Feldoffizier der CIA in Afghanistan 1986 – 1989 zu Kopfgeldvorwurf: Wäre noch vor Beginn aufgeflogen
Im Kopfgeldskandal, der gegen den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump von seinen Gegnern aufgebauscht wird, erklangen bisher mehrere Stimmen der Vernunft. Zu den Stimmen aus Russland, den USA und Afghanistan, deren Tenor die allseitige Sinnlosigkeit einer solchen Aktion betont, gesellt sich eine weitere Stimme aus den USA – und zwar ausgerechnet aus den Reihen der CIA-Niederlassung in Pakistan der 1980er-Jahre.
"Wahnwitziges Unterfangen"
Die Behauptung, Russland könnte bei den afghanischen Taliban Kopfgeld auf US-Soldaten oder deren Alliierte aussetzen, erscheint unglaubwürdig – einen solchen Standpunkt vertritt niemand Geringeres als Milton Bearden, ehemaliger hochrangiger Offizier der CIA. Und dieser Herr müsste es ganz genau wissen: Mitte bis Ende der 1980er-Jahre war Bearden Agenturleiter der CIA in Pakistan. Damit war er nebenbei auch Mittelsmann des US-Geheimdienstes bei der Finanzierung und Ausbildung von Mudschahedin im Kampf gegen die Zentralregierung in Kabul sowie gegen das sowjetische Truppenkontingent, das diese in den 1980er-Jahren stützte.
Auf Anfrage von TASS gab Bearden folgende Erklärung ab:
"Obwohl die Sowjetunion allem Anschein nach etwa 15.000 Mann in Afghanistan verlor – und viele davon während meiner Zeit als 'Intendant und politischer Agent' der Mudschahedin –, boten wir niemals auch nur annähernd so etwas wie eine Belohnung für die Tötung der Soldaten der 40. Armee der Sowjetunion an. Im Gegenteil, ich wandte nicht wenig Zeit und Mühe dafür auf, die Muschaheddin davon zu überzeuget, sowjetische Gefangene human zu behandeln. […] Manchmal führte ich sogar Gefangenentausche aus, um sie repatriieren zu lassen."
Der ehemalige CIA-Operateur betonte abschließend:
"Nein, wir boten kein Kopfgeld für [Angehörige der] 40. Armee an. Das wäre ein wahnwitziges Unterfangen, das noch lange vor seinem Beginn aufgeflogen wäre."
Kopfgeld: Und wenn doch?
Zwar könnte Beardens Einschätzung entgegengehalten werden, dass die USA in den 1980er-Jahren sehr wohl an der Ausschaltung der wichtigsten sowjetischen Offiziere und Objekte in Afghanistan interessiert waren – interessiert genug, um derartige "Erfolge" tatsächlich finanziell entlohnt wissen zu wollen, schreibt zum Beispiel Steve Coll in seinem Buch "Ghost Wars".
Doch genau wie die Finanzen für die Bewaffnung und Ausbildung der Mudschahedin musste das Kopfgeld den Umweg über den pakistanischen Geheimdienst ISI gehen. Howard Hart, Beardens Kollege, forderte den ISI damals auf, den Mudschahedin 10.000 Rupien pro Soldat einer Sondereinheit, 5.000 pro wehrpflichtigem Soldaten und jeweils das Doppelte für lebende Gefangene zu zahlen, so Coll.
Nun ist die Lage heute jedoch eine ganz andere als in den 1980er-Jahren, zur Zeit des sowjetischen Afghanistan-Einsatzes: Erstens existiert weltweit keine Organisation, die heute für Russland ernsthaft die Rolle eines Vermittlers zu den Taliban spielen könnte wie seinerzeit der ISI für die USA zu den Mudschahedin.
Zweitens fehlt es den Taliban ihrerseits auch ohne russische Finanzspritzen nicht an Motivation, die Truppen der US-geführten Koalition in Afghanistan zu bekämpfen, taten sie doch zwei Jahrzehnte nichts anderes, merkt etwa Foreign Policy an.
Drittens: Wenn es etwas gibt, das die Taliban zum Bruch ihres aktuellen Friedensvertrages mit den USA bewegen kann, dann ist es jedenfalls nicht Geld – die selbst ernannten Gotteskrieger verdienen mehr als genug mit der Produktion von Rohopium, mittlerweile aber auch von Heroin. Sie sind Gewinner der Corona-Krise und der damit verbundenen Isolation, schreibt t-online mit Verweis auf das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC).
Viertens hat Russland nicht so viel überflüssiges Geld, als dass man dort um der schnöden Rache willen, wie es von vielen Quellen behauptet wird, ein Wiederaufflammen des Krieges in Zentralasien riskieren würde – zumal diese Region auch "Russlands weicher Unterbauch" genannt wird und man sie in Russland am liebsten in einem dauerhaft befriedet sähe. Damit steht es im absoluten Gegensatz zu den USA, die sich vor den Folgen ihrer Afghanistan-Zündeleien in den 1980er-Jahren durch die Ozeane geschützt fühlen konnten.
Versionen, Motive und Lebensabschnittsverbündete
Ein Rachemotiv wäre, wenn überhaupt, gänzlich woanders zu suchen – übrigens ebenso wie ein Interesse am Weiterschwelen des Krieges in Afghanistan. Im Gespräch mit RT erklärte Andrei Sidorow, Dekan der Weltpolitik-Fakultät an der Moskauer Staatsuniversität, dass der von Donald Trump entlassene Sicherheitsberater John Bolton sich sowohl einem möglichen Abzug der US-Streitkräfte als auch den Verhandlungen mit den Taliban kategorisch entgegenstellte.
Es ist nicht auszuschließen, dass den Medien derartige Information von Bolton zugespielt wurde. Er hütete sich zwar, in seinen Memoiren darüber zu schreiben – aber einen Weg, sich an seinem Chef im Weißen Haus zu rächen, hätte er doch gefunden.
Juri Roguljow, Leiter des Fonds für US-Studien an der Moskauer Staatsuniversität, hält eher eine Beteiligung jener Teile der US-Elite und der US-Nachrichtendienstgemeinschaft für möglich, die an einer Fortsetzung des Bürgerkriegs in Afghanistan interessiert sind:
"Es ist nicht das erste Mal, dass Nachrichtendienste sich gegen Trump einbringen – eine wohlbekannte Tatsache. Außerdem konnte dieses Kontingent es leicht zu einer Kooperation mit den Demokraten und der Elite bringen, die sich gegen Verhandlungen mit den Taliban und einen US-Truppenabzug aus Afghanistan einsetzen."
Bei beiden Versionen führt der Weg jeweils über die Demokratische Partei und die ihr verbundenen Medienhäuser.
Ob von Bolton eingeworfen oder von gewissen Geheimdiensten und Eliten in die Welt gesetzt: Ein Gerücht wie das um die angebliche Kopfgeldaffäre bietet den Demokraten gefundenes Fressen, weil sie ihr in letzter Zeit erschöpftes "Russland-Dossier" im Moment sonst mit nichts aufzufüllen wüssten, erklärt Sidorow. Außerdem haben sie aktuell großes Interesse an einem äußeren Feind zur Bildung einer Einheitsfront gegen Trump:
Die demokratische Partei orientiert sich sehr klar an einer Konfrontation mit Russland, weil ihr dies hilft, sich zu konsolidieren.
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