Weckruf nach Gerichtsentscheid in London? Bye-bye, deutsche Goldreserven
Der Vorstand der venezolanischen Zentralbank hatte im Auftrag der amtierenden venezolanischen Regierung unter Präsident Nicolás Maduro das in London lagernde Gold im Wert von über einer Milliarde US-Dollar angefordert, um die Folgen der COVID-19-Pandemie lindern und insbesondere Nahrungsmittel und Medizingüter erwerben zu können. Doch die Bank of England verweigerte die Herausgabe. Daraufhin wurde der britische High Court aktiv, der in etwa dem deutschen Bundesgerichtshof entspricht.
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Dieser urteilte am 2. Juli, dass die britische Regierung eindeutig Juan Guaidó als Staatschef Venezuelas anerkenne. Daraus folge notwendigerweise, dass Maduro nicht mehr als Präsident Venezuelas betrachtet werde, so der zuständige Richter. Die Verfügungsgewalt über die strittigen Goldreserven des venezolanischen Staates liege daher ebenfalls beim von den USA aufgebauten Putschisten Guaidó.
Wir halten fest: Ein britisches Gericht entscheidet in neokolonialer Manier nicht nur darüber, wer in einem souveränen lateinamerikanischen Land Präsident sein soll, sondern verweigert auch die Rückgabe der in London lagernden Goldreserven an die einzige völkerrechtlich von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung Venezuelas. Das sollte auch in Deutschland die Alarmglocken läuten lassen.
Die offiziellen deutschen Goldreserven betragen derzeit 3.300 Tonnen und sind beim aktuellen Goldpreis von rund 1.500 Euro je Feinunze ungefähr 170 Milliarden Euro wert.
Mit 1.656 Tonnen lagert knapp die Hälfte des deutschen Goldes im Ausland, davon drei Viertel nach wie vor in New York und ein Viertel in London.
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Jetzt könnte man argumentieren, dass die USA und Großbritannien ihren "deutschen Partner" in Fragen der Goldrückholung nicht so behandeln würden wie den "Pariastaat" Venezuela. Doch die Fakten sprechen da eine andere Sprache. Zum einen gelten völkerrechtliche Normen den USA auch im Umgang mit Deutschland nichts. Das sieht man beispielhaft am Agieren des großen Bruders in Bezug auf die Erdgasleitung Nord Stream 2. Es reicht zu sehen, wie die US-Regierung einem Bürgermeister auf Rügen mit Sanktionen und Verhaftung droht, nur weil dieser ein russisches Rohrverlegeschiff in einen Hafen einlaufen lässt, für den er zuständig ist. Gegenwehr der Bundesregierung angesichts dieser eklatanten Einmischung und dieses dem Völkerrecht hohnsprechenden Agierens? Fehlanzeige! Beispiele, bei denen die USA die eigene Rechtsprechung über das Völkerrecht setzen, gibt es – wie auch der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring anführt – unzählige: Das ist seit Jahrzehnten erklärtes Programm der USA.
Häring verweist zudem auf einen oft übersehenen Aspekt der Konzentration der weltweiten Goldreserven in London und New York:
Wenn man große Teile des Goldes anderer Nationen unter Kontrolle hat, kann man verhindern, dass diese Länder irgendwann auf die Idee kommen, eine eigene Währung mit Gold zu decken und als Alternative zum Dollar anzubieten. Die USA könnten sich, wenn es jemand versuchte, sogar auf eine Art Recht berufen, wenn sie solchen Ländern den Zugriff auf ihr Gold öffentlich verwehrten. Denn auf Betreiben der USA haben sich schon vor einem halben Jahrhundert alle Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds auf die 'Demonetarisierung' des Goldes verpflichten lassen, also auf den Verzicht, eine Währung mit Gold zu decken.
Der Bundesrechnungshof bezeichnet die Tatsache, dass die Bundesbank noch nie eine umfassende Inventur ihres Goldes in New York vorgenommen hat, auch weil sie diese Lagerräume gar nicht betreten darf, in einem Gutachten als "rechtswidrig". Ebenso moniert der Rechnungshof, dass die New Yorker Fed keinerlei Haftung für das Gold der Bundesbank übernimmt. Sollte sich irgendwann herausstellen, dass es ganz oder teilweise fehlt, hätte die Bundesrepublik einfach Pech gehabt. Vielsagend ist in diesem Zusammenhang auch die Reaktion der Regierungssprecher auf der Bundespressekonferenz zur Frage einer Bewertung der Sicherheit und der verweigerten Inspektion der deutschen Goldreserven in den USA:
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