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COVID-19 im Vergleich nur eine "kleine Störung": WEF-Gründer Klaus Schwab warnt vor Cyber-Angriffen

Klaus Schwab ist nicht nur Gründer des Weltwirtschaftsforums. In Zeiten der Corona-Krise tut er sich besonders als Visionär des "Großen Neuanfangs" hervor. Die aktuelle Situation sieht er als "Katalysator" für die digitale "Vierte Industrielle Revolution". Doch die bringe auch die Gefahr "groß angelegter Cyberangriffe" mit sich.
COVID-19 im Vergleich nur eine "kleine Störung": WEF-Gründer Klaus Schwab warnt vor Cyber-AngriffenQuelle: AFP © Fabrice COFFRINI

Er gilt als Vater des Planspiels eines Great Reset (Großer Neustart), für den die ausgerufene Corona-Pandemie ein einmaliges "Fenster der Möglichkeiten" böte. Dem Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF) geht es dabei um das Vorantreiben der sogenannten Vierten Industriellen Revolution – zum Wohle der Menschheit und Umwelt. Es seien die Digitalisierung und die sogenannte Künstliche Intelligenz (KI), die als treibender Motor hinter dieser nächsten vermeintlichen Evolutionsstufe der Menschheit dienen sollen.

Gerne spricht Schwab dabei auch von den mutmaßlichen Offenbarungen einer Verschmelzung physischer und digitaler Identität". Folgt man dem Gedanken des Multimillionärs würde es darauf hinauslaufen, was bereits die Lichtgestalt des Transhumanismus Raymond "Ray" Kurzweil, der heutige Leiter der technischen Entwicklung beim Internetkonzern Google (Tochter von Alphabet Inc.), als "Singularität" bezeichnete.

Um Singularität(en) geht es Schwab und mit ihm auch dem IWF, selbst wenn es vordergründig um den Stromsektor, die Stromerzeugung oder überhaupt die ganze digitale Infrastruktur geht. So sei es durchaus begrüßenswert, dass "die Pandemie" die Digitalisierung des Stromsektors vorangetrieben habe. Doch so ist das nun einmal mit den digitalen Errungenschaften: Mit ihnen einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit der von ihnen zunehmend in Abhängigkeit geratenen Gesellschaften.

So heißt es in einem IWF-Bericht vom November 2020, dass die Elektrizitätswirtschaft in den vergangenen Jahren "eine rasante und transformative Digitalisierung ihres Ökosystems durchlaufen" habe. Dies sei für die "Zuverlässigkeit und Kontinuität der Stromversorgung während der Pandemie unerlässlich" gewesen. Die entsprechenden Technologien hätten den "Grad der Vernetzung und Konvergenz von Betriebstechnologie (OT) und Informationstechnologie (IT) verstärkt.

Damit einher gehe nun jedoch eine erweiterte "Angriffsfläche für Cyberattacken, die böswillige Akteure ausnutzen" könnten.

"Die durch die Pandemie beschleunigte Digitalisierung des Stromsektors hat systemische Schwachstellen aufgezeigt. Wenn diese nicht ganzheitlich angegangen werden, könnten die Folgen global und äußerst zerstörerisch sein."

Verlinkt wird eine eigene Analyse ("COVID-19-Risikoausblick: Eine vorläufige Kartierung und ihre Auswirkungen") in Zusammenarbeit mit dem global operierenden Beratungsunternehmen Marsh & McLennan Companies und der Zurich Insurance Group.

"Die drittgrößte Sorge von Unternehmen" sei es, heißt es in der Risikountersuchung, "dass durch neue (digitale) Arbeitsformen Cyberattacken und Datenbetrug zunehmen könnten". Und "während die COVID-19-Krise die Abhängigkeit von technologiegestützten Wirtschaftsprozessen beschleunigt", verschärfe sie "auch die Cyber-Risiken".

Sollten die nun lauernden und zunehmenden Cyber-Gefahren nicht ganzheitlich angegangen werden, drohe eine immense Gefahr und ein "Domino-Effekt" in der Funktionsfähigkeit des globalen industriellen Ökosystems.

"Cyberangriffe auf kritische Energieinfrastrukturen stellen ein Risiko für Energiesysteme, Volkswirtschaften und das gesellschaftliche Wohlergehen dar."

So würde ein "Stromausfall in einer großen Region über einen längeren Zeitraum schwerwiegende Auswirkungen auf Unternehmen, Regierungen und die Gesellschaft insgesamt" mit sich bringen.

