Deutschland

Friedland: Ein vielfaches Versagen

Die Geschichte, die zum Tod der 16-jährigen Liana in Friedland führte, ähnelt vielen anderen. In der Debatte des Niedersächsischen Landtags dazu wurde sichtbar, dass zu dieser Tat vieles beigetragen hat und viele Verantwortung tragen.
Friedland: Ein vielfaches Versagen© Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Am Mittwoch befasste sich der Niedersächsische Landtag in einer aktuellen Stunde mit dem Tod der Auszubildenden Liana in Friedland. Dabei teilte sich der Landtag in zwei Lager: einerseits in CDU und AfD, die die Behörden in der Verantwortung sahen, dass der ausreisepflichtige Asylbewerber Muhammad A. das Mädchen vor einen Zug stoßen konnte, und andererseits die Koalitionspartner der rotgrünen Landesregierung, die die Arbeit der Behörden verteidigten und stattdessen in einem neuen Landespsychiatriegesetz die Lösung sahen.

Carina Hermann, Abgeordnete der CDU, forderte vom Innenministerium die Veröffentlichung des Antrags auf Abschiebehaft, der vom Verwaltungsgericht Hannover abgelehnt worden war. Die Landesaufnahmebehörde hatte für Muhammad A. Abschiebehaft beantragt. Zur Frage, ob die Behörde mit diesem Antrag alle nötigen Informationen lieferte, gibt es widersprüchliche Angaben. Die Innenministerin Niedersachsens, Daniela Behrens, hob hervor, die Behörde habe im Verlauf des vergangenen Jahres in 70 Fällen Haftanträge gestellt und in 64 Fällen damit Erfolg gehabt (die Zahl der unmittelbar Ausreisepflichtigen in Niedersachsen betrug im Mai 2025 3.797).

"Es braucht nicht erst ein mutmaßliches Tötungsdelikt, um als Staat zu sagen, es gibt Regeln, und wer diese nicht befolgt, hat unseren Schutz nicht verdient", erklärte Hermann und forderte in Niedersachsen Dublin-Zentren zur Unterbringung von Asylbewerbern, die nach den Dublin-Regeln in ein anderes EU-Land überstellt werden sollen, und elektronische Fußfesseln für Ausreisepflichtige und Straftäter.

Behrens erklärte später, Niedersachsen habe dem Bund bereits die Einrichtung eines Dublin-Zentrums angeboten.

Der SPD-Abgeordnete Saade warf Hermann Populismus vor, denn nur dann könne man behaupten, "dass eine gescheiterte Abschiebung die Ursache für eine Tötung ist". Der mutmaßliche Täter "war viermal in einer geschlossenen Einrichtung ‒ mindestens ‒, zuletzt einen Tag vor der Tat", so Saade. Es brauche ein neues Landespsychiatriegesetz, da niemand informiert werde, wenn so jemand aus einer Einrichtung entlassen werde, und die Schnittstellen zwischen den Behörden oft nicht vorhanden seien.

Eine Sicht, die Michael Lühmann von den Grünen noch weiter betonte, der das ganze Ereignis auf den Umgang mit psychisch Kranken bezog und ebenfalls im Landespsychiatriegesetz die Lösung sah.

Behrens kritisierte in ihrer Rede zumindest die rechtlichen Verfahrensweisen bei Abschiebungen, nach denen Abschiebehaft nur für einen befristeten Zeitraum beantragt werden könne, und nur, wenn der Aufenthaltsort des Abzuschiebenden bekannt sei. Tatsächlich wäre der Tattag völlig anders verlaufen, hätte es eine Ausschreibung zur Festnahme gegeben: Stephan Bothe (AfD) berichtete, Muhammad A. habe am Tattag bereits vor der Tat dreimal Kontakt mit der Polizei gehabt: "Wie kann es denn sein, dass Muhammad A. am Tattag um 11:30 Uhr in einem Bus, um 12:30 Uhr in einem Zug und um 14:00 Uhr im Rathaus randaliert und aggressiv auftritt und die Polizei ihn nicht mindestens vorübergehend in Gewahrsam nimmt?"

Die Vertreter der Regierungsparteien betonten immer wieder, auf Grundlage der vor der Tat vorliegenden Informationen seien keine anderen Entscheidungen möglich gewesen, die beteiligten Behörden hätten korrekt gehandelt. Bothe wandte ein, die Abteilung Rückführungsvollzug in der Landesaufnahmebehörde habe einen Krankenstand von 40 Prozent und keine Juristen, sodass es "wahrscheinlich dem Wohlwollen der Gerichte zu verdanken" sei, dass überhaupt Anträge auf Abschiebehaft Erfolg gehabt hätten.

Hermann kritisierte, dass nach jedem gescheiterten Abschiebeversuch ein neues Abschiebeersuchen gestellt werden müsse. Auf eine entsprechende Kritik aus einer niedersächsischen Kommune habe die Ministerin geantwortet, das sei "aus Gründen der Datenstatistik erforderlich".

Bothe nannte das Asylsystem ein "dysfunktionales, ein versagendes defizitäres System", während die Regierungsparteien eher das Psychiatriesystem durch diese Brille sahen. Letztlich legt die Geschichte, die zum Tod von Liana führte, jedoch nahe, dass beide Systeme versagten, denn jedes einzelne von ihnen hätte verhindern können und sollen, was in Friedland geschah.

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