicht geschlossen, doch arbeiten sie in diplomatischen und sicherheitspolitischen Angelegenheiten vermehrt zusammen. Die Standpunkte der zwei Großmächte sind auch in vielen internationalen Fragen ähnlich: Im UN-Sicherheitsrat oder UN-Menschenrechtsrat vertreten sie oft identische Positionen. Darüber hinaus bauen sie stufenweise ihre Verteidigungszusammenarbeit aus. Dieser Trend alarmiert transatlantische Denkfabriken und die westlichen Medien.
In einem Beitrag geht die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) der Frage der chinesisch-russischen Annäherung im Kontext der aktuellen geopolitischen Machtverschiebungen auf der Welt nach und will dabei erkannt haben, dass die Annäherung der beiden Großmächte Folgen für die "Sicherheit des Westens" habe.
Im euroatlantischen Raum planen Russland und China zwar keine gemeinsamen Militäroperationen und werden es vermutlich auch in naher Zukunft nicht tun. Dennoch mache die Partnerschaft der beiden östlichen Mächte die "globale Strategie der USA" komplizierter. Ihre starke Beziehung verleihe China und Russland "eine gegenseitige strategische Rückendeckung".
"Sie entlastet beide vor allem in einer Krise von der Sorge, dass sich der jeweilige Partner ab- und dem Westen zuwenden könnte. Dadurch entsteht für Peking und Moskau mehr Handlungsspielraum, um ihren jeweiligen regionalen Einflussbereich zu festigen."
Ein miteinander abgesprochenes chinesisch-russisches Vorgehen in Europa sei höchstens in begrenztem Umfang zu beobachten, "doch einzeln agieren die beiden Länder in einer Weise, die die Sicherheit der Region beeinträchtigen könnte", kommentiert die NZZ.
Sowohl China als auch Russland rüsten militärisch auf. Dies setzt, so die NZZ, die USA im indopazifischen und euroatlantischen Raum gleichzeitig unter Druck und erschwert ihnen die Erfüllung ihrer Sicherheitsverpflichtungen gegenüber ihren Verbündeten.
"Ein Krieg gegen eines der beiden Länder in bestimmten Szenarien, etwa gegen Russland um das Baltikum oder gegen China um Taiwan, würde den USA immense Schwierigkeiten bereiten. Das größte Risiko für Washington ist ein an zwei Fronten gleichzeitig zu führender Krieg."
Aufgrund des wachsenden Einflusses Chinas fühlen sich die USA verpflichtet, der indopazifischen Region mehr Aufmerksamkeit, Ressourcen und militärische Mittel zu widmen. Das bedeutet für den Autor der NZZ, dass sich Europa um seine Sicherheit vermehrt selbst kümmern müsse.
Die Regierung des US-Präsidenten Joe Biden verfolge gegenüber China und Russland eine Doppelstrategie: "Einerseits strebt sie bei Themen von gemeinsamem Interesse eine Kooperation an; andererseits versucht Washington, den Einfluss der beiden Mächte zu begrenzen." Nach dem Ende des Kalten Krieges hätten sich die USA zunächst einer Zwei-Kriege-Strategie zugewendet, die das Land befähigen sollte, zwei kleinere Kontrahenten gleichzeitig zu bezwingen. Gemäß der "National Defense Strategy" von 2018 müssten die USA nun jederzeit in der Lage sein, eine Großmacht zu schlagen. Der Sieg über zwei Großmächte gleichzeitig sei indes nicht vorgesehen. Die andere Großmacht solle "erfolgreich" von militärischen Interventionen abgeschreckt werden.
Der Autor der NZZ geht auch der Frage nach, in welchen Bereichen Russland und China die NATO gefährden könnten.
"Für die NATO bleibt Russland wegen seiner Aufrüstung im Bereich der konventionellen und nuklearen Waffen eine große Herausforderung. Im Unterschied zu Russland ist China keine direkte militärische Bedrohung für Europa. Aber Peking kann Mittel zur Cyberkriegsführung zur Geltung bringen oder durch technologische Fähigkeiten etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz versuchen, auf dem alten Kontinent an Einfluss zu gewinnen."
Wenn Moskau und Peking nach wie vor keine regelrechte militärische Allianz anstrebten, solle die chinesisch-russische Verteidigungszusammenarbeit laut westlichen Beobachtern dennoch ernst genommen werden, da keine der beiden Seiten sich in die regionalen Konflikte der jeweils anderen hineinziehen lassen möchte, kommentiert die NZZ.
Das grundsätzliche Problem Deutschlands und Europas ist dem NZZ-Autor zufolge, dass sie noch nicht entschieden hätten, in welchem Team sie in diesem geopolitischen Kampf spielen wollten. Deutschland und Frankreich wollten anscheinend nicht zu hundert Prozent bei Bidens Vorstellung eines Wettkampfes gegen "die autoritären Mächte" China und Russland mitmachen, da sie ihre eigene geopolitische Problematik hätten.
"Die deutsche Unterstützung des umfassenden EU-Investitionsabkommens mit China sowie der Pipeline Nord Stream 2 aus Russland demonstriert den Wunsch Berlins nach einer Trennung von wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Zielen."
Zudem erschwerten die jüngsten Debatten um "eine strategische Autonomie Europas" den transatlantischen Dialog. Aus Sicht des französischen Präsidenten Emmanuel Macron kann sich Europa nicht länger darauf verlassen, dass die USA ihre NATO-Partner verteidigen, unter anderem, weil sich deren Fokus unweigerlich auf China verlagern werde. Deshalb fordere er den "Aufbau einer unabhängigen Armee".
Vor diesem Hintergrund sieht die NZZ die Lösung darin, dass die europäischen Länder ihren Beitrag zur transatlantischen Partnerschaft leisten, indem "sie ihre Verteidigungsausgaben aufstocken und sich innerhalb der NATO stärker an der Gewährleistung der Sicherheit Europas beteiligen".
Die China- und Russlandfrage wird in erster Linie als eine Sicherheitsfrage für den sogenannten Wertewesten gesehen. Dass Europa für sich Vorteile aus der Partnerschaft mit China und Russland zieht, spielt dabei offenbar keine Rolle.
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