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Hessen-Wahl: CDU und SPD verlieren dramatisch, Schwarz-Grün kann weiterregieren

Bei den Landtagswahlen in Hessen haben CDU und SPD jeweils über zehn Prozent verloren. In beiden Parteien steigt die Unruhe, die Personaldiskussionen dürften sich verschärfen. In Wiesbaden reicht es knapp für eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition.
Hessen-Wahl: CDU und SPD verlieren dramatisch, Schwarz-Grün kann weiterregierenQuelle: Reuters

Die Parteien der "Großen Koalition" haben bei der Landtagswahl in Hessen am Sonntag dramatische Verluste erlitten. Beide Parteien erhielten über zehn Prozent weniger als bei den vorherigen Wahlen im Jahr 2013. Die CDU von Ministerpräsident Volker Bouffier kam nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 27,0 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis in Hessen seit 1966. Dennoch blieb die Partei stärkste Kraft, dank des starken Ergebnisses der Grünen ist eine Fortsetzung des seit 2013 regierenden schwarz-grünen Bündnisses - mit einer Mehrheit von nur noch einer Stimme - möglich. Auch Schwarz-Rot und eine Ampel-Koalition von SPD, Grüne und FDP sind rechnerisch möglich. Die deutlichste Mehrheit hätte eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP.

Die SPD von Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel erzielte mit 19,8 Prozent ihr schlechtestes Landesergebnis aller Zeiten. Wahlgewinner sind die Grünen, die mit ebenfalls 19,8 Prozent ein Rekordergebnis für Hessen erreichten und sogar 94 Stimmen mehr als die SPD erhielten, und die AfD. Diese zieht mit 13,1 Prozent erstmals in den Landtag ein und ist damit in allen 16 Landesparlamenten vertreten. Auch FDP und Linke verbessern sich mit 7,5 bzw. 6,3 Prozent leicht. Im Wiesbadener Landtag sind damit erstmals sechs Parteien vertreten.

Damit ergibt sich folgende Sitzverteilung im Landtag: CDU 40, SPD 29, Grüne 29, AfD 19, FDP 11 und die Linke 9 Sitze. Wegen etlicher Überhang- und Ausgleichsmandate wird es künftig 137 statt 110 Abgeordnete geben. Die Wahlbeteiligung lag mit 67,3 Prozent deutlich niedriger als 2013 (73,2 Prozent) gewesen. 4,38 Millionen Bürger waren wahlberechtigt.

Bouffier kündigte Gespräche mit allen Parteien außer Linken und AfD über eine Regierung an. Er hatte sich zuletzt offen für Jamaika gezeigt, die Grünen waren zurückhaltender, die Liberalen warben offen dafür. Grüne und FDP in Hessen haben allerdings unter anderem in der Energiepolitik und beim Ökolandbau Differenzen. FDP-Chef Christian Lindner hatte mit Blick auf eine Ampel ein Bündnis seiner Partei mit Grünen und SPD als "inhaltlich vollkommen abwegig" bezeichnet.

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Schäfer-Gümbel, der zum dritten Mal Spitzenkandidat seiner SPD war, räumte eine bittere Niederlage ein und ließ seine politische Zukunft zunächst offen. Das Ergebnis führte er stark auf den Bundestrend zurück. Man habe "nicht nur keinen Rückenwind aus Berlin erhalten, sondern wir hatten regelmäßig Sturmböen im Gesicht". Der Wahlkampf in Hessen wurde belastet durch Streitigkeiten innerhalb der "Großen Koalition" etwa über die Migrationspolitik sowie die schwelende Diesel-Krise.

Die Parteien haben keinen Zeitdruck, um ein Regierungsbündnis zu schmieden. Die Wahlperiode des bisherigen Landtags endet erst am 17. Januar 2019, einen Tag später tritt laut Landesverfassung der neue Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Üblicherweise wählen die Abgeordneten dann den Ministerpräsidenten. Können sie das wegen fehlender Mehrheiten nicht, bleibt die bisherige Landesregierung geschäftsführend im Amt.

Auf Bundesebene geraten die Parteichefinnen von CDU und SPD, Kanzlerin Angela Merkel und Andrea Nahles, nach der zweiten Wahlschlappe binnen zwei Wochen nun noch stärker unter Druck. In beiden Parteien rumort es. Am kommenden Wochenende wollen die Spitzen von CDU und SPD über Konsequenzen aus den Abstimmungen in Bayern und Hessen diskutieren. Auf Vorschlag von Nahles wollen die Sozialdemokraten bereits an diesem Montag in Präsidium und Vorstand über einen Kriterienkatalog beraten, wie die GroKo künftig besser arbeiten kann und wann für die SPD eine rote Linie erreicht ist.

Forscher machten für den Einbruch von CDU und SPD sowohl landes- als auch bundespolitische Gründe verantwortlich. Nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen konnten die Parteien vor Ort nur bedingt mit politischen Leistungen, Spitzenpersonal oder Sachkompetenz überzeugen. Hinzu sei eine starke Konkurrenz durch die Grünen gekommen, für die sich zahlreiche Wähler kurzfristig entschieden hätten. Laut Infratest dimap verlor die CDU besonders an den bisherigen Grünen-Koalitionspartner viele Stimmen.

(rt deutsch/dpa)

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