Tatsächlich bekamen etliche Staaten Europas – darunter auch Deutschland – vor wenigen Tagen bereits einen Vorgeschmack von der hohen Fragilität und den Interdependenzen bei zunehmendem Strombedarf. Hinzu kommen die selbst auferlegten Zwänge einer Energiewende, die aktuell zu einer zunehmenden Anfälligkeit der europäischen Stromversorgung führen.

In Österreich sorgte ein massiver Abfall der Frequenz der Wechselspannung für einen Beinahe-Zusammenbruch des Stromnetzes. Grund soll zunächst ein Stromausfall in Rumänien gewesen sein. Ein weiterer Leistungsabfall, der sich als erstes in einer erheblichen Frequenzabsenkung "abfedern" lässt, hätte womöglich einen verheerenden Dominoeffekt in ganz Europa nach sich gezogen.

In Deutschland musste Kohle- und Gasstrom importiert werden, um Schlimmeres zu verhindern.

In Frankreich wurde für das gesamte Stromnetz Anfang Januar gar Alarmstufe Rot ausgerufen. Hier war ein enormer Kälteeinbruch die Ursache. Bereits im November 2019 fiel in der gesamten französischen Hauptstadt Paris für kurze Zeit der Strom aus, weil in einem Umspannwerk eine kleine Störung auftrat.

Bislang ungeklärt bleibt der bis dato beispiellose Blackout in weiten Teilen Südamerikas im Juni 2019, als für 47 Millionen Menschen in Argentinien und Uruguay plötzlich die Stromversorgung zusammenbrach. Mutmaßlich habe es sich um eine Überlastung des Stromnetzes gehandelt.

Im weit entfernten Pakistan mit seinen über 200 Millionen Einwohnern herrschte vor einer Woche für mehrere Stunden ein kompletter Blackout. Der landesweite Stromausfall dort wurde laut offiziellen Stellen durch einen plötzlichen Abfall der Frequenz im Stromübertragungsnetz von 50 auf 0 in weniger als einer Sekunde ausgelöst. In der Folge brachen unter anderem auch die Internetverbindungen für die pakistanische Bevölkerung zusammen.

Auch in der iranischen Hauptstadt Teheran und anderen Gebieten des Landes fiel der Strom aus. Immer wieder kam es in den vergangenen Wochen zu Unregelmäßigkeiten. Die Spekulationen schießen ins Kraut. So sei das energieintensive Bitcoin-Mining für die Probleme mit der Elektrizitätsversorgung mitverantwortlich.

Doch dies sind nur Kleinigkeiten gegenüber dem, was den Menschen droht, falls es Cyberkriminelle auf die demzufolge unausweichlich zunehmende digitale Vernetzung im Sinne der Vierten Industriellen Revolution gemäß Schwab abgesehen hätten. In einer Videoansprache vom Juli 2020 erklärt Schwab:

"Unsere existierende, fragmentierte globale Architektur ist nicht mehr fit für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts."

Die Corona-Pandemie habe dahingehend wie ein "Katalysator" gewirkt, um die entsprechenden wirtschaftlichen und sozialen Schwachstellen offenzulegen. Daher sei es nun "höchste Zeit für einen großen Neuanfang (Great Reset)".

"Technologie und Cybersicherheit sind von entscheidender Bedeutung in dieser COVID-Ära."

"Eine der herausragendsten und spannendsten Transformationen, die von dieser Pandemie erzeugt" worden sei – so Schwab –, sei "unsere Transformation zur Digitalisierung von allem (the digital of everything)" gewesen.

Und doch würde der "angsteinflößenden Gefahr eines umfassenden (Cyber-)Angriffs, der bei der Stromversorgung, dem Transportwesen, den gesundheitliche Dienstleistungen und bei der Gesellschaft als Ganzes zum vollständigen Zusammenbruch" führen würde, nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Gegenüber einem "groß angelegten Cyberangriff" würde die COVID-19-Krise am Ende nur "wie eine kleine Störung" aussehen.

Was Schwab vollkommen unerwähnt lässt, sind andere Szenarien, die mit der zunehmenden Digitalisierung und Interdependenz vieler Lebensbereiche der heutigen Zivilisation einhergehen. Noch nie in der menschlichen Geschichte war das Ausmaß der Energieabhängigkeit in allen Lebensbereichen so allumfassend wie heute. Es brauche keinen nebulösen Bösewichte mehr, um den Menschen das Licht auszuknipsen. Einfaches "menschliches Versagen" – oder eben das der Künstlichen Intelligenz – an einer entscheidenden Schnittstelle reicht dafür vollkommen aus. Die Gefahr droht nicht nur von außen, sondern auch von innen.

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