Regierungspressekonferenz zu Skripal: Was wussten Merkel und Maas über Nowitschok-Proben des BND?
Als am 4. März der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal zusammen mit seiner Tochter Julia bewusstlos in der englischen Stadt Salisbury aufgefunden wurde, dauerte es nicht lange, bis die britische Regierung behauptete, die Skripals seien einem Attentat mittels des Nervengiftes Nowitschok "aus russischer Produktion" zum Opfer gefallen. Eines der Hauptargumente für diese These war, dass nur Russland über dieses Nervengift verfügen würde.
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Auf Grundlage der britischen Behauptungen wurden in weiterer Folge Dutzende russische Diplomaten aus EU-Ländern ausgewiesen. Auch die Bundesregierung wies "als Signal der Solidarität" vier russische Diplomaten aus und verwies immer wieder, ohne weitere Belege anzuführen, auf die "hohe Plausibilität" der Schuld Russlands.
Im weiteren Verlauf deckten Recherchen und Aussagen des tschechischen Präsidenten Milos Zeman auf, dass entgegen der britischen und auch deutschen Darlegung zahlreiche NATO-Staaten ebenfalls über Nowitschok-Proben verfügten, die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Geheimdienstoperation des BND sogar schon seit Beginn der 1990er Jahre.
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Daraus resultiert eine entscheidende Frage: Waren Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amtierende Außenminister Heiko Maas, als sie die Entscheidung zur Ausweisung der russischen Diplomaten absegneten, darüber informiert, dass die Bundesrepublik selbst über Nowitschok-Proben verfügten und damit die britische Version folglich nicht stimmig war? Die Antworten des Regierungssprechers Steffen Seibert sprechen für sich. Zudem gesteht er indirekt ein, dass die gesamte Bewertungsgrundlage der Bundesregierung nach wie vor lediglich auf einer sechsseitigen faktenlosen Powerpoint-Präsentation der britischen Regierung beruht.
Die gesamte Frage-Antwort-Runde zwischen RT Deutsch und dem Auswärtigen Amt sowie Regierungssprecher Seibert zur Causa Nowitschok in der transkribierten Fassung des AA:
FRAGE RT DEUTSCH: Um die Causa Skripal/Nowitschok ist es ja ziemlich ruhig geworden, aber nichtsdestotrotz gilt ja mittlerweile als belegt, dass auch die Bundesrepublik Deutschland im Zuge einer Geheimdienstoperation seit den neunziger Jahren zumindest in Besitz von Nowitschok-Proben ist. Mich würde interessieren: Waren zum Zeitpunkt der Ausweisung der russischen Diplomaten im Kontext der Skripal-Affäre Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amtierende Außenminister Heiko Maas darüber informiert, dass die Bundesrepublik über Nowitschok-Proben verfügte?
SEIBERT (BReg): Dazu kann ich Ihnen jetzt hier keine Auskunft geben. Ich werde versuchen müssen, möglicherweise etwas nachzureichen. Ich kann es hier nicht sagen.
ZUSATZFRAGE RT DEUTSCH: Das heißt, Sie können definitiv ausschließen, dass die Bundesregierung vor der Ausweisung russischer Diplomaten informiert war, dass sich Nowitschok auch im Besitz der Bundesrepublik befindet?
SEIBERT: Ich habe gesagt, dass ich zu dieser Sache jetzt hier nichts beitragen kann und möglicherweise - aber auch das will ich nicht versprechen - etwas nachliefere.
BURGER (AA): Ich kann nur noch einmal auf das verweisen, was wir hier vor drei oder vier Wochen, als es diese Presseberichterstattung gab, gesagt haben. Denn diese Frage insinuiert ja immer, dass es da irgendwie eine Unterstellung oder eine Argumentationskette vonseiten der Bundesregierung gegeben hätte: Es war Nowitschok; also war es Russland.
Aber das ist mitnichten jemals unsere Argumentation gewesen, sondern dass ist eines von mehreren Elementen gewesen, die in ihrer Gesamtschau dazu geführt haben, dass wir zu der Bewertung gekommen sind, dass die Spuren in diesem Fall nach Russland führen.
SEIBERT: Wir sehen auch heute keinen Grund, von dieser Bewertung abzuweichen.
ZUSATZFRAGE RT DEUTSCH: Aber der Verweis der Bundesregierung zu der einzigen Plausibilität von Russland basierte immer auf den Angaben der britischen Kollegen, dass Nowitschok nur aus Russland stammen könne. Danach kam die Information auf: Auch Tschechien verfügte über Proben, ebenso die Bundesregierung. Das ganze argumentative Narrativ der sehr hohen Wahrscheinlichkeit, der einzigen Plausibilität bezog sich sehr wohl auf die Verortung von Nowitschok in ausschließlich russischen Händen, zumindest nach meinem Verständnis.
BURGER: Ich glaube, da ist Ihr Verständnis nicht das korrekte, denn das haben wir hier nie so gesagt. Sie werden auch kein Zitat finden, dass die Bundesregierung sich jemals in dieser Form eingelassen hätte, weil das schlicht nicht der Informationsstand und die Erkenntnisgrundlage ist, auf der die Bundesregierung sich damals so positioniert hat, wie sie sich positioniert hat.
ZUSATZFRAGE RT DEUTSCH: Aber ist die Aussage korrekt, dass Sie gesagt haben: „Die einzige Plausibilität ist Russland“? Es gibt laut Ihnen jetzt nicht nur das Nowitschok-Argument. Können Sie denn sagen, welche weiteren Faktoren dafür sprechen, dass der mutmaßliche Angriff auf die Skripals durch Russland erfolgt ist?
SEIBERT: Wir haben damals gesagt: Wir teilen die Einschätzung des Vereinigten Königreichs, dass es keine andere plausible Erklärung gibt. Diese Haltung ist weiterhin die Haltung der Bundesregierung.
ZUSATZFRAGE RT DEUTSCH: Können Sie dies ergänzen um Argumente, die nicht schon durch den Nowitschok-Besitz von über zehn Ländern widerlegt worden sind? Da muss es ja andere Argumente geben. Ich glaube, auch Herr Jung hat es schon angeführt: Die legendäre PowerPoint-Präsentation der Briten ist das, was die Öffentlichkeit weiß. Der Fingerzeig auf Russland wird damit auf jeden Fall nicht faktisch belegt.
SEIBERT: Das ist Ihre Haltung.
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