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"Me Too"-Debatte erreicht deutsche Karnevalkultur: Wie weit darf Fasching gehen?

Der Auftritt einer Kapelle bei der Fernseh-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" hat für eine hitzige Debatte gesorgt: Wie weit dürfen Witze beim Fasching gehen? Im Zuge der #MeToo-Bewegung werden Äußerungen über Frauen nun genauer unter die Lupe genommen - auch beim Karneval.
"Me Too"-Debatte erreicht deutsche Karnevalkultur: Wie weit darf Fasching gehen?Quelle: Reuters

Wie weit darf der Narr auf der Bühne gehen? Sind die Witze über das Alter der Gattin des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, ehrverletzend oder fallen sie unter die Kategorie "künstlerische Freiheit"? Meinungen sind gespalten. Die Debatte löste die singende, lästernde Komödiantentruppe "Altneihauser Feierwehrkapell'n" aus der Oberpfalz. Die Feuerwehrmannschaft mit ihrem Kommandanten Norbert Neugirg ließ sich vergangene Woche während der Fernseh-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" im Bayerischen Rundfunk (BR) unter anderem minutenlang über den Altersunterschied von 24 Jahren der Macron-Eheleute aus.

So wurde die Frau des französischen Staatschefs als "gut eingefahr'ner Schlitten", "verblühte Rose" oder "gut abgehang'ne Dame" bezeichnet. Schließlich sang die Truppe, die in der Regel mit neun Männern auf der Bühne zu sehen ist, zur Melodie des bekannten deutschsprachigen Schlagers "Pigalle" noch ein Liedchen mit "Brigitte, Brigitte, du bist die schärfste alte Hütte mitten in Paris".

Der Auftritt wurde von vereinzelten Buh-Rufen begleitet. Nach der Sitzung entbrannte die Debatte: Im Internet-Gästebuch der Kapelle und in den sozialen Medien schimpften viele Zuschauer über die Macron-Witze und bezeichneten sie unter anderem als "primitiv", "unglaublich beleidigend" oder als "Altherrenwitzjauche". Andere wiederum lobten die Feuerwehrmannschaft mit Verweis darauf, dass man sich durch die #MeToo-Debatte seinen "Humor und Spaß an der Satire gewiss nicht nehmen" lasse. Auch Meinungen waren vertreten, dass der Beitrag über die Macrons grenzwertig sei, aber im Fasching müsse man so was abkönnen. Politische Korrektheit wäre im Fasching völlig unangebracht. 

Der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg sah dies in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur anders. Die "Feierwehrkapell'n" habe eindeutig eine Grenze überschritten. "Der Sinn des Karnevals besteht in seiner politischen Diktion darin, auf politische Missstände hinzuweisen und nicht Menschen in ihrer persönlichen Lebenssituation zu diffamieren." Der Angriff auf Macrons Ehefrau sei eine "Ehrverletzung und kein politischer Diskurs", so der Experte für Karnevalsforschung. 

In Zeiten der #MeToo-Bewegung wird bei Witzen über Frauen jedes Wort inzwischen genauer unter die Lupe genommen. Viele Komiker unterlassen sexuelle Anspielungen vorsichtshalber - oder bringen sie nur gegen Männer. "Die Gesellschaft ist sensibilisierter bei Themen, die geschlechterspezifisch und frauenfeindlich sind. So eine Sache wäre vor zehn Jahren noch als misslich, aber eben leider auch normal eingestuft worden", sagte der Kulturwissenschaftler.

Die Debatte, muss man dazu sagen, war auf die Witze über Frau Macron fokussiert. Die Kapelle nahm auch die Gattin des US-amerikanischen Präsidenten, Melania Trump, ebenfalls aufs Korn. Laut der Kapelle sei ihr Gatte ein "Uralt- Gefährt", der als Schrott längst in die Presse müsste. So warte Melania auf den "Kolbenfresser", der sie vor der "ehelichen Altenpflege" retten sollte.

Der Bayerische Rundfunk bedauere die entstandenen Irritationen, aber verweist auf künstlerische Freiheit  

Der Bayerische Rundfunk, der die Sendung seit mehr als 30 Jahren live überträgt, teilte mit:

Bei "Fastnacht in Franken" handelt es sich um eine kabarettistische Sendung in Zusammenarbeit mit dem Fastnacht-Verband Franken, die grundsätzlich von der Zuspitzung lebt.

"Wenn in diesem Jahr beim Auftritt der "Altneihauser Feierwehrkapell'n" die sogenannte "Narrenfreiheit" in der Wahrnehmung einiger Zuschauer indes zu weit ausgelegt war und durch besonders zugespitzte, satirische Passagen Irritationen entstanden sein sollten, bedauern wir dies ausdrücklich, erklärte der zuständige Redaktionsleiter und stellvertretende Chef des BR-Studios Franken, Norbert Küber.

Aber die künstlerische Freiheit sei ein besonders geschütztes Grundrecht. Größere redaktionelle Eingriffe würden diesem Gedanken widersprechen.

Die "Fastnacht in Franken" gilt als Quotenschlager. Keine andere BR-Sendung wird von so vielen Menschen geschaut. Dieses Jahr hatte die Prunksitzung deutschlandweit 4,21 Millionen Zuschauer, allein 2,48 Millionen davon in Bayern. Zu der Veranstaltung kommen seit Jahren fast das gesamte bayerische Kabinett und wichtige Oppositionspolitiker in oft aufwendiger Verkleidung nach Veitshöchheim. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der künftige Ministerpräsident, erschien als Prinzregent Luitpold. Er hat sich noch nicht über die Witze geäußert.

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