Deutschland

Datenhandel mit gefakten Stellenanzeigen bei Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit

Bei der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA) schalten Datenhändler täglich ungestört Tausende fingierte Stellenanzeigen, um Bewerber-Daten abzugreifen und dann als Ware zu verkaufen. Das Problem ist nicht neu, Handlungsbedarf sah die BA bisher keinen.
Datenhandel mit gefakten Stellenanzeigen bei Jobbörse der Bundesagentur für ArbeitQuelle: www.globallookpress.com

Bewerbungen sind oft mühsam und erniedrigend – Kandidaten müssen sich selbst anpreisen, ihren Werdegang detailliert beschreiben und teils sehr sensible Daten angeben.

Mit der Agenda 2010 hat sich eine vermeintlich effizienzsteigernde Ethik der Hilfe zur Selbsthilfe eingebürgert – und damit die Notwendigkeit für Empfänger von Sozialleistungen, selbst nachweislich dazu beizutragen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen und so schnell wie möglich wieder Arbeit zu finden.

Dazu soll auch die sogenannte "Eingliederungsvereinbarung" zwischen Hartz-IV-Beziehern und dem Jobcenter dienen, in der der Hilfsempfänger einen Vertrag unterzeichnet, der ihn verpflichtet, aktiv seinen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. Dazu zählt auch, eine bestimmte Anzahl an Bewerbungen pro Monat zu schreiben.

Ein Weg, zum Bewerber passende Ausschreibungen zu finden, ist die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA), eines der größten Stellenportale Deutschlands, bei dem Kandidaten, die noch eine Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben auf dem Arbeitsmarkt hegen, sich registrieren können.

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Allerdings nutzen die Bewerbungen dort nicht selten in erster Linie Datenhändlern. Das haben Recherchen des SWR ergeben. Täglich bis zu 3.000 Stellenangebote konnte demnach ein einziger Datensammler unbemerkt in der Jobbörse der BA inserieren und damit Daten aus Lebenslauf, Schul- und Arbeitszeugnissen von Bewerbern sammeln. Diese verkauft er weiter, für drei Euro pro Datensatz, monatlich generiert er so zwischen 3.000 und 5.000 vollständige Bewerbungsmappen. Wie die Recherchen weiter ergaben, war es ein Leichtes, die Daten der Bewerber als "Geschäftspartner" des Datenhändlers zu erstehen, ohne irgendeinen Bezug zum Arbeitsmarkt oder ein Unternehmen zu haben.

Schutz von Arbeitssuchenden auf die leichte Schulter genommen

Datenschützer zeigen sich empört und verlangen "massive Sanktionen" auch auf strafrechtlicher Basis, da es sich bei dem Missbrauch der Daten ohne Wissen und Einverständnis der Bewerber um klare Gesetzesverstöße handele.

Hier reden wir nicht mehr nur von Bußgeldern, die in so einem Fall bis zu 20 Millionen Euro betragen können, sondern von Straftaten", so der Landesbeauftragte für den Datenschutz in BW, Stefan Brink, zum SWR.

Die Bundesagentur für Arbeit gab sich auf Anfrage ahnungslos ob eines Missbrauchs durch Datenhändler, obwohl tagtäglich Tausende solcher Anzeigen dort geschaltet werden.

Angesichts der Vielzahl an Stellenangeboten könne "nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass einzelne Stellenangebote gefälscht oder fingiert" seien, teilt die BA auf Anfrage schriftlich mit.

Dabei sind derartige Missbrauchsfälle bereits seit dem Jahr 2009 bekannt. Jessica Tatti, Linken-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, hatte dieses Problem bereits früher angeprangert und im vergangenen Jahr eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung dazu gestellt. Die Antwort gab neben verschwurbelten Beamtenphrasen vorrangig Selbstzufriedenheit preis:

Die BA sieht derzeit keine Verbesserungspotenziale und plant daher aktuell keine Änderungen im Prüfverfahren. Dies ist aus Sicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales rechtsaufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Linken-Abgeordnete Tatti reagierte auf die aktuellen Berichte zum Thema "fassungslos und stinksauer" und kündigt an, die Bundesagentur für Arbeit und auch Arbeitsminister Heil damit zu konfrontieren:

Beide dürfen den Schutz von Arbeitssuchenden nicht länger auf die leichte Schulter nehmen", so Tatti.

